"Musikfreunde Neustadt" entdecken vergessenen Romantiker
Autor: Jochen Berger
Neustadt bei Coburg, Freitag, 20. Februar 2015
So bereitet Hans Stähli das Orchester der "Musikfreunde Neustadt" auf das Sinfoniekonzert am 7. März vor. Das Programm verspricht einen rein romantischen Abend mit einer sehr reizvollen Wiederentdeckung.
Am Feierabend ist höchste Konzentration gefordert. 20 Uhr im Kulturzentrum am Schützenplatz in Neustadt, der ehemaligen Thüringisch-fränkischen Begegnungsstätte: Probenzeit für das Orchester der "Gesellschaft der Musikfreunde Neustadt".
Unter Leitung von Hans Stähli bereitet sich der Klangkörper auf sein großes Sinfoniekonzert am 7. März in der Mehrzweckhalle Heubischer Straße vor, das einen romantischen Dreiklang verspricht: Franz Schubert, Johann Wenzel Kalliwoda und Felix Mendelssohn. Der große Saal des Kulturzentrums wird bei dieser Probe für zwei Stunden wieder zur thüringisch-fränkischen Begegnungsstätte. Schließlich spielen im "Musikfreunde"-Orchester Instrumentalisten aus vier Landkreisen gemeinsam: Sonneberg, Coburg, Lichtenfels und Kronach.
Die musikalische Reise dieses Probenabends führt von D-Dur nach h-Moll - von Franz Schuberts Ouvertüre D 556 aus dem Jahr 1817 zur 1840 vollendeten 5. Sinfonie von Kalliwoda. Die Ouvertüre Schuberts ist das Werk eines Zwanzigjährigen - und lässt doch schon den melodisch reichen Personalstil dieses Komponisten unverkennbar hervortreten.
Mit knappen, präzisen Anweisungen und Tipps lotst Stähli sein aus Laienmusikern bestehendes Orchester durch die Partitur. "In Triolen denken", rät er und achtet immer wieder ganz genau auf präzises Zusammenspiel: "Zwei Takte nach Emil bitte aufpassen: Das sind Sie noch zu früh." Stählis Korrekturen zeigen Wirkung, Schuberts Ouvertüre gewinnt immer deutlicher an Konturen, an gestalterischer Prägnanz. Zum Lohn gibt es ein Lob des Dirigenten: "Sie haben reichlich zugelegt in einer Viertelstunde."
Schon lange auf der Wunschliste
Der Rest des zweistündigen, nur von einer kurzen Pause unterbrochenen Probenabends gehört dann einem Komponisten der Romantik, dessen Lebenslauf zwischen 1801 und 1866 von Prag nach Karlsruhe führte: Johann Wenzel Kalliwoda.
Sein umfangreiches Schaffen ist längst weitgehend in Vergessenheit geraten, nur seine (insgesamt sieben) Sinfonien finden seit einigen Jahren wieder wachsende Aufmerksamkeit. Für die Neustadter Erstaufführung seiner 5. Sinfonie musste eigens das Orchestermaterial erstellt werden.
Unter Leitung von Hans Stähli hat sich das Orchester der "Musikfreunde Neustadt" schon gut eingefühlt in Kalliwodas Tonsprache, die Einflüsse von Mendelssohn und Weber, da und dort auch Nachklänge von Beethoven hören lässt und dabei doch zu einem ganz eigenen Tonfall findet.
Das wird schon bei dieser Probe hörbar, obwohl krankheitsbedingt einige solistische Bläserstimmen fehlen. "Wenn beim nächsten Mal die ersten Bläserstimmen dabei sind, wird es viel leichter", verspricht Stähli und feilt akribisch an der fein abgestuften Dynamik wie an der Artikulation und am Ausdruck. "Dieses Werk steht schon lange auf meiner Wunschliste", sagt Stähli über Kalliwodas 5. Sinfonie, die er vor rund drei Jahrzehnten für sich entdeckt hat.
Dabei ist Kalliwoda ein Komponist, in dessen umfangreichem Schaffen sich viel durchschnittliche Musik findet: "Seine sieben Sinfonien aber sind überdurchschnittlich gut, besonders seine Fünfte." Das Publikum kann sich davon am 7. März in Neustadt überzeugen.
Kultur-Tipp in Neustadt
Sinfoniekonzert Samstag, 7. März, 20 Uhr, Mehrzweckhalle Heubischer Straße in Neustadt
Programm
Franz Schubert: Ouvertüre D-Dur D 556
Johann Wenzel Kalliwoda: Sinfonie Nr. 5 h-Moll op.106
Felix Mendelssohn-Bartholdy: Konzert für Violine und Orchester e-moll op.64
Interpreten
Gertrud Schilde (Violine)
Orchester der Gesellschaft der Musikfreunde Neustadt
Leitung: Hans Stähli
Kartenvorverkauf Zinngießerei Witter Neustadt, Tourist-Information Sonneberg, Buchhandlung Riemann Coburg, Abendkasse
Johann Wenzel Kalliwoda (geboren am 21. Februar 1801 in Prag; gestorben 3. Dezember 1866 in Karlsruhe) war Komponist, Kapellmeister und Geiger. Er studierte von 1811 bis 1816 am Prager Konservatorium, wurde Geiger im Prager Theaterorchester und übernahm 1822 das Amt als Hofkapellmeister in Donaueschingen (bis 1866).