Massenhaft Müll aus der Itz gefischt
Autor: Daniela Pondelicek
Coburg, Sonntag, 10. Sept. 2017
Wie zahlreiche Freiwillige massenhaft Müll aus dem Fluss in Coburg holen und dabei auch das Ufer von Dingen säubern, die ganz und gar nicht dorthin gehören.
Wie lange der Papierstapel wohl schon im Dickicht an der Itz liegt, kann man nicht mehr genauestens bestimmen. Nasse Erde klebt an den Seiten der Zeitungen, so dass kein Datum mehr zu erkennen ist.
Aber auch, wenn man nur wenige Textbausteine entziffern kann, lässt sich eines trotzdem erahnen: Es sind Werbeprospekte gewesen, die schon vor einiger Zeit ihren Weg in Coburger Briefkästen hätten finden müssen. "So etwas habe ich bei der Itzreinigung noch nicht gesehen", sagt Jacqueline Meier, als sie die durchnässten Papiere auf ihren angespitzten Metallstab spießt.
Zusammen mit 85 anderen Freiwilligen hat sie sich am Samstag einem ganz besonderen Projekt verschrieben: Gemeinsam holen sie Müll aus der Itz und säubern das Flussufer, als der Coburger Entsorgungs- und Baubetrieb zum 27. Mal zur Reinigungsaktion "Itz clean, it's cool" aufruft. Um etwa vier Kubikmeter Abfall werden sie die Itz im Laufe des Vormittags erleichtern - das ist in etwa die Ladung von zwei mittelgroßen Pkw-Anhängern. Und am Ende profitiert nicht nur die Natur davon, denn jeder Helfer nimmt automatisch an einer Verlosung teil und hat somit die Chance auf einen von 27 attraktiven Preisen.
Tankgutschein gewonnen
Katrin Engelhardt darf sich dabei über einen Tankgutschein im Wert von 50 Euro freuen. Doch davon ahnt sie noch nichts, als sie sich ihren Weg bis ins tiefe Dickicht am Itzufer bahnt, um jedes noch so verborgene Abfallteilchen aufzusammeln. "Mir liegt die Natur einfach am Herzen, deswegen mache ich jedes Jahr wieder mit", erzählt sie. Im Laufe der Jahre haben sie und ihre Geschwister dabei so einiges aus dem Fluss gefischt. "Meine Schwester hat einmal einen gestohlenen Geldbeutel gefunden, der im Fluss entsorgt wurde", erzählt sie. Sie selbst sei letztes Jahr auf ein Sandförmchen gestoßen. "Es war blau und hatte die Form einer Erdbeere", erinnert sie sich.Dass sie und ihre zwei Geschwister in den letzten Jahren immer fleißig mit angepackt haben, haben sie auch ihrem Vater Peter Engelhardt zu verdanken. Er ist schon seit der ersten Itzreinigungsaktion dabei - bisher immer hinter den Kulissen. "Dieses Jahr bin ich nun das erste Mal mit unterwegs", erklärt er. Vor allen Dingen Bequemlichkeit sei der Grund dafür, dass immer noch so viel Müll in den Fluss geworfen wird. "Statt den nächsten Mülleimer zu suchen, scheint die Müllentsorgung in die Itz die einfachste Lösung zu sein", vermutet er.
"Die meisten handeln gedankenlos oder haben ein fehlendes Umweltbewusstsein", sagt Brigitte Schäfer. Wie der Teppich und die Teile eines kaputten Daches, die sie am Samstag aus der Itz gefischt hat, sonst dorthin gelangt sein sollen, könnte sie sich nicht erklären. Amy, neun Jahre alt, möchte nicht in einer Welt leben, in der die Natur bis zur Unkenntlichkeit vermüllt ist.
Deshalb hat sie schon viel Unrat aus der Natur geholt - und das auch ohne die Hilfe von Erwachsenen. "Mit meinen Freunden habe ich an einem Nachmittag zusammen Abfall im Wald aufgesammelt, da habe ich eine Taucherbrille gefunden", erzählt sie.
Unerschrocken holt sie dabei auch Müll aus dem Fluss, bei dem andere die Nase rümpfen: "Heute habe ich einen stinkenden Schwamm und eine Tüte mit verschimmelten Nüssen darin gefunden."
Viele Zigarettenpackungen
Jacqueline Meier findet am häufigsten Zigarettenpackungen und Taschentücher. "Ich denke, ein großer Teil des Mülls ist versehentlich in die Itz gekommen - schließlich fällt jedem mal was aus der Jackentasche, ohne dass es auffällt", vermutet sie. Um das zu verhindern, müsse die Industrie einlenken. "Ich finde, dass viele Dinge weniger oder gar nicht verpackt werden müssten, so gäbe es generell weniger Müllaufkommen.", erklärt sie. Sie selbst würde gern häufiger an Reinigungsaktionen teilnehmen, denn: "Nicht nur entlang der Itz werden Abfälle achtlos in die Umwelt geworfen."Im nächsten Jahr geht ihr Wunsch sogar in Erfüllung, denn zusätzlich zur Itzreinigung macht auch Coburg bei der Aktion "Let's clean Europe" mit. "In ganz Europa rufen die teilnehmenden Städte am 12. Mai dazu auf, besonders vermüllte Stadtteile zu reinigen", erzählt Norbert Scholz, der die Itzreinigung auch in diesem Jahr organisiert und betreut. Die Wiesengrundstücke auf der Lauterer Höhe habe er dafür schon ins Auge gefasst. "Ich hoffe nur, dass die Begeisterung bei dieser Aktion genauso hoch wie bei der Itzreinigung sein wird", sagt er.
Das Engagement der Helfer lobte auch Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD): "Der Müllhaufen schrumpft, aber es gibt mehr Ehrenamtliche, die mitmachen - das ist ein gutes Zeichen!"