Musik besiegt den Coburger Regen
Autor: Jochen Berger
Coburg, Sonntag, 02. Juli 2017
Wie beim Klassik-Open-Air im Rosengarten Musiker und Zuhörer den widrigen Witterungsbedingungen trotzen.
Flehende Blicke zum Himmel helfen einfach nicht. Es regnet und regnet. Und je näher der offizielle Beginn des Klassik-Open-Air-Konzerts im Coburger Rosengarten rückt, umso dichter wird der Regen. Wird das 11. Konzert das erste sein, das ausfallen muss?
"Perfektes Wetter"
Coburgs scheidender Intendant Bodo Busse flüchtet sich denn auch in Galgenhumor bei seiner letzten offiziellen Begrüßung auf der Bühne im Rosengarten: "Wir haben in den sieben Jahren meiner Amtszeit immer Wert gelegt auf stimmige Inszenierungen. Das ist jetzt wie geplant das perfekte Wetter für unser Programm ,Mittsommernacht'". Und Generalmusikdirektor Roland Kluttig pflichtet bei: "Ich habe selbst schon Mittsommernächte erlebt. In 80 Prozent der Fälle ist das Wetter tatsächlich so wie heute hier in Coburg." Kluttig hat sich freilich flugs eine ganz eigene Strategie zurecht gelegt: "Ich rede jetzt so lange über das Programm, bis der Regen aufhört und ich das Orchester auf die Bühne schicken kann." Denn die Musiker und ihre Instrumente sollen natürlich nicht im Regen sitzen - vor allem nicht die Geigerinnen und Geiger, die in den ersten Reihen Platz nehmen müssen.
Lob an das Publikum
Coburgs Oberbürgermeister Norbert Tessmer verteilt dazwischen in seiner Begrüßung ein dickes Lob an das Publikum, dass sich - trotz des Regens - zu Hunderten aufgemacht hat in den Rosengarten, bestens ausgerüstet mit Schirmen, Regenjacken und wasserdichten Planen und Decken: "Ich bin begeistert - natürlich nicht über das Wetter, sondern darüber, dass so viele von Ihnen gekommen sind trotz des Regens."Schließlich scheint dann die Strategie des Generalmusikdirektors aufzugehen - der Regen lässt nach. Kluttigs schlagfertiger Kommentar: "Der Himmel hält mein Gequatsche offenbar nicht mehr aus."
Schließlich beginnt das Konzert dann tatsächlich - und das Orchester spielt so, als wäre das Wetter nie ein Thema gewesen. Oder vielleicht wegen des Wetters? Carl Nielsens Ouvertüre "Maskerade" jedenfalls gerät sehr spielfreudig und klangvoll. Und bei Jean Sibelius' ungeniert patriotisch gefärbter Tondichtung "Finlandia" lässt Kluttig dann das Pathos mit Wucht und Blechbläserglanz gebührend zur Geltung kommen.
Reichlich Applaus
Farbenreich und mit vielen schönen melodischen Details folgt dann die 3. Schwedische Rhapsodie "Dalarapsodi" von Hugo Alvén. Weil der Regen dann tatsächlich noch etwas nachgelassen hat, kommt das ursprünglich eher im Programm geplante Klavierkonzert a-Moll von Edvard Grieg doch noch zu Gehör. Das Klavier wird - anders als im Konzertsaal üblich - einfach ein Stück weiter in Richtung Orchester geschoben. Dafür rückt das Podium für den Dirigenten etwas näher zum Bühnenrand hin. Trotz der ungewohnten Aufstellung gelingt dann eine packende, eindringliche Aufführung, bei der die in Coburg wohnende Pianistin Kyoko Frank mit treffsicherer Virtuosität, zupackendem Anschlag und feinem lyrischen Gespür beeindruckt.
Für den begeisterten Applaus bedankt sich die Solistin dann noch mit einer Zugabe: "Sommerabend". Der verkürzte zweite Teil bietet dann noch eine Auswahl aus den beiden Peer-Gynt-Suiten von Edvard Grieg. Unter Kluttigs sorgsam gestaltender Leitung entfaltet das Philharmonische Orchester im Coburger Regen den klangmalerischen Zauber von Griegs Musik stilsicher und farbenreich.
Am Ende hat das Publikum Verständnis, dass das Orchester trotz reichlich Applaus an diesem Abend ohne Zugabe die feuchte Bühne verlässt.