Druckartikel: Martin Luther mal ganz locker

Martin Luther mal ganz locker


Autor: Ulrike Nauer

Coburg, Freitag, 02. Sept. 2016

Ist die eine Museumsnacht vorbei, beschäftigen sich Organisator Martin Rohm und sein Team schon mit der nächsten.
Martin Rohm und Tageblatt-Redakteurin Ulrike Nauer im Treppenhaus der Landesbibliothek. Auch die Ehrenburg wird in der "Nacht der Kontraste" am kommenden Samstag wieder beliebter Schauplatz sein. Foto: Renate Bauer


Die Museumsnacht 2016 hat noch gar nicht stattgefunden, da läuft schon die Vorbereitung auf 2017. Denn auch Organisator Martin Rohm und sein Team kommen im Luther-Jahr selbstverständlich nicht am Reformator vorbei. Welche Ideen es für das Jubiläum gibt, wie die Vorbereitungen auf "Coburgs schönste Nacht" laufen und wie Martin Rohm die letzte Woche vor der Museumsnacht 2016 verbringt, erzählt er im Tageblatt-Sommerinterview.

Mitten in den Vorbereitungen zur Museumsnacht 2016 müssen Sie sich schon mit der Museumsnacht 2017 beschäftigen...
Martin Rohm: Ja, ich lese sehr viel, unter anderem gerade das Buch "Luther zum Vergnügen". Das enthält sehr viele Luther-Zitate und dann höre ich auch viel Musik oder kontaktiere Künstler, die Programme zu Luther planen. Aber insgesamt wird es natürlich deutlich lockerer werden.

Also es wird keine reine Luther-Museumsnacht.

Lockerer bedeutet...?
Luther war ja bekannt für seine deftige Sprache, es gibt viele Zitate. Sein Einfluss auf die deutsche Sprache war riesengroß. Vielleicht kann man einige dieser Luther-Zitate, die Sprichwörter geworden sind, umsetzen in Installationen, Performance und Licht. An Luther kommt also keiner vorbei. Aber keine Angst: So locker wie die Museumsnacht 2011 mit Prinz Albert umgegangen ist, so werden wir uns auch den Reformator vorknöpfen.

Und die beteiligten Einrichtungen steuern eigene Ideen bei?
Das ist nächstes Jahr ja auf jeden Fall der Fall, denn auf der Veste oder in der Morizkirche wird dann schon ein Luther-Programm stehen. Ich werde zum Beispiel Live-Musik im Burghof beisteuern. Ansonsten sind in diesen Häusern die Luther-Themen schon festgesetzt. Die "Nacht" am 9. September soll auf jeden Fall ein Highlight der bayerischen Landesausstellung werden, so der Wunsch von OB Norbert Tessmer und dem Stadtmarketing.

Zurück zu 2016: In einer Woche steigt die Nacht der Kontraste. Das Programm steht seit Wochen, die neue Homepage ist online. Womit befasst sich der Organisator jetzt sozusagen "fünf vor zwölf"?
Jetzt geht es nicht mehr um künstlerische sondern um technische Fragen und Logistik, konkret um Bühne, Strom, Verpflegung, Hotelzimmer, Anfahrtspläne, Parkplätze, Garderoben für mehr als 20 Musik-Ensembles. Und um Interviews wie diesem.

Es ist Ihre zwölfte Museumsnacht: Hatten Sie nicht mal Angst, dass Ihnen die Ideen ausgehen?
Die Veranstaltung hieß drei Mal "Nacht der Kontraste". Dann hörte ich auf einer Tagung in Leipzig, dass Museumsnächte in Großstädten in der Krise sind beziehungsweise bei der dritten Wiederholung die Besucherzahlen einbrechen. Seither gibt es jedes Jahr ein anderes Motto und immer neue Schauplätze. Dieses Jahr sind es Leise am Markt und das Brose Gebäude 25. Auch St. Moriz und St. Augustin, die nach langer Renovierung wieder geöffnet haben, dürften für die meisten Besucher "neu" sein.

Was genau macht die Leute am letzten Sommerferien-Samstag zu Nachtschwärmern und lockt sie zu Tausenden in Richtung Hofgarten?
Einmal ist es die Gelegenheit, "Einmaliges" zu erleben, das heißt, etwas, was es nur in dieser Nacht und danach so nicht mehr gibt. Dann die besondere Atmosphäre der Nacht, in der vermeintlich Bekanntes in ganz anderem Licht erlebt wird. Dazu kommen die besonderen Schauplätze, von denen einige sonst nicht zugänglich sind. Und nicht zuletzt das Musikprogramm, dem die Kultur-Redakteurin Ihrer Zeitung das Prädikat "überwältigend" verlieh.

Und das alles zum Preis einer Kinokarte - wie ist das machbar?
Sie haben recht: Bei mehr als 20 Musikensembles, viele davon aus dem Ausland, müsste der Preis der Eintrittskarte mindestens im zweistelligen Bereich liegen. Aber hier will niemand Gewinn machen. Geld verdienen nur die Künstler. Und zu den Kosten tragen Sponsoren wie Brose, VR-Bank, SÜC und Stadtmarketing Coburg sowie die Coburger Landesstiftung als Veranstalter einen großen Teil bei. Dazu kommen Sachleistungen - von der Fleischerei, die den Imbiss für Künstler liefert, bis zum Lampenstudio, das die Illumination im Kleinen Rosengarten übernimmt.

Wie kam es eigentlich zum Beinamen "Coburgs schönste Nacht" für die Museumsnacht?
Als sich ein Reporter unter Besuchern umhörte, schwärmte eine Bäuerin aus dem Frankenwald davon, dass sie "Coborchs schösta Nocht" (so ähnlich klang das) nie versäumt. Das Coburger Tageblatt übersetzte die Schlagzeile dann ins Hochdeutsche.

Glauben Sie, das Konzept würde auch tagsüber funktionieren?
Das ist die Frage. Tagsüber, wenn das Wetter zu schön ist, sind die Leute lieber im Schwimmbad. Der Reiz ist aber gerade, dass man sich auf diese sieben Stunden konzentrieren muss. Auf der anderen Seite haben mir viele Leute schon gesagt, das Programm würde auch für ein ganzes Wochenfestival reichen.

Wie lange und nach welchem Plan arbeiten Sie am Projekt Museumsnacht?
Eigentlich das ganze Jahr. Fast kein Tag, an dem ich nicht darüber nachdenke oder lese, höre oder recherchiere. Bis Jahresanfang ist ein Motto zu finden. Dann gehe ich auf die Suche nach besonderen Orten. Zu denen müssen Ausstellungen, Musiker und Installationen passen. Im Frühling werden Verträge mit Musikern, Sponsoren, Gastronomen und Vorverkaufsstellen ausgehandelt.
Bis zum Sommer steht die Kommunikation im Vordergrund, das heißt, Texte für Internet, Programmheft, Pressemitteilungen. Nach dem Layouten der Drucksachen folgen die Licht-Planung und die Beschaffung von Unterkünften, Verpflegung und technische Ausstattung der Künstler und Behörden-Angelegenheiten zu Parkplätzen, Bushaltestellen und - jetzt auch - zum Sicherheitskonzept.

Und Ihre Eröffnungsrede?
Die schreibe ich ganz zum Schluss, sozusagen in der Nacht vor der "Nacht".

Und dann haben Sie ein Vierteljahr Pause?
Schön wär's: Am Tag danach werden Licht und Technik abgebaut, in der Woche darauf die Gagen überwiesen und Lieferanten bezahlt. Dann folgen die Abrechnung mit der Gema und eine Konferenz mit den Beteiligten, bei der wir feststellen, was gut war und was besser werden kann. Dann denke ich über das nächste Motto nach - und schon ist das Jahr vorbei.

Machen Sie das immer noch alles alleine?
Die ersten zehn Jahre war es so. Anfangs war ich mächtig stolz, dass ich es als One-Man-Show hinbekomme. Seit zwei Jahren bin ich heilfroh, dass mir Oliver Popp von der Agentur Markatus eine Menge Projektarbeit abnimmt und ich mehr Zeit für Kunst und Kommunikation habe. Denn eigentlich gehe ich ja einem Beruf nach - die Museumsnacht ist Beschäftigung in der Freizeit.

Auch wenn Sie das jetzt zu zweit machen, haben Sie nicht trotzdem manchmal das Gefühl, dass da ganz schön viel auf Ihnen lastet?
(Lacht) Ich bin schlecht im Delegieren, das muss ich gestehen. Letztlich auch, wenn ich etwas abgebe, die Illumination, das Catering, ist es doch wieder so, dass nach zehn, elf Mal wieder Fragen aufkommen und die Leute sagen, wie wollen wir's denn machen. Ich bin gern jemand, der die Fäden in den Händen hat und der weiß, was alles zu seinen Projekten gehört, wer sich kümmert, wie es aussehen wird.

Wäre es dann nicht besser, wenn ein Gremium Ideen und Unterstützung beisteuert?
Das hatte ich mich auch schon gefragt. Aber Terminfindung, Einladungen, Protokolle und ähnliche Regularien machen das Projekt nicht leichter, sondern kosten noch mehr Zeit. Und in Gremien, so meine Erfahrung aus einem Test-Versuch, reden viele nach dem Motto "Man könnte, sollte, müsste mal..." und lassen den Macher dann mit ihren Anstößen wieder allein, oder regen sich auf, dass man es nicht genau so hinbekommen hat, wie es in ihrer Vision ausgesehen hat.

Woher nehmen Sie Ihre Ideen?
Ich lese viel, höre viel Musik, besuche Messen wie die internationale Kulturbörse und interessiere mich für das, was die Menschen gerade sehr beschäftigt. Die besten Ideen kommen dann unvermittelt, etwa beim Autofahren oder morgens zwischen vier und fünf. Und dann sind da noch die "Freunde der Nacht", wie Beate Heller von der Galerie Späth oder "Sprayer Alex", die sich melden mit "Hallo Herr Rohm, ich hätte da eine Idee..."

Woraus schöpfen sie Kraft?
Aus dem großen Vertrauen der Landesstiftung unter Norbert Tessmer, die mir völlig freie Hand lassen. Das Erlebnis, dass am Ende etwas schöner wird, als man es sich am Anfang vorgestellt hat. Und: Ich freue mich, wenn ich es schaffe, dass sich Menschen freuen.


Martin Rohm ganz persönlich

Martin Rohm (60) hält es "wie ein evangelischer Pfarrer - der wechselt auch alle zehn Jahre seinen Einsatzort". Nach dem Abitur in Miltenberg und einer Journalistenausbildung in Aschaffenburg folgten ein Jurastudium und parallel dazu die Tätigkeit als Wirtschaftsredakteur in Würzburg und als Korrespondent für mehrere Zeitungen und Rundfunk.
Ab 1988 in Coburg Aufbau und Leitung der Unternehmenskommunikation eines bekannten Automobilzulieferers.
Ab 1999 Selbstständigkeit im Bereich Marketing und Citymanagement (dabei Einführung der "Coburger Brunnenstraße", des Late-Night-Shopping und von Events wie "Coburg macht Blau", "Coburg spielt" oder "Nacht der Kontraste"). Ab 2008 Geschäftsführer der Werbeagentur "Markatus", heute Marketingleiter in der Industrie.