Druckartikel: Luther und seine Fürsten

Luther und seine Fürsten


Autor: Simone Bastian

Coburg, Dienstag, 29. August 2017

Im 19. Jahrhundert stellten die Coburger Herzöge den Aufenthalt des Reformators auf ihrer Burg in den Mittelpunkt.
Entwurf der Wandbemalung für das Lutherzimmer, Federzeichnung vermutlich von Georg Konrad Rothart, heute aufbewahrt im Staatsarchiv Coburg (Plansammlung 2045) Repro: Staatsarchiv Coburg


Der Teufel soll Martin Luther gar arg bedrängt haben im "Reichstag der Dohlen". So nannte Luther die Veste Coburg, in der er im Jahr 1530 eher unfreiwillig fast ein halbes Jahr festsaß. Aus Sicherheitsgründen hatte er nicht weiterreisen können zum Augsburger Reichstag; sein Beschützer und Landesherr Kurfürst Johann Friedrich der Beständige war mit Melanchthon weitergezogen, um die Sache der Reformation vor dem Kaiser zu vertreten.

Dass sie die Beschützer des Reformators waren, hoben die Nachfahren von Johann Friedrich dem Beständigen immer wieder hervor. Nach dem Verlust der Kurwürde an die albertinische Linie des Hauses Sachsen war der Protestantismus so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal der Ernestiner, zu denen auch das Haus Sachsen-Coburg-Saalfeld gehörte. Allerdings konnten auch sie bei Bedarf katholisch werden, zum Beispiel nach der Heirat mit eier reichen ungarischen Erbin. Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha (so nannte er sich ab 1826) hatte sicher nichts dagegen, dass sein Bruder Ferdinand-Georg nach seiner Hochzeit 1818 konvertierte.
Auch andere Geschwister von Ernst hatten vorteilhaft geheiratet - Juliane den russischen Großfürsten Konstantin, Leopold die englische Kronprinzessin. Zwar war das alles nicht von Dauer - Juliane ließ sich 1820 scheiden, Leopolds Gemahlin starb 1817 bei der Geburt ihres gemeinsamen Kindes. Doch dafür war Ernsts Schwester Viktoria 1819 Mutter der künftigen Königin von England geworden, und Leopold saß ab 1831 auf dem belgischen Thron.


Im neogotischen Stil

Da musste natürlich auch mit dem Stammhaus etwas passieren, und Ernst I. ließ den Architekten Carl Alexander Heideloff die Veste ab 1837 im neogotischen Stil umgestalten. Die Erinnerung an Luthers Aufenthalt sollte dabei hervorgehoben werden. Dafür sollten zum einen die Räume, die Luther 1530 bewohnte hatte, neu gestaltet werden. Zum anderen ließ Ernst I. 1844 von Carl Heideloff im Fürstenbau ein "Reformatorenzimmer" im neogotischen Stil einrichten. In die Holzvertäfelung des Raums waren Bilder von Martin Luther, Katharina von Bora, Veit Dietrich, Caspar Aquila, Christian Beyer, Justus Jonas, Gregor Brück, Philipp Melanchthon, Johannes Bugenhagen und Georg Spalatin eingelassen. Die Bilder stammten von Georg Konrad Rothbart, der diesen Raum allerdings mit dem verwechselte, den Luther tatsächlich bewohnt hatte.

Diese Räume liegen aber ein Stockwerk tiefer direkt gegenüber dem Eingang zur Großen Hofstube in der Steinernen Kemenate. Überliefert war, dass Luther selbst den Psalm "Non moriar sed vivam et narrabo opera Domini" ("Ich werde nicht sterben, sondern leben und die Werken des Herrn verkünden") an die Wand des Zimmers geschrieben haben soll. Außerdem soll er, als der Teufel ihm arg zusetzte, mit einem Tintenfass nach dem Höllenfürsten geworfen haben. Das wird allerdings auch von Luthers Quartieren in Eisenach und Wittenberg erzählt, was vermuten lässt, dass die Geschichte ebenso fromm wie erfunden ist.

Immerhin hätte es diese Szene beinah auf die Wand des Lutherzimmers (des richtigen) geschafft. Vermutlich war es Georg Konrad Rothbart, der die Entwürfe für die Wandbemalung gemacht hatte, die allerdings nicht ausgeführt wurden. Stattdessen beließ man die Zimmer weitgehend so, wie sie waren. Der Psalm, den Luther nachweislich hinterlassen hatte, kam allerdings bei Rothbart nicht vor - weder in den Entwürfen für die Lutherstube, noch im "Reformatorenzimmer".

Dafür wurde in der Lutherstube auch das sogenannte Lutherbett aufgestellt. Postkarten aus dem 19. Jahrhundert zeigen, dass man versucht hatte, die Zimmer einigermaßen wohnlich wirken zu lassen. In der Landesausstellung wird vor allem auf Luthers eifrige Schreibtätigkeit in Coburg verwiesen: Immer neue Lutherzitate tauchen als Projektion auf einer Glaswand auf, theologische, politische und ganz private.