Neustadt zeigt Werke von Hildegard Wegner
Autor: Rainer Lutz
Neustadt bei Coburg, Montag, 11. Mai 2015
In der Halle an der Heubischer Straße ist eine Sonderschau der Künstlerin Hildegard Wegner gewidmet. Ihre Werke sind oft unbequem und erinnern an Not und Elend in unserer eigenen Umgebung.
Das Festival ist eröffnet und fast die ganze Stadt wird zur Puppenstube. Während der ganzen Woche haben die Gäste an vielen Orten Gelegenheit die Arbeiten der Puppenkünstler zu bestaunen. In der Halle an der Heubischer Straße wurde eine Sonderausstellung der 2014 verstorbenen Künstlerin Hildegard Wegner gewidmet. Ihre oft sehr großen Arbeiten haben nicht selten gesellschaftskritische Aussagen.
Wer das Leben von Hildegard Wegner genauer betrachtet, wird verstehen, dass ihre Puppen meist nicht fröhlich und hübsch sind. Jahrgang 1927 erlebte sie als Kind den Bombenkrieg, die Flucht mit den Eltern von Bremen nach Königsberg und zurück. Nach dem Krieg erlernte sie das Fotografenhandwerk, heiratete 1951 Georg Wegner. Ihr Bruder war im Krieg gefallen, die Eltern wurden bei einem Bombentreffer verschüttet. Als nun auch ihr Mann schwer erkrankte, musste sie sich in einer Einrichtung für psychisch Kranke behandeln lassen. Auch die Erlebnisse dieser Zeit hinterließen Spuren. Sie erlebte die Behandlung von isolierten Patienten und wurde selbst zum Opfer von Medikamententests.
In den 50er Jahren war Hildegard Wegner Hausfrau und Mutter. In dieser Zeit fertigte sie ihre ersten Puppen. Geschnitzte Köpfe und Kleider aus festem Stoff waren ihre Kennzeichen - vor allem aber, dass ihre Puppen nie lieblich waren. Später wurden ihre Arbeiten zu immer eigenwilligeren Objekten, die nicht mehr zum Spielen gedacht waren.
Als die Kinder groß waren, besann sich Hildegard Wegner wieder auf ihren Beruf als Fotografin. 1969 legte sie die Meisterprüfung im Fotografenhandwerk ab. Sie eröffnete ein Porträtstudio in Hannover. In Einzelausstellungen kombinierte fortan Hildegard Wegner Fotos mit ihren Puppen. Diese zeigten inzwischen Probleme in ihrer ganzen Trostlosigkeit. Wie ihre Arbeiten den menschlichen Alltag und schonungslos auch charakterliche Unzulänglichkeiten zeigen, das offenbart sich in der Sonderausstellung, die der verstorbenen Künstlerin gewidmet ist. Flucht, Armut, ein Leben im Schatten, Hildegard Wegner verstand es, Puppen als Zeitzeugen zu erschaffen, die uns daran erinnern, dass neben unserer behüteten Welt des Wohlstands und der Sicherheit noch eine ganz andere existiert.