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Landestheater: Tanz und Natur im intensiven Dialog


Autor: Jochen Berger

Coburg, Samstag, 19. Juni 2021

Wie das Landestheater Coburg das Premierenpublikum mit dem Ballettabend "Die vier Jahreszeiten" auf der Freilichtbühne im Hofgarten beeindruckt.
"Die vier Jahreszeiten": Szene aus dem fünfteiligen Ballettabend des Landestheaters Coburg, der bei den Sommerfestspielen Premiere im Hofgarten feierte.Fotos: Sylvain Guillot


Im Kunstraum des Theaters kann sich der Zauber des Tanzes an besonderen Abenden regelrecht beglückend entfalten. Wie aber wirkt dieser Zauber, wenn er unter freiem Himmel mit vielstimmiger Natur konkurrieren muss? Diese Frage stellte sich vor der Premiere des Ballettabends bei den Coburger Sommerfestspielen des Landestheaters auf der Freilichtbühne rund um den Herzog-Alfred-Brunnen.

Nach der Premiere aber war die Antwort klar: Tanz kann seine Magie auch mitten in der gebändigten Natur sehr wohl entfalten. Sogar dann, wenn sich echter Buchfink-Gesang mit per Band eingespielten Vogelstimmen mischt, wenn sich das Brummen eines Motorfliegers und sonorer Celloklang per Zufall unter freiem Himmel begegnen.

Junge Choreographen-Schar

Antonio Vivaldis Zyklus "Die vier Jahreszeiten" als zentrale Inspiration für einen fünfteiligen Ballettabend erwies sich jedenfalls als die perfekte Wahl. Die Natur in gleich mehrfach verwandelter Form zum Thema zu machen, beflügelte ein junges choreographierendes Quartett aus den Reihen des Landestheater-Balletts zu jeweils ganz eigenen, poetisch eindringlichen Beiträgen. Mehrfach verwandelte Natur - das meint zunächst die Musik. Denn schon Antonio Vivaldi verwandelte die Natur in seinem populärsten Konzert-Zyklus in anspielungsreiche Klangmalerei voller naturnaher Details.

Vivaldi als Vorlage

Der zeitgenössische Komponist Max Richter wiederum verwandelte Vivaldis "Jahreszeiten"-Hit in seiner Re-Composed Version nochmals. Er schuf damit die raffinierte Verbindung von Wiedererkennen und bewusster Irritation.

Aus der Mischung von Vivaldis Original und Richters Adaption sowie weiteren Vivaldi-Varianten entstand ein Klangteppich für ein beziehungsreich verwobenes Jahreszeiten-Ballett mit gleich vier verschiedenen choreographischen Handschriften.

Robert Schrags gut in die Umgebung eingefügte Bühne, die sich schon bei den "Drei Musketieren" bewährt hatte, bot - leicht modifiziert - den passenden Rahmen und vor allem reichlich Platz für das unter Corona-Bedingungen konsequent auf Abstand getrimmte Ballettensemble. Jaume Costa (Frühling), Takashi Yamamoto (Sommer), Chih-Lin Chan (Herbst) und Mireia Martinez Pineda (Winter) gelang es dabei in ihren Choreographien, immer wieder poetisch berührende Bilder zu schaffen, die zudem auf vielfältige Weise miteinander verzahnt waren (choreographische Mitarbeit: Tara Yipp).

Die bestens passenden Kostüme dazu hatte das Choreographen-Quartett in Zusammenarbeit mit der Kostümabteilung selbst entworfen. Tänzerisch beeindruckte das Coburger Ballett nicht nur wegen der strapaziösen äußeren Bedingungen durch Konzentration und Intensität.

Endlich darf das Ballett wieder vor Publikum tanzen

Die Ouvertüre für diese getanzten "Vier Jahreszeiten" schuf Coburgs Ballettdirektor Mark McClain mit einer eindringlichen Choreographie im klassisch geprägten Ballettstil nach Edwards Elgars Introduktion und Allegro für Streicher. Ausdauernder Beifall zum Ausklang eines intensiven Ballettabends - nach schier endlos wirkenden siebeneinhalb Monaten ohne Ballett-Auftritte im Landestheater.