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Neue Heimat für fragile Schätze der Coburger Veste


Autor: Jochen Berger

Coburg, Donnerstag, 05. Februar 2015

Auf der Veste Coburg befindet sich eine der bedeutsamsten Kollektionen historischer Gläser in ganz Europa mit insgesamt rund 2400 Objekten. Das bisherige Depot aber genügt modernen Ansprüchen längst nicht mehr. Welche Lösung derzeit verwirklicht wird, verrät Kurator Sven Hauschke.
Diplomrestaurator Heiner Grieb versieht die sorgsam gereinigten Gläser mit neuen Inventarzeichen.Foto: Lutz Naumann, Kunstsammlungen Veste Coburg


Rund 2400 Gläser gründlich reinigen - das klingt nach einer interessanten Herausforderung für eine gut ausgestattete Großgastronomie. Mit dem Zusatz "historische Gläser" freilich wird aus dem Reinigen kein Fall für die Geschirrspülmaschine, sondern eine Mammutaufgabe in Handarbeit.

Die historischen Gläser, von denen hier die Rede ist, finden sich in den Kunstsammlungen der Veste Coburg - die Mehrzahl davon im Glasdepot. Denn nur rund 600 Objekte sind gegenwärtig in der Dauerausstellung zu sehen.

Mit dem Stichwort Depot aber beginnt das Problem. Schließlich ist das Depot für die vielen wertvollen historischen Gläser in den Kunstsammlungen inzwischen selbst schon museal. Es genügt modernen Ansprüchen an eine möglichst sichere Aufbewahrung längst nicht mehr, erläutert Kurator Sven Hauschke. Als Leiter des Museums für Modernes Glas im Park von Schloss Rosenau ist er zugleich für die historischen Bestände zuständig.

Holz dünstet aus

Bislang werden die Gläser dicht gedrängt in verglasten Holzschränken aufbewahrt - aus heutiger konservatorischer Sicht ein keineswegs idealer Rahmen. "Holz dünstet aus und schädigt das Glas auf Dauer", sagt Hauschke und weist zugleich auf ein grundlegendes Problem vieler Museen hin: "Bei Ausstellungen wird ein großer Aufwand betrieben, um den Exponaten möglichst gleichmäßige klimatische Bedingungen zu garantieren. Aber das Depot ist genauso wichtig." Im Grund sogar noch wichtiger, verbringen doch viele Objekte mehr Zeit im Depot als in den Ausstellungen.

Abhilfe tut also Not auf der Veste. Immerhin aber wurde schon 2013 damit begonnen, die vielen historischen Gläser behutsam Stück für Stück zu reinigen, zu fotografieren und digital zu dokumentieren und anschließend in modernen Stahlschränken sicher zu verwahren. Rund 1300 Gläser wurden bereits gereinigt, berichtet Hauschke - Stück für Stück und Hand in Hand durch Diplomrestaurator Heiner Grieb und seine per Werkvertrag beschäftigte Kollegin Kathrin Vogler.

Behutsam müssen die Gläser zum gründlichen Reinigen in ein Wasserbad gelegt werden. Formaldehyd hilft anschließend, auch die letzten Wasserreste zu beseitigen. Dass sich bei diesem Reinigen bisweilen mögliche Klebestellen aus der Vergangenheit buchstäblich auflösen, weil zum Beispiel Knochenleim verwendet wurde, lässt sich nicht vermeiden. Notwendige Restaurierungsarbeiten aber werden vorerst vertagt auf die Zeit im Anschluss an die Reinigung.

Alles wird digitalisiert

Denn hinter der Säuberungsaktion steckt ein ausgeklügelter Plan in Verbindung mit der Neugestaltung der Dauerausstellung historische Gläser im Carl-Eduard-Bau auf der Veste. Voraussichtlich 2017 oder 2018 soll diese grundlegende Umgestaltung fertig sein. Diese Umgestaltung ist aus Hauschkes Sicht längst überfällig: "Die Herzog-Alfred-Sammlung historischer Gläser ist europaweit eine der bedeutsamsten Sammlungen. Das sieht der Besucher heute aber gar nicht sofort." Denn in der derzeitigen Dauerausstellung stehen die wertvollen Objekte in dichter Fülle und gleichförmiger Beleuchtung nebeneinander in Vitrinen.

Das neue Konzept aber sieht unter anderem eine ausgeklügelte Lichtregie vor, die helfen soll, einzelne Exponate besonders in Szene zu setzen. Bis dahin aber ist der Weg noch weit. Noch müssen Gläser aus dem alten Depot gereinigt und wieder mit Inventarnummern versehen werden. Wenn das alte Depot im zweiten Stock des Hohen Hauses komplett leer ist, wird der Raum renoviert, bevor die neuen Vitrinen aufgestellt werden, die derzeit noch im langen Gang vor dem Depot warten.

Erst wenn das künftig auf zwei Räume verteilte neue Depot komplett bezogen ist, werden auch die Objekte der Dauerausstellung gereinigt.

Parallel zur Reinigung werden alle Gläser digital erfasst und dokumentiert. Bislang sind die Gläser im Depot zumeist nur in Schwarzweiß-Aufnahmen oder in später digitalisierten Ektachrome-Aufnahmen dokumentiert.
Ehrgeiziges Ziel ist es, am Ende den kompletten Bestand digital erfasst und damit zugänglich gemacht zu haben - zugänglich für die Arbeit in den Kunstsammlungen, zugänglich aber auch für Forscher weltweit.

Schließlich soll die komplette Datenbank online gestellt werden. Hauschke hat dabei keine Sorge, damit exklusive Informationen der Allgemeinheit zugänglich zu machen: "Wir haben die Verpflichtung, die Objekte für die Zukunft zu sichern." Wenn die historischen Gläser künftig digital in aller Welt betrachtet werden können, wecke das doch Interesse an den Coburger Sammlungen.


Historische Gläser


Glas und Kunsthandwerk In der umfangreichen Sammlung sind Gläser von der italienischen Renaissance bis zum Ende des 20. Jahrhunderts zu sehen. Besonders bedeutend ist der Bestand an venezianischen Gläsern, der vor allem von Herzog Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha (1844 bis 1900) zusammengetragen wurde.