Mal androgyn, mal maskulin
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Freitag, 15. Juli 2016
Der Coburger Robin Höhn lief auf der Fashion Week in Berlin über den Laufsteg, sang im Hilton und warb bei der "Fashion for Charity".
Belächelt, gemobbt, kritisiert oder gar aggressiv angemacht! Die Jugendjahre von Robin Höhn waren Lehrjahre. Der Junge, der etwas anders war als seine Altersgenossen, hat immer gewusst, was er will. Dennoch sind die Anfeindungen und die Ablehnung, die von außen kamen, nicht spurlos an ihm vorüber gegangen. Sie haben ihn stark gemacht für die Welt, in der er sich heute selbstbewusst und erfolgreich bewegt: Die Welt der Mode und der Musik, der Models und Medien.
Im August will der 23-Jährige nach Berlin ziehen, in die Stadt, die ihn mit ihrer Weltoffenheit begeistert. In der er Karriere machen kann. "Es läuft grad sehr gut", sagt er im Gespräch mit dem Tageblatt und plaudert ein bisschen aus dem Nähkästchen.
Für Mbrilliant auf dem Laufsteg
Auf der Fashion Week in Berlin ist er für Matthias Maus gelaufen. Für dessen Label Mbrilliant hat er im vergangenen Jahr die Kampagne gemacht. Maus habe ihn spontan angerufen und gefragt, ob er nicht dabei sein möchte. "Klar wollte ich!" Mit seiner Formation "Fair Enuff" - einem Musik- und Tanzprojekt - trat er bei Lilly Black im Hilton auf. Unter dem Motto "Perfection" präsentierte die Designerin ihre neue Prêt-á-Porter-Kollektion. Sie hat sich nicht nur zum Ziel gesetzt, grüne Mode zu fördern und zu produzieren, sondern auch andere industrielle Unternehmen zur Umstrukturierung zu bewegen.
Robin Höhn hat mit seinem Song "Mister Bigger" gut dazu gepasst. Extravagant und anders, mit künstlerischem Anspruch und sozialem Engagement, so sieht sich Robin Höhn. Die Ernsthaftigkeit und Disziplin, mit der er seinen Job betreibt, machen ihn so erfolgreich. Eine ganze Reihe internationaler Modemagazine hat seine Fotostrecken bereits veröffentlicht: Huf Magazin, Men-Moments Magazin, Ajoué, FSHN L.A., The Dapifer New York, Volant...
Perfekt für Haute Couture
"Meine Stärke ist meine Wandelbarkeit", sagt er selbstbewusst. "Ich komm' mal androgyn, zerbrechlich und feminin rüber, gleichzeitig kann ich hart, markant und maskulin wirken." Robin Höhn arbeitet mit seinem Gesicht, seiner Mimik, den Posen. Dem langen schlaksigen Kerl ist die Haute Couture auf den Leib geschrieben, "da passen die durchtrainierten Muskelmodels meist nicht rein". Für den Coburger ist das ein großes Glück. Denn er hat eine Nische gefunden und in der kann er genau das machen, worauf er schon immer Lust hatte: Rollen spielen, Geschichten erzählen. Privat ist er locker und sensibel, liebt eher die Stille als den Trubel, genießt eine Dose kalte Erbsen nach einem Lauf mehr als die feinen Häppchen am Büfett. Auch, wenn der schöne Blonde mit den kühlen Augen und dem markanten Kinn von dem ein oder anderen Kritiker aus früheren Zeiten als arrogant und eingebildet abgetan wird, bleibt der Coburger gelassen. "Wer so was sagt, kennt mich doch gar nicht!" Kleinstadt-Kritik prallt an dem schmächtigen Burschen mittlerweile ab. Er hat gelernt mit dem Anderssein umzugehen, hat Menschen getroffen, die ihn nehmen, wie er ist. Die anderen sind ihm egal. Leben und leben lassen, heißt sein Lebensmotto. Für seinen Lebensstil rechtfertigt er sich schon lange nicht mehr.
Der junge Mann, der keinen Alkohol trinkt und sich vor ein paar Monaten zu seiner Co-Abhängigkeit in einem vierseitigen Artikel im Internet bekannt hat, sieht die schrecklichen Erfahrungen, die er durch den Alkoholismus in der Familie machen musste, durchaus als notwendige Erfahrung für sich. "Wie hätte ich dieses Business sonst überstanden?", fragt er, der froh ist, jeder Art von Sucht-Versuchung widerstehen zu können.
Engagiert beim Blauen Kreuz
Robin Höhn engagiert sich seit Jahren beim Blauen Kreuz in Coburg, und wenn er dann mitbekommt, dass Kindern im Café Kuchen verkauft wird, in dem Alkohol verbacken ist, mischt er sich mutig ein und stellt sich einer unbequemen Diskussion. Auch in der Flüchtlingshilfe engagiert sich der Modelmann. Er hat immer Ideen und ist bereit, sich einzubringen. Ehrenamtlich versteht sich.
Wenn es allerdings um seinen Job geht, läuft er mittlerweile nicht mehr einfach nur so. "Ich habe mich durchgekämpft und arbeite professionell." Zu 95 Prozent managt er sich selbst, holt Aufträge an Land, organisiert Interviews, sucht Fotografen und Magazine. Sein eigener Anspruch ist hoch - bei allem Spaß und bei der Freude, die ihm der Beruf macht. Für jeden Walk ist er dankbar und glücklich, weil "ich weiß, dass das alles nicht selbstverständlich ist". Am 18. Juli ist er in Coburg zu sehen. Bei der Modenschau von Nini Beyersdorf. Bei der Anprobe ist Robin Höhn schon gewesen und er verspricht, "chic" rüberzukommen.