Mein Held, mein Ritter, mein Heldritter
Autor: Dr. Carolin Herrmann
Coburg, Samstag, 10. August 2019
Sprachwitzig, schauspielerisch mitreißend und musikalisch zum Dahinschmelzen: So startete die neue Sommeroperette auf der Waldbühne.
           
Sei gepriesen, du lauschige Nacht, hast viele Herzen so glücklich gemacht - auf der Waldbühne Heldritt, die erste Nacht der neuen Sommeroperette. Wenn die ganze Bagage in Carl Michael Ziehrers musikalischer Komödie "Die Landstreicher" endlich beim Wirt Gratwohl sitzt und erleichtert ins Finale fällt, da weiß man, es ist geglückt. Begeisterter Beifall der zum Auftakt schon recht zahlreichen Besucher.
Aber schließlich fasst die überdachte Tribüne der Waldbühne 800 Leute. Nach der Premiere dieser entzückenden, in Kooperation mit der Pramtaler Sommeroperette entstandenen Produktion (einfallsreiche Regie Manuela Kloibmüller) darf man zuversichtlich sein, dass die Ränge bald wieder gänzlich gefüllt sein werden. So viel Spaß spricht sich doch herum.
Nach Wegzug und Zusammenbruch der früheren Coburger Sommeroperette herrscht wieder Operettenseligkeit auf dieser wunderbaren kleinen Naturbühne, beschert von einem neuen Verein, der gestützt wird vom Heimatverein Heldritt und der Stadt Bad Rodach. Plus einer Reihe engagierter Sponsoren.
Was sonst pures Ritual ist, die Begrüßung namhafter Vertreter aus Politik und Gesellschaft, war zur Premiere am Freitag ein wichtiges Signal: Bürgermeister, Landrat, Bundestags- und Landtagsabgeordnete vor Ort, das steht für den - hoffentlich dann auch praktizierenden - Willen, die fast 25 Jahre lang gepflegte Sommeroperette im Bad Rodacher Stadtteil weiter leben zu lassen. Und außerdem hats der Rodacher Nachtwächter gleich treffend bereimt und betutet. So etwas wirkt bestimmt.
Nostalgisch und heutig zugleich
Die Landstreicher sind ein herziges Paar, Berta und August Fliederbusch, das aus den Büschen purzelt und, obwohl dieses eigentlich wüste Nummernding von Ziehrer ziemlich alt ist, von 1899, sehr heutig menschlich uns sofort zu Herzen geht, zwischen Freiheitswillen und Bequemlichkeitsbedürfnis, zwischen großmäuliger Geste und zerlöcherten Socken.
So munter wirbeln Agnes Palmisano und Harald Wurmsdobler auf die Bühne und in deren Gesellschaft. Die ist, wie sie ist, voller egoistischer, mehr oder weniger gut meinender Leute, so lange alles in den gewohnten Bahnen verläuft. Dahergelaufene allerdings, Landstreicher, Flüchtlinge, Asylanten gar, die brauch mer net. Doch Berta und August wissen sich den "Zauber der Montur", so der berühmteste Song aus dieser kaum mehr bekannten, aber in der neu strukturierten Fassung von Bernhard Maxara witzigen Operette, zunutze zu machen.
Es kommt zu Verwicklungen; kleine Szenen und Kabinettsstückchen werden genüsslich gepflegt, selbst wenn sie gar nicht sein müssten. Ha, mensch Leute, das ist ein Spaß, manchmal klamaukig, allerdings auch intelligent angereichert mit vielerlei Seitenhieben aufs Heutige.