Mehr Radwege, aber keine Unterstützung für generelles Tempo 30 im Landkreis Coburg
Autor: Thomas Heuchling
Coburg, Freitag, 21. Juni 2013
Im ÖPNV-Ausschuss wurde eine erste Stufe eines Radverkehrskonzept vorgestellt. Beim generellen Tempo- 30-Limit signalisierte das Gremium deutliche Ablehnung. Für den Bedarfsverkehr gibt es hingegen noch eine letzte Chance.
Coburg — Die Grundlage für die Erarbeitung eines Radverkehrskonzeptes liegt vor. Dieses stellte ÖPNV-Beauftrage Marita Nehring in der gestrigen Ausschusssitzung vor. Die Erreichbarkeitsanalyse stellte fest, dass es in allen Gemeinden des Landkreises möglich sei, den nächsten Lebensmittelladen unter 15 Minuten Fahrzeit mit dem Rad zu erreichen. "Das Konzept ist noch nicht fertig, aber wir arbeiten mit daran", sagt Nehring.
Wichtig sei die Ausrichtung des Radverkehrs an der Orientierung von Quelle zu Zielort. Heißt: Radfahrer sollen von ihrem Wohnort aus wichtige Alltags-Ziele, wie Schulen, Ärzte oder Geschäfte gut erreichen können. Eine klare Bitte hatte Nehring an die Damen und Herren des Ausschusses: "Fahrt mehr Rad, damit ihr dem Bürger ein Vorbild seid." Landrat Michael Busch (SPD) antwortete prompt: "Ich plane heuer mein Auto vier Wochen stehenzulassen."
Kein generelles Tempo
Schwerpunkt der Diskussion waren Konflikte zwischen Radlern und Autofahrern, wie das Fahren von Rennradlern auf Straßen, trotz vorhandener Radweg oder die irritierende Ausschilderung von landwirtschaftlichen Wegen als Radweg, "Das Miteinander aller Verkehrsteilnehmer muss beim Konzept eine maßgebliche Rolle spielen", so Busch.
Eine Forderung der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern (AGFK), in welchem der Coburger Landkreis Mitglied ist, sorgte für Diskussionen. Der AGFK wollte in seinem Forderungen-Katalog zur Bundestagswahl an die Politik eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 in geschlossenen Ortschaften mit aufnehmen.
Busch hatte die Beschlussfassung zuvor von der Tagesordnung genommen und begründete dies so: "Ich wollte dort meine Unterschrift nicht drunter setzen, bevor keine Rückmeldung aus dem Ausschuss habe." Der Meinung des Landrats, dass ein generelles Tempolimit von 30 Kilometern in Ortschaften nicht sinnvoll und politisch auch nicht durchsetzbar sei, schloss sich die Mehrheit der Gremiumsmitglieder an. "Ich bin für eine generelle Begrenzung von Tempo 30 in Ortschaften nicht zu gewinnen", betonte Busch.
Die Äußerung vom Bad Rodacher Stadtrat Heinrich-Adam Püls (CSU), dass die Gemeinden eigene Schwerpunkte in ihren Ortschaften erkennen müssen und auch können, und dort 30- Zonen einrichten sollten, fand breite Zustimmung.
Somit wird der ÖPNV-Ausschuss die Forderung des AGFK nicht unterstützen.
Letzte Chance für Bedarfsverkehr
Der Bericht von ÖPNV-Ausschuss-Mitglied Frank Schäfer über den Bedarfsverkehr im Landkreis fiel nach der halbjährigen Testphase ernüchternd aus. Das Pilotprojekt startete im Zusammenhang mit einer 70-prozentigen Förderung des Freistaates, um die Versorgung ländlicher Regionen mit öffentlichem Nachverkehr auch Zukunft zu gewährleisten. Mehrere Strecken mit unterschiedlichen Konzepten wurden im Landkreis eingeführt. Am besten angenommen wurde der "Party-Express" von Neustadt nach Coburg.
Die Strecke Bad Rodach- Meeder, durch die Ortschaften in den Langen Bergen, wurde hingegen von zu wenigen Menschen genutzt. So entstanden rund 2600 Euro Kosten, ohne das überhaupt ein einziger Fahrgast einen Bus anforderte.
"Der Unternehmer muss das Fahrzeug bereitstellen, unabhängig von der Anforderung", erklärte Schäfer. Busch steht dem Projekt zwar weiterhin offen gegenüber, aber sieht ein Kommunikationsproblem: "Die Leute fordern öffentlichen Nahverkehr nach Bedarf, aber wenn man es anbietet, dann nutzen sie es nicht." Er möchte die schlechten Zahlen den Menschen mitteilen.
Mit einem veränderten Konzept will der Ausschuss der Strecke Bad Rodach-Meeder noch ein halbes Jahr eine Chance geben. "Wir werden jetzt massiv in die Werbung gehen", sagte Schäfer. Busch erwiderte: "Teilen sie den Leuten auch mit, dass es der letzte Versuch ist, sonst fährt da nix mehr."