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Manchmal stinkt's in Bertelsdorf


Autor: Simone Bastian

Bertelsdorf, Mittwoch, 25. Oktober 2017

In Bertelsdorf klagen Anwohner über Schwefelgeruch. Nun hat das Landesamt für Umwelt Messungen durchgeführt. Am Mittwoch wurde das Ergebnis vorgestellt.
Die Abgasanlage des Coburger Müllzheizkraftwerks. Geht von hier der Schwefelgeruch aus, der die Bertelsdorfer immer wieder plagt? Foto: Jochen Berger


Wenn es nach Schwefel riecht, müsste sich mehr Schwefeldioxid (SO 2 ) in der Luft befinden als normal, sagt Ralf Mayer vom Landesamt für Umwelt. Obwohl dieser Satz einfach klingt, wird es hier schon kompliziert. Schwefel kann viele Verbindungen eingehen. Doch messbar ist nur das SO 2 , und das entsteht erst durch luftchemische Prozesse, wenn genug Schwefel in der Luft ist. Kurz: Mag sein, dass es stinkt, doch Ralf Mayer kann nichts messen.
Seit einigen Jahren schon klagen die Bertelsdorfer über Gestank - nicht immer, aber häufig, und bislang hat sich nicht feststellen lassen, woher der Schwefelgeruch kommt. Auch nicht durch Ralf Mayers Messungen zwischen dem 12. Januar und dem 10. April diesen Jahres. Zum einen war der SO 2 -Gehalt in der Luft verschwindend gering: Vier Mikrogramm wurden im Schnitt gemessen, Spitzenwert waren 16 Mikrogramm, der Grenzwert, ab dem von einer Gesundheitsgefährdung die Rede ist, liegt bei 350 Mikrogramm Stundenmittelwert. "Da sind wir weit weg von der Geruchsschwelle", sagt Mayer.
Er hat auch die Werte für Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid, Ozon und Feinstaub gemessen. Kein Wert war gesundheitsgefährdend, alle Messreihen blieben unter den gesetzlich vorgegebenen Grenzwerten. Außerdem hat Mayer versucht, die Quellen der Schadstoffe zu berechnen. Das gelang zum Beispiel beim Stickstoffdioxid: Das weht von der Autobahn und der B4 nach Bertelsdorf. Aber woher das Schwefeldioxid kommt, lässt sich nur spekulieren.
Gerochen hat es trotzdem, und der Bertelsdorfer Bürgerverein hat darüber Buch geführt. Gerold Schnabl, Leiter der Stabsstelle Umwelt in der Stadtverwaltung, hat diese Beobachtungen mit den Messwerten abgeglichen. "Da ist kein System erkennbar", sagt er. Mal waren die SO 2 -Werte hoch, wenn es stank, mal waren sie es nicht, und mal waren sie hoch, und keiner roch etwas.
Die Bertelsdorfer haben das Müllheizkraftwerk bei Neuses als Geruchsquelle im Verdacht, weil die Siedlung am Heilgersgrund genau in der Hauptwindrichtung liegt. Aber bislang hat sich nicht nachweisen lassen, dass Schwefel aus dem Schlot kommt. Annemarie Kroner meint zwar, dass es in der Zeit, als das MHKW wegen der Revision stillstand, keine Beschwerden gab. Aber das MHKW stand nur zwei Wochen lang, während vier Wochen lang nichts gerochen wurde.
"Wir sind nicht mehr im ländlichen Raum", seufzt Karl-Friedrich Schmucker. "Früher musste man mit den Schweineställen leben, heute mit den Industrieabgasen." Er warnte bei dem Gespräch am Mittwoch davor, dem MHKW die Schuld zuzuschieben. Doch Harald Kinter und Hartmut Schulze sehen einen Zusammenhang: "Man ist draußen, riecht was - und sieht, dass die Rauchfahne auf einen zukommt."
Der Dampf aus dem MHKW-Schlot verstärke alle vorhandenen Gerüche in der Umgebung, gab Peter Baj zu bedenken, der Werkleiter des Zweckverbands für Abfallwirtschaft, dem Betreiber des MHKW. Er will im nächsten Jahr eine Schadstoffprognose anfertigen lassen, die aufzeigt, an welchen Stellen in der Umgebung des MHKW mit Schadstoffen zu rechnen ist. Eine Geruchsprognose hat er bereits erstellen lassen. Die kommt zu dem Schluss, dass an weniger als 0,5 Prozent der Stunden pro Jahr eine Geruchsbelästigung vom MHKW ausgehen kann. "Somit ist nach dieser Prognose mit keiner Geruchsbelästigung zu rechnen. Das heißt aber nicht, dass es keine gibt!" Sollte sich das MHKW als Verursacher dieser Schwefelgerüche erweisen, werde er dafür sorgen, dass das abgestellt werde, versprach Baj. "Aber ich stehe auf dem Schlauch."
"Wir haben getan, was wir konnten", resümierte Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber, die das LfU um die Untersuchung gebeten hatte. "Aber wir können das Problem nicht lösen, weil die Fakten keine Hinweise geben."