Druckartikel: Mit Axel Hacke durch den Irrgarten der Sprache

Mit Axel Hacke durch den Irrgarten der Sprache


Autor: Jochen Berger

Coburg, Mittwoch, 12. Februar 2014

So verwandelt Der Bestseller-Autor und Kolumnist bei seinem Coburg-Gastspiel im Kongresshaus Zuhörer in Genießer.
Axel Hacke bei seinem Auftritt im Coburger Kongresshaus. Foto: Jochen Berger


Axel Hacke ist ein freigiebiger Genießer, ein Sprach-Gourmet, der sein Vergnügen am liebsten mit vielen zuhörenden Lesern in aller Öffentlichkeit teilt. Mit einem dicken Bündel an Büchern und Stapeln von losen Blättern unter dem Arm betritt er die Bühne im Coburger Kongresshaus. Ein einsamer Stuhl und ein Glas Wasser warten dort in der Reihe "Lesegarten" auf ihn - und im Saal Hunderte von Zuhörern.

Fußballgefühle

Mit den Büchern und den losen Blättern aber trägt Hacke auch ein leises Lächeln auf die Bühne. Oder ist das vielleicht nur Einbildung? Fast will es scheinen, als freue sich Hacke selbst mindestens genauso wie sein Publikum auf die Pointen, die er dann zwei Stunden lange ermüdungsfrei servieren wird.



Verbaler Meisterkoch

Denn Hacke, der längst zum Bestseller-Autor avancierte Kolumnist, ist ein verbaler Meisterkoch - ein Könner in der Kunst, sprachliche Zutaten mit leichter Hand so zu verrühren und zuzubereiten, dass immer wieder verblüffend neue Gerichte entstehen. Sein Rezept ist verführerisch einfach. Er wartet nur darauf, dass sich die Sprache verirrt, sich im Garten ihrer Möglichkeiten verläuft und plötzlich und aus Versehen auf Wege gerät, die sie mit verbissenem Vorsatz vielleicht nie finden würde. Ein verwechselter Buchstabe nur, ein kleiner Irrtum in der Satzstellung - schon wird aus banaler Information eine poetische Fundsache, die sich endgültig vom Ballast befreit hat, irgendeine konkrete Information transportieren zu müssen.

Pointen-Destillat

Hackes Bücher handeln immer wieder von den Abwegen, auf die die Sprache ihre manchmal wunderbar ahnungslosen Benutzer lockt. Längst hat Hacke seine Kunst perfektioniert, diese Verirrungen der Sprache in ein Pointen-Destillat zu verwandeln. Kolumnen säumen Hackes literarischen Weg. Seit Jahrzehnten schreibt er sie für das Magazin der "Süddeutschen Zeitung", bündelt sie dann zu Büchern und liest sie seinen Fans vor, die viele dieser Bücher längst zuhause im Regal stehen haben, aber trotzdem sich kaum satt hören können. Aus gutem Grund, übrigens.

Kunstvoller Vortrag

Denn Hackes Texte sind tatsächlich Texte, die nicht still gelesen, sondern kunstvoll vorgetragen werden wollen. Hacke kann das - Texte kunstvoll vortragen, mit einer Präzision, die beiläufig daher kommt, aber ganz gewiss kein Zufall ist. Denn Hackes Texte sind im Grunde phonetische Partituren - Texte, die perfekt akzentuiert sein wollen, damit sie ihre volle Wirkung entfalten können.

Alptraum-Elf für Radioreporter

Nur wenn Hacke sie liest, nein: lebt, zeigen diese Texte, was wirklich in ihnen steckt. Hackes Alptraum-Elf für alle Radi oreporter aus seinem im März erscheinenden Band "Fußballgefühle". In ihr vereint er quer durch die Nationen kickendes Personal mit fast unaussprechlichen Namen. Wunderbar auch seine Elf der kuriosen Kicker-Namen: "Mäkelmann - schon der Name ist eine Gelbe Karte wert", sagt Hacke und verrät, was der wahre Zweck dieses neuen Buches sein soll. Es soll die Fußball-Nationalmannschaft auf dem weiten Weg zu ihrem nächsten Weltmeistertitel in Brasilien begleiten.

Da spricht der Gourmet

Dort, wo sie nichts mehr bedeutet, findet die Sprache zu sich selbst, dort, wo sie reiner Klang, Poesie ist. Wie das geht, zeigt Hacke besonders virtuos in seinem Band "Oberst Huhn bittet zu Tisch".

Versammelt sind darin herrliche missratene Übersetzungen von Speisen in die deutsche Sprache- von "gefühlten Paprikaschotten" bis hin zum "zerknitterten Papst", der sich auf einer Speisekarte in Barcelona fand. "Da möchte man gar nicht wissen, was das ist", sagt Hacke: "Das genießt man einfach so." Da spricht der Gourmet Hacke, der sich die Pointen selbst auf der Zunge zergehen lässt.

Axel Hacke ist kein Comedian, kein Kabarettist, kein Witze reißender Entertainer - doch das Publikum feiert ihn fast so enthusiastisch wie die Priols und Barwassers dieser Welt. Dabei ist Hacke doch vielleicht einfach nur ein ganz besonders raffinierter Deutsch-Lehrer - einer, der mit seinen Texten die Sinne schärft für die Feinheiten der Sprache, für die Fehler, zu den sie verleitet, für die Missverständnisse, die sie ermöglicht.

Wer bei Hacke lacht, darf mit dem guten Gefühl lachen, einer aus der Gemeinschaft der Sprach-Versteher zu sein. Das Publikum im Coburger Kongresshaus, wo Hacke seit Jahren ein immer wieder gern gesehener Gast ist, lacht jedenfalls ausdauernd und klatscht noch ausdauernder.