Manfred Kern und die Liebe des Fränkischen zum Blues
Autor: Jochen Berger
Coburg, Freitag, 20. Januar 2017
Der in Coburg lebende Autor Manfred Kern und der Blues-Gitarrist Harry Düll gastierten in der Stadtbücherei.
Das Stichwort Lyrik kann bei ängstlichen Zeitgenossen manchmal unwiderstehliche Fluchtreflexe auslösen. In Verbindung mit Mundart ganz besonders. Dass Mundart-Lyrik freilich auch sehr unterhaltsam sein kann, ohne sich anzubiedern, beweist der in Coburg lebende Autor Manfred Kern. Gemeinsam mit dem Gitarristen Harry Düll definiert er das selten gepflegte Genre der musikalischen Lesung völlig neu, wie ein Abend in der Stadtbücherei beweist.
Musiker des Wortes
Die mittelfränkische Mundart, wie sie in Manfred Kerns Heimatregion rund um Rothenburg gesprochen wird, und der Blues - sie gehen an diesem Abend eine bemerkenswerte Liaison ein. Die im Blues Musik gewordene Weltschmerz-Stimmung und das gänzlich illusionslos tönende Fränkische - sie passen verblüffend gut zusammen, wie Kern und Düll beweisen. Denn zu Harry Dülls wunderbar melancholisch klingender Blues-Gitarre werden Manfred Kerns Gedichte scheinbar auf ganz selbstverständliche Weise zu gesprochenen Liedern. "Baradiesischi Zeide" hat Kern seinen aktuellen Lyrik-Band betitelt - ein Titel, der mit Hintersinn aufgeladen ist. "Wenn man Manfred Kern kennt, sollte man vorsichtig sein", warnte Brigitte Maisch als Leiterin der Stadtbücherei zur Begrüßung: "Das Paradies hat seine Tücken."
Knurriger Humor
Denn Manfred Kerns Gedichte sind immer wieder auf der Suche nach den Abgründen in der vermeintlichen Idylle. Zielsicher entdeckt Kern die eigentlich trostlosen Seiten des Alltags. Doch Kern ist kein selbstzerstörerisch gestimmter Pessimist, sondern ein einfallsreicher Musiker des Wortes, der im Fränkischen ein großes Potenzial an knurrigem Humor zum Klingen bringt.
Lebendige Sprachbilder
Manfred Kern ist ein Dichter, der die Hoffnungen und Ängste, das Leid und die Liebe der sogenannten kleinen Leute sehr anschaulich und in lebendigen Sprachbildern besingt.Der Mundart-Poet Kern und der fingerfertige Blues-Gitarrist Düll - sie sind ein bestens harmonierendes, sich hörbar gegenseitig beflügelndes Künstler-Duo. Damit verdienen sie sich reichlich Beifall der Zuhörer in der gut besuchten Stadtbücherei.
Buch-Tipp
Manfred Kern "Baradiesische Zeide", 128 Seiten, 14.90 Euro
1956 in Rothenburg geboren, auf einem Bauernhof in Wettringen bei Ansbach aufgewachsen, arbeitete Manfred Kern zunächst als Buchhändler in Würzburg. Er lebt seit 1985 als freier Autor in Coburg. Im Jahr 2013 wurde Kern für sein literarisches Schaffen mit dem Gottlob-Haag-Ring ausgezeichnet.