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Muss Coburg noch heuer die Gewerbesteuer erhöhen?


Autor: Simone Bastian

Coburg, Donnerstag, 26. Sept. 2013

Das Defizit dürfte dieses Jahr doppelt so groß werden wie angenommen. OB Norbert Kastner (SPD) bringt deshalb eine vorzeitige Erhöhung der Gewerbesteuer ins Gespräch.
Das Sparschwein könne die Stadt gebrauchen, sagt Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD) - "am besten wohlgefüllt!" Doch Sparanstrengungen allein werden das Defizit der Stadt auf Dauer nicht ausgleichen.  Foto: Simone Bastian


Die gute Konjunktur beschert den Städten und Gemeinden steigende Einnahmen. Allen Städten? Nein, denn ausgerechnet Coburg verliert: Um rund 15 Millionen Euro bleibt das Gewerbesteueraufkommen 2013 hinter den Schätzzahlen vom Jahresbeginn zurück.

"Das kann man nicht tatenlos so geschehen lassen", sagt Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD). Nur: Welche Taten können noch folgen, nachdem die Stadt schon überall gestrichen und gekürzt hat. "Weiter konsolidieren", sagt Kastner trotzdem, auch wenn er weiß, dass bei den laufenden Ausgaben keine 15 Millionen Euro mehr rauszuholen sind. Aber die Finanzplanung umfasst auch die Investitionen - und da wird wohl einiges gestrichen werden bei den anstehenden Haushaltsberatungen.

Denn mit allen Investitionen sowie den laufenden Ausgaben jedes Jahr wäre die Stadt in vier, fünf Jahren mit rund 70 Millionen Euro in der Kreide.

Wobei da, wie Kastner im Gespräch mehrmals betont, eher pessimistische Planzahlen sind. "Das muss nicht so eintreten." Der mittelfristige Investitionsplan enthält zum Beispiel noch die Sanierung der Jugendherberge in Ketschendorf. Doch die ist inzwischen verkauft. Zwar soll es eine neue Jugendherberge geben, aber "ob die dann an einem neuen Standort entstehen kann und ob die Stadt sich beteiligt, darüber denke ich nach, wenn ich die Anforderungen kenne", sagt Kastner.

Wirtschaft im Blick behalten

Laufende Ausgaben reduzieren, Investitionen streichen oder verschieben wird aber nicht genügen. Deshalb sind in der mittelfristigen Finanzplanung derzeit auch Steuererhöhungen vorgesehen. Der Gewerbesteuerhebesatz würde demnach 2015 von 275 auf 320 Prozent steigen. "Eine rechnerische Annahme", betont Kastner - derzeit noch kein Stadtratsbeschluss.

Dieses Szenario hat den Vorteil, dass das Thema Gewerbesteuer aus dem Kommunalwahlkampf 2014 herausgehalten würde. Doch davon will sich der OB in seinen Überlegungen nicht beeinflussen lassen: "Ich halte es für die verantwortungsvollere Variante, den Hebesatz für die Gewerbesteuer schon 2014 auf 300 Prozent zu erhöhen und diesen Satz so lange wie möglich zu halten", sagt er. Diese Diskussion wolle er führen, egal, ob nun die Wahl ansteht. "Die 275 Prozent kosten uns richtig Geld", macht Kastner geltend: Alle Umlagen, die die Stadt zahlen muss, werden so berechnet, als würde die Stadt 300 Prozent verlangen.

"Der entscheidende Gesichtspunkt lautet: Was brauche ich realistischerweise", betont Kastner. Vernünftige städtische Wirtschaftspolitik müsse auch diejenigen im Blick behalten, die die Gewerbesteuer zahlen müssen. "Schaffung und Erhalt von Arbeitsplätzen sind genauso wichtig."

Vor einer Erhöhung der Gewerbesteuern dürften deshalb weitere Sparmaßnahmen stehen, und die dürften dann auch die Bürger treffen. Laut Kastner ist es gelungen, durch Einsparungen beim Personal die Kosten trotz Tariferhöhungen stabil zu halten (rund 35,6 Millionen Euro im Jahr). Wenn da weiter gespart werden soll, dann werde sich das an der Servicequalität bemerkbar machen. "Wir haben die längsten und durchgehende Öffnungszeiten", sagt er. Andere Städte würden da weit weniger bieten - und hätten dadurch auch niedrigere Kosten.

Sondereffekt schlägt zurück

Für den aktuellen Gewerbesteuerrückgang als solchen kann die Stadt nichts. 2012 gab es "Sondereffekte", wie es die Kämmerei bezeichnet, nämlich ungewöhnlich hohe Zahlungen nach einer Neubewertung durchs Finanzamt. So etwas zieht in der Regel einen Widerspruch nach sich. Deshalb muss die Stadt schon in diesem Jahr Steuern zurückzahlen und voraussichtlich auch im nächsten. 32 Millionen Euro hat die Kämmerei dafür reserviert - die Stadt verfügt noch über Rückstellungen in Höhe von 65,3 Millionen Euro.

Die werden in den nächsten Jahren ohnehin abschmelzen, weil die laufenden Einnahmen die Ausgaben nicht mehr decken. 12,6 Millionen Euro sollte das Defizit laut Haushaltsansatz betragen. Nun geht die Kämmerei davon aus, dass sich das Defizit nahezu verdoppeln wird auf 24,7 Millionen Euro.

Der wesentliche Grund dafür sind die fehlenden Gewerbesteuereinnahmen. Alle anderen Steuereinnahmen bleiben der Kämmerei zufolge stabil. Einige Ausgaben steigen, wie zum Beispiel die für den Schlachthof: Weil er geschlossen ist und keine Einnahmen mehr bringt, das Personal und weitere Kosten aber weiterhin gedeckt werden müssen, erhöht sich in diesem Jahr das Defizit von 254300 auf rund 900 000 Euro.
Die Personal- und die Sozialausgaben bewegen sich im vorgesehenen Rahmen; die Ausgaben für Sach- und Dienstleistungen bleiben voraussichtlich unterm Haushaltsansatz. Wegen der niedrigeren Einnahmen muss die Stadt auch weniger Gewerbesteuerumlage zahlen. Auch wird sie voraussichtlich nicht alles Geld verbrauchen, das für Investitionsmaßnahmen vorgesehen ist. Doch soweit es sich um laufende Projekte handelt, müssen die irgendwann bezahlt werden - wenn nicht in diesem Jahr, dann im nächsten.