Nachhaltigkeit am Landestheater Coburg: Das zweite Leben eines Bühnenbildes
Autor: Jochen Berger
Coburg, Sonntag, 13. März 2022
Nachhaltigkeit und der schonende Umgang mit Ressourcen wird in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger. Welche Rolle dieses Thema in den Werkstätten des Landestheaters Coburg spielt.
Vergänglichkeit ist das Schicksal von Bühnenbildern. Die Hilfsmittel des schönen Scheins werden schließlich nur benötigt, solange sich der Theatervorhang hebt. Wenn ein Stück aber abgespielt ist, verschwindet auch das Bühnenbild auf Nimmerwiedersehen - zumindest in den meisten Fällen.
Und doch haben erstaunlich viele Teile eines ausrangierten Bühnenbildes ein zweites Leben - sie werden in verwandelter Form wiederverwendet, erzählt Rainer Schirmer, Werkstättenleiter des Landestheaters. Denn bemalte Leinwände zum Beispiel können übermalt werden. Wenn bei einem Prospekt Lasurmalerei verwendet wurde, "kann eine Leinwand drei- bis viermal übermalt werden", sagt Schirmer. Wenn die Farbschicht aber sehr dick ist, dann nur noch ein-, maximal zweimal. Schwierig wird es mit der Wiederverwertung auch, wenn die Farben sehr intensiv sind: "Dunkelrot oder Dunkelblau schlägt oft durch, wenn man mit einer hellen Farben übermalt."
Die Staumöglichkeiten im Werkstättengebäude sind begrenzt. Deshalb werden gebrauchte Leinwände von den Latten gelöst und aufgerollt aufbewahrt. In Regalen warten sie auf ihre nächste Verwendung. Wiederverwendbarkeit ist auch bei den Bodentüchern ein wichtiger Aspekt - sie werden mehrfach genutzt und "bis zum Verschleiß aufgebraucht."
Auch die sogenannten Prospektlatten "werden immer wieder verwendet, oft über Jahre hinweg - bis sie irgendwann mal gebrochen sind". Sie messen im Querschnitt standardmäßig sechs mal drei Zentimeter und werden durch fachgerechtes Verleimen auf die gewünschte Gesamtlänge gebracht. Maximal elf Meter Länge sind das Standardmaß am Landestheater - entsprechend der Breite der Bühne.
Sparsam mit Ressourcen umgehen
Wieviel Quadratmeter Leinwand pro Jahr für die Neuinszenierungen am Landestheater benötigt werden, lässt sich gar nicht genau beziffern. "Das hängt von den Ausstattern ab", sagt Schirmer. 60 Meter Länge und 6,2 Meter Breite passen auf eine Rolle Nessel-Leinwand. "Manchmal brauchen wir zwei Rollen pro Jahr, manchmal reicht eine Rolle auch eineinhalb bis zwei Jahre. Prospektnessel lautet die genaue Bezeichnung. "Das ist keine richtige Leinwand, sondern ein Baumwollstoff mit 200 Gramm Gewicht pro Quadratmeter".
Beim Umgang mit Materialressourcen konkurriert der Wunsch nach Sparsamkeit und Wiederverwendbarkeit mit den ästhetischen Ansprüchen der Regie und der Ausstattung. Der Drang zur Wiederverwendung stößt dann an Grenzen, wenn beispielsweise die bemalte Prospektleinwand aus Gründen von Optik und Statik auf eine Rückwand aus Sperrholz aufgeklebt wird. Denn dann lässt sich die Leinwand zur Wiederverwendung nicht mehr unversehrt ablösen.
Dabei hat die Kombination bemalter Leinwand auf Sperrholz gegenüber der Malerei auf Sperrholz den Vorteil, dass das Holz nicht mit viel Aufwand für das Bemalen vorbereitet werden muss. Zudem kann im Malersaal schon die Arbeit beginnen, während in der Tischlerei noch an der Sperrholzwand gearbeitet wird.