Manfred Künzel hat Respekt vor den Schätzen im Boden
Autor: Berthold Köhler
Lahm im Itzgrund, Samstag, 08. Juni 2013
Manfred Künzel weiß aus vielen Funden, dass im Itzgrund schon vor mehr als 10 000 Jahren Menschen lebten. Was er gefunden hat, zeigt er am Sonntag beim Dorffest in Lahm.
Eigentlich sind sie im Itzgrund ja viel zu bescheiden, wenn sie jetzt am Wochenende den 1225. "Geburtstag" ihrer Heimatorte feiern. Denn besiedelt war die Gegend an der Itz schon viel früher. "10 000 vor Christus haben hier schon Leute gelebt", weiß der aus Lahm stammende Manfred Künzel. Warum er das weiß, das können sich am morgigen Sonntag die Besucher beim historischen Dorffest anschauen. Dort zeigt der Hobby-Archäologe, was er in den vergangenen Jahren auf den Feldern, Wiesen und insbesondere Äckern rund um Lahm gefunden hat.
Fein säuberlich geordnet
"Hobby-Archäologe" - dieser Begriff wird einem Mann wie Manfred Künzel eigentlich gar nicht gerecht. Der Chef eines Optiker-Geschäftes in Ebern betreibt die Archäologie zwar als Hobby, aber mit einer Akribie, die den professionellen Geschichtsforscher nicht nachsteht.
Immer wieder spannende Funde
Den hat er auch deshalb, weil er immer wieder spannende Funde daher bringt. Direkt neben der B 4 hat Künzel zum Beispiel vor nicht allzu langer Zeit Germanische Keramiken aus einem Acker geholt. Im Anschluss daran gab es sogar eine "Rettungsgrabung" durch das Landesamt für Denkmalpflege - danach aber nichts mehr. Künzel bedauert dies enorm: "Leider stellen die Länder für die Archäologie kaum mehr Geld zur Verfügung." Dies führe dazu, dass immer mehr Wissen über die Geschichte der Menschheit unter der Erde bleibe.
Im Itzgrund gab es auf jeden Fall schon weit vor dem Jahr 788 feste Siedlungen. Manfred Künzel öffnet eine Schachtel mit einigen Bruchstücken und erklärt: "Das ist Linearband-Keramik - die gab es schon um 5500 vor Christus." Die Menschen aus dieser Epoche sind bekannt dafür, dass sie in größeren Siedlungen lebten und bis zu 50 Meter lange Häuser bauten.
Gar nicht dumm und deppert
Nochmal 5000 Jahre vorher sind auf jeden Fall schon Jäger durch den Itzgrund gestreift und haben dort ihre Lager aufgeschlagen. Manfred Künzel weiß genau, wo er nach Spuren dieser ersten wandernden Siedler zu suchen hat: "Ein Platz mit schöner Rundumsicht und am besten noch mit sandigem Boden. Der trocknet nämlich schnell, wenn es einmal geregnet hat." Es waren wohl überlegt ausgesuchte Plätze, die von den Jägern aufgesucht wurden. Denn die Menschen von damals, die waren nicht wild und deppert, wie sie so gerne in den historischen Film-Schinken aus Hollywood dargestellt werden. Solche Darstellungen bringen den 61-Jährigen auf die Palme: "Das ist völliger Blödsinn." Künzel spricht da lieber von den faszinierenden Leistungen, die die Menschen jener Zeit vollbrachten: "Sie sind mit dem ausgekommen, was da war. Und dennoch haben sie ein Gemeinwesen aufgebaut."
Die Funde aus dem Itzgrund zeigen aber auch, dass es 10 000 Jahre vor Christi Geburt offensichtlich schon einen regen Handel mit Rohstoffen für Waffen und Werkzeuge gab. Manfred Künzel hat mehrere steinerne Pfeil-Spitzen entdeckt, die definitiv von der norddeutschen Küste stammen. "Vom Meer bis zu den Alpen", schätzt Künzel, sei damals schon der Warentransport gelaufen.
Er will morgen beim historischen Dorffest nicht nur seine vielen Fundstücke ausstellen, sondern den Menschen auch eine Botschaft vermitteln. "Ich will die Leute ein bisschen für die Geschichte sensibilisieren", sagt der 61-Jährige. Denn kompliziert ist das Hobby der Archäologie nicht. Man braucht keine große Ausrüstung und schon gar nicht das elektronische Metallsuchgerät, das man in aufgebauschten Berichten so gerne in den Händen von Hobby-Archäologen sieht. "Man muss nur mit offenen Augen durch die Landschaft gehen", sagt der 61-Jährige.
Ein dunkler Fleck in einem Acker - den Künzel natürlich nur im Frühling und im Herbst in Absprache mit den Landwirten betritt - kann da schon ein entscheidender Hinweis sein. "Der ist nämlich ein Zeichen für organisches Material", sagt der gebürtige Frankenwäldler, der seit 1988 in Lahm lebt. Und wo organisches Material liegt, da ist dann oft die erste Speerspitze nicht weit.
Der Itzgrund, die Geschichte, das Fest
Die Geschichte Die früheste bekannte urkundliche Erwähnung Bodelstadts datiert vom 19. April 788. Dies berichtet Robert Schäfer in seinem Festvortrag zum Jubiläum "1225 Jahre Itzgrund". Die "Geburtsurkunde" der heutigen Gemeinde Itzgrund ist jedoch lediglich in Form einer rund 350 Jahre später angefertigten Abschrift erhalten. Zusammen mit einer Vielzahl weiterer Dokumente schrieb der im Kloster Fulda lebende Mönch Eberhard um 1140 den ursprünglichen Text des Jahres 788 ab und fasste diese Sammlung von Urkunden zum nach ihm benannten "Codex Eberhardi" zusammen.
Historisches Dorffest Dieses beginnt am morgigen Sonntag um 9 Uhr mit einem Festgottesdienst in der Lahmer Schlosskirche. Um 10 Uhr startet dann das Festprogramm in Lahm/Pülsdorf . Die Besucher erwarten historische Dorfrundgänge sowie verschiedene Handwerker- und Verpflegungsstände.