Neue Starkstromtrasse: Bei Frohnlach spannen sie jetzt die Seile
Autor: Rainer Lutz
LKR Coburg, Mittwoch, 01. Juli 2015
Bei Frohnlach werden zurzeit die ersten Leiterseile auf die Masten der neuen Starkstromtrasse aufgezogen.
Es klingt wie der Satz aus einem alten Western, wenn sich die Siedler in ihrer Wagenburg vor den Indianern verschanzt haben. "Im Moment ruhen die Trommeln", sagt Markus Lieberknecht. Er führt keinen Wagentreck nach Westen, sondern begleitet als Pressesprecher eine Stromtrasse nach Süden und die Trommeln haben nichts mit Indianern zu tun, sondern mit Kabeln. Am Mittwoch begann das Unternehmen Tennet damit, die Leiterseile auf die Masten der 380-kV-Leitung zu ziehen, die gerade durch das Coburger Land gebaut wird.
Die Trommeln im Talgrund zwischen Großgarnstadt und Frohnlach ruhen auch nicht lange. Dann beginnt eine Winde wieder zu ziehen, die vier Masten weiter in Richtung Frohnlach steht. Von den Kabeltrommeln spulen sie dabei Meter für Meter der knapp dreieinhalb Zentimeter dicken Seile ab. 2300 Meter sind auf jeder Spule aufgerollt. "Der Meter kostet rund fünf Euro", sagt Eugen Bößendorfer. Er muss es wissen, denn er ist der Service-Gruppenmeister. Als solcher ist er für den Aufbau, die Kontrolle und spätere Wartung der Leitung zuständig, an der zurzeit drei Firmen mit insgesamt rund 100 Beschäftigten arbeiten.
Drei Standorte ohne Baurecht
"Wir kommen sehr gut voran", sagt Bößendorfer. Der größte Teil der Masten ist fertig oder im Bau. Er räumt ein: "Bei drei Masten klemmt es noch." Gemeint ist, dass es da noch kein Baurecht gibt, weil sich der Grundeigentümer gegen den Bau des Stahl-Ungetüms auf seinem Grund und Boden wehrt. Nicht überall ist die Leitung beliebt. Positiv wird sie wohl nur da gesehen, wo Anwohner die 110-kV-Leitung vor der Haustür haben, die auf über 18 Kilometern abgebaut werden kann, weil da die Leitungen mit auf die Träger der 380-kV-Trasse verlegt werden. Dadurch verschwinden 79 Masten.
Bilanz: drei Masten mehr
Allerdings kommen 82 Masten neu mit der 380-kV-Leitung deren Bau auf 30,95 Kilometern Länge von der Landesgrenze bei Weißenbrunn vorm Wald bis Redwitz an der Rodach im Januar begonnen wurde. "Bis Jahresende wollen wir komplett fertig sein", sagt Eugen Bößendorfer. Nach dem bisherigen Verlauf sollte das zu schaffen sein. Dann wird der höchste Mast (auf der Höhe bei Waltersdorf) 82,5 und der niedrigste (bei Oberwohlsbach) 52,5 Meter hoch sein.
Wie weit die Seile durchhängen, deren Stahlkern die eigentliche Tragleistung erbringt, hängt vom Stromdurchgang ab. Bei Volllast kommen die Seile der 380-kV-Leitung dem Boden bis auf fast 15 Meter nahe, die der 100-kV-Leitung bis auf knapp neun Meter.
Die so genannten Abspannmasten, an denen mit dem Einzug der schweren Seile begonnen wird, sind nur während der Bauzeit durch im Boden verankerte Seile zusätzlich gesichert. Später werden sie von den Leiterseilen gehalten. Wenn alle Seile eingezogen sind, inklusive des Blitzschutzes von Mastspitze zu Mastspitze und eines Glasfaserkabels für die Datenübermittlung, dann summiert sich ihre Länge auf dem gut 30 Kilometer langen Streckenabschnitt auf ungefähr 950 Kilometer.
Während das Kabel Meter für Meter von der Trommel hinauf zum Mast wandert, muss es oben von einem Arbeiter überwacht werden. "Da oben hat er wenigstens Ruhe vor den Stechmücken", sagt Eugen Bößendorfer. "Weiter als 30 Meter über Grund gehen die nicht rauf."
Mit den Vorzugseilen, den Leiterseilen, der Abspannung für den Mast und weiteren Seilen für eine Winde, mit der je Mast 24 große Isolatoren hoch gezogen werden, wirkt das Ganze wie die Takelage eines Segelschiffes. Bei der momentanen Hitze, wie bei einem Schiff in der Südsee. Doch die Männer müssen auch bei Regen und Kälte rauf. "Nur bei Eis geht es nicht", sagt Bößendorfer. Aber damit ist derzeit kaum zu rechnen. Eher mit Gewitter. Da geht auch nichts.