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Neustadter geht vom Gerichtssaal in die Psychiatrie


Autor: Gabi Arnold

Neustadt bei Coburg, Donnerstag, 30. Juli 2015

Das Gericht hält den 36-jährigen Neustadter, der ausgerastet ist, einen Lkw angezündet und sich selbst verletzt hat, für gefährlich. Deshalb wurde er nach Verhandlungsende sofort in eine psychiatrische Klinik gebracht.
Der 36-Jährige, der in der Nacht zum 26. Oktober 2014 diesen Lkw angezündet hat, wurde nun für schuldig befunden. Wegen seiner paranoiden Psychose, an der er laut Gutachter leidet, ordnete das Gericht eine sofortige Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. Foto: CT-Archiv


Noch aus dem Gerichtssaal wurde der 36-jährige Neustadter, dem unter anderem Diebstahl und Brandstiftung zur Last gelegt wird, abgeführt und in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Die Kammer geht davon aus, dass der Leiharbeiter eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.

Paranoide Psychose

Vor allem stützte sich das Gericht unter dem Vorsitz von Richter Gerhard Amend auf ein psychiatrisches Gutachten von Dr. Cornelis Stadtland. In drei langen Verhandlungstagen machte sich der Psychiater ein Bild, unter anderen durch ausführliche Befragungen. Es traten die frühere und die aktuelle Freundin, Polizeibeamte und Mitinsassen der Justizvollzugsanstalten Kronach in den Zeugenstand.

Der Psychiater kam zum Schluss, dass bei dem Angeklagten eine "paranoide Psychose" vorliegt.

Der Beschuldigte entwendete im September des vergangenen Jahres ein Auto an einer Tankstelle, das eine Woche nach dem Diebstahl in Tschechien aufgefunden wurde. Sein Fahrrad, das er zurückgelassen hatte, meldete er bei der Polizei als gestohlen.

Gut einen Monat später kam es zur Eskalation: Der Mann drang in eine Firma in der Sonneberger Straße in Neustadt ein, fuhr mit einem Gabelstapler gegen ein Tor, entwendete einige Gegenstände und stach sich vermutlich mit einem Messer tief in den Bauch. Danach zündete er mittels einer Brenngaskartusche einen Lastkraftwagen an, der in den frühen Morgenstunden lichterloh ausbrannte. Es entstand ein Schaden von etwa 70.000 Euro.
Nach der Tat klingelte der Mann etwa 200 Meter entfernt blutüberströmt bei einem Autohaus und bat um Hilfe. Gegenüber dem Autohaus-Inhaber gab er an, er habe sich versehentlich einen Schraubenzieher in den Bauch gestochen.

Richter Gerhard Amend erklärte zum Tathergang: "Das ist nicht nachvollziehbar und nicht plausibel."

In den Verhandlungen gab der Angeklagte an, seine Erinnerung habe erst wieder bei seinem Zusammenbruch vor dem Autohaus eingesetzt.

Dass er bereits in der psychiatrischen Abteilung des Klinikums Kutzenberg sowie in einer psychosomatischen Klinik behandelt worden war, räumte der 36-Jährige ein. Er wollte aber bei den Gerichtsverhandlungen die behandelten Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbinden, sodass sich die Beweisaufnahme schwierig gestaltete. Dennoch kam der Psychiater zu dem Schluss, dass bei dem Angeklagten eine seelische Erkrankung vorliege, zum Zeitpunkt der Brandstiftung sei seine Schuldfähigkeit erheblich vermindert gewesen.

Das Urteil der Kammer lautet: Drei Jahre und die Unterbringung in psychiatrisches Krankenhaus. Das Gericht kam nach intensiver Beratung auch zu dem Schluss, dass ein sofortiger Unterbringungsbefehl notwendig sei, weshalb der Mann noch im Gericht abgeführt wurde. Amend begründete dies recht ausführlich, er stützte sich auch auf die Aussagen von Polizeibeamten und Sachverständigen.

"Wir sind zum Ergebnis gekommen, dass der Angeklagte für die Allgemeinheit gefährlich ist und dass weitere Taten zu erwarten sind."

Es sei nicht auszuschließen, dass bei weiteren Taten auch Menschen zu Schaden kommen könnten. Amend sieht in der psychiatrischen Unterbringung auch eine Chance für den Mann, dessen chronische seelische Krankheit bisher noch nicht behandelt wurde. "Entsprechend eingestellt kann man Ihre Krankheit gut medikamentieren", sagte der Richter zu dem Verurteilten.

Mit der Unterbringung in die Psychiatrie folgte Richter Amend dem Antrag von Staatsanwalt Michael Koch, der in seinem Plädoyer drei Jahre und sechs Monate Haft gefordert hatte. Rechtsanwalt Joachim Voigt hingegen plädierte für zwei Jahre und sechs Monate, von einem Antrag auf Unterbringung sah er ab.

Der 36-Jährige erklärte in seinem Schlusswort: "Ich kann das alles nicht nachvollziehen. Es ist mir alles schleierhaft."