Druckartikel: Menschen in Momenten des Verfließens

Menschen in Momenten des Verfließens


Autor: Dr. Carolin Herrmann

Coburg, Freitag, 16. Januar 2015

Bernd Kirschners schemenhafte und trotzdem bedrängend präsente Gestalten kommen aus einer verschwimmenden Welt, aus einem Nirgendwo. Der junge hoffnungsvolle Künstler aus Berlin ist jetzt zu Gast im Coburger Kunstverein.
Bernd Kirschner vor seinem Ölb ild "Vertraute Fremde".  Fotos: Carolin Herrmann


BSie sind auf der Suche nach der verlorenen Zeit und werden wieder entschwinden. Wir spüren es sofort, mit Schrecken. Wir blicken ihnen nach und fühlen Beunruhigung, Verlust, Sehnsucht, keine hoffnungsvolle.

"Erinnerung an Nirgendwo" ist die zweite Ausstellung überschrieben, die der Kunstverein Coburg heute eröffnet. Im starken Kontrast zur farbensprü henden Intensität in den oberen Räumen des Pavillons im Hofgarten beschwört dieser hoffnungsvolle junge Künstler im Parterre farblich zurückhaltend geheimnisvollen Nebel um uns, der aus einer Traumwelt zu stammen scheint, der in eine Traumwelt versetzt, uns an die mythischen, nicht fassbaren Gründe erinnernd, aus denen wir kommen und in die wir unweigerlich wieder ziehen.



Bernd Kirschner, aus Memmingen stammend und heute in Berlin lebend, irritiert in unserer technokratisch-versessenen Macherzeit mit seinem eigen-willigen Ausdruck, der das menschliche Dasein als einen nur kurz und unfasslich bestehenden, vergehenden Moment beschreibt.

Aus dem Element Wasser, aus dem Nebelhaften erscheinen Gesichter, fragend, suchend. Menschen stehen und sitzen traumverloren in Gewässern, greifen nach irgendetwas. Aus anderen Bildern in hintergründigen Farbverläufen sind sie längst gänzlich verschwunden.

Das Merkwürdige an diesen zum Teil sehr großformatigen Bildern: Nicht mit Aquarell, pastosen Farbmittel dringt Bernd Kirschner in diese Imaginationen. Es ist Ölfarbe, die er in vielen Schichten und Lasuren verdichtet und gleichzeitig eine ungewöhnliche Durchsichtigkeit erreichen lässt. Eine lichte, aber gleichzeitig unheimliche Stimmung packt uns, erinnert an die Vergänglichkeit, an das unausweichliche Nirgendwo des Ichs.

Bernd Kirschner, 1980 in Memmingen geboren, studierte Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Er lebt in Berlin. Zahlreiche Auszeichnungen.

Kunstverein Coburg Bernd Kirschner - Erinnerung an Nirgendwo. Ölmalerei. Eröffnung heute um 16 Uhr. Einführung Michael Schulz, Berlin. Bis 22. Februar.