Druckartikel: Mit Beethoven pur fasziniert Michael Leslie das Coburger Publikum

Mit Beethoven pur fasziniert Michael Leslie das Coburger Publikum


Autor: Gerhard Deutschmann

Coburg, Dienstag, 29. Sept. 2015

Wenn ein Künstler am Ende eines Konzertes stehende Ovationen erhält, ist Außergewöhnliches passiert. Mit seinem Soloabend beschert der Pianist Michael Leslie den Coburger "Musikfreunden" einen faszinierenden Saison-Auftakt.
Michael Leslie faszinierte das Coburger Publikum mit seinem Beethoven-Abend zum Saison-Auftakt bei der "Gesellschaft der Musikfreunde". Foto: Jochen Berger


Michael Leslie ist bei den Coburger "Musikfreunden" ein gern gesehener Gast, seit er im Oktober vor zwei Jahren sein gefeiertes Debut in der Vestestadt gab - ebenfalls mit einem anspruchsvollen Beethoven-Abend, der unter anderem die bei Pianisten gefürchtete "Hammerklavier-Sonate" enthielt.

Höchst anspruchsvoll auch diesmal das Programm mit zwei Sonaten und der Fantasie g-Moll im ersten, sowie den Diabelli-Variationen im zweiten Teil, was insgesamt gute zweieinhalb Stunden benötigte.


Das Klavier zum Singen bringen

Michael Leslie lässt das Klavier "singen", geht mit differenziertem Anschlag auf jedes Detail ein, verfügt über eine geschmeidige, perlende Geläufigkeit und versteht es, den Charakter der jeweiligen Stücke mit ausgewogener Dynamik und Agogik hervorzukehren. Darüber stimmt er das Publikum mit gescheiten Analysen und humorvollen Bemerkungen auf die Werke ein. Spielerische Leichtigkeit verlangt die frühe Sonate Nr.10 G-Dur op. 14,2, mit der Michael Leslie seine eben geschilderten Vorzüge Klang werden ließ. Dass Beethoven ein genialer Improvisator war, verrät die Fantasie g-Moll op.77, ein etwas widerborstiges Stück mit schroffen Gegensätzen und jähen Stimmungswechseln zwischen dramatischen und lyrischen Episoden. Michael Leslie wurde dem manchmal als "verrückt" bezeichneten Stück in eindrucksvoller Weise gerecht.


Huldigung an Bach

Intensiven Ausdruck und technisches Können verlangt die erste der späten Klaviersonaten Beethovens 28 A-Dur op.101. Geistvolle motivische Arbeit und die Auseinandersetzung mit Bach prägen das viersätzige Werk, welches in einer komplizierten und schwierig zu spielenden Fuge endet, die Michael Leslie mit Bravour bewältigte und stets die Themeneinsätze plastisch hervor hob. Die langsamen Sätze (1 und 3) gestaltete er höchst expressiv mit nuanciertem Anschlag.


Fesselnde Interpretation

Nach der Pause dann der "Paukenschlag" der 33 Veränderungen C-Dur über einen Walzer von Anton Diabelli op.120, das letzte und umfangreichste Klavierwerk Beethovens, welches wegen seiner immensen Anforderungen und Länge von knapp einer Stunde Spieldauer selbst von großen Pianisten gemieden wird und daher selten im Konzertsaal zu hören ist. Michael Leslie zeigte eine unbegreifliche Leistung, als er dieses Riesenwerk wie alles an diesem Abend auswendig und fesselnd gestaltete, wofür er mit anhaltendem Beifall und stehenden Ovationen bedacht wurde. Eine Zugabe verbot sich von selbst nach solch einem Werk, obwohl der standfeste Pianist äußerlich noch keine Ermüdungserscheinungen zeigte.