Kunstverein Coburg ist schon wieder ohne Geschäftsführer
Autor: Dr. Carolin Herrmann
Coburg, Donnerstag, 12. Januar 2017
Der 1500 Mitglieder umfassende Coburger Kunstverein muss sich strukturell neu organisieren, sagt 1. Vorsitzender Joachim Goslar.
Ein ehrgeiziges Projekt hat sich der Coburger Kunstverein für das Jahr 2017 vorgenommen. Die große Sommerausstellung soll sich mit dem leider im wahrsten Sinne des Wortes brandaktuellen Thema "Seit Cranach bis Charlie Hebdo. Visionen der Freiheit und Toleranz - Die Macht der Druckgrafik" beschäftigen, wozu jetzt bundesweit ausgeschrieben wird.
Zuvor aber muss die strukturelle Basis des mit über 1500 Mitgliedern größten Kunstvereines in Bayern abgesichert werden. Denn: "Ich habe jetzt drei ehemalige Geschäftsführer, aber keinen aktuellen", 1. Vorsitzender Joachim Goslar die organisatorische Grundlage mit einer Spur Sarkasmus.
Dabei hat der Geschäftsführer in einem Verein dieser Größenordnung und vor allem eines solch kontinuierlich anspruchsvollen und umfangreichen Programmes eine zentrale Position. Achim Schmidt stand von vorne herein nur für drei Jahre zur Verfügung. Seine Nachfolgerin Pia Bayer hat sich überraschend aus dem Vorstand zurückgezogen, sie erwartet ihr drittes Kind.
Sie brauchen mehr Leute
"Das eigentliche Problem liegt darin, dass es sich mit dem Amt des Geschäftsführers um eine Art Superposition handelt", erklärt Goslar den Hintergrund. "Jahrzehnte lang hat sich Kurt Neun, man kann es nicht anders sagen, dafür aufgeopfert." Man müsse jetzt mit einer "sanften Neustrukturierung" zu einer breiteren Verteilung der Aufgaben kommen. Der Kunstverein bräuchte jemanden, der sich um das Haus an sich kümmert. Man bräuchte unter den heutigen (Internet-)Bedingungen jemanden, der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Auch die zu klärenden rechtlichen Fragen und Formalitäten würden immer umfangreicher. "Vielleicht ist ja unter unserer riesigen Mitgliederzahl ein Rechtsanwalt, der sich hier engagieren möchte", setzt Goslar auf das Prinzip Hoffnung.
Bis zur Jahreshauptversammlung im April will Goslar eine Mann- und Frauschaft beieinander haben, die stark genug ist für die zu bewältigenden Aufgaben. Dem Vorstand gehören gegenwärtig auch Jens Happich als Kassierer, Thomas Rademacher und Reinhard Wisch als Kassenprüfer und Adelheid Frankenberger als Protokollführerin an.
Mit der Vorbereitung der großen Sommerausstellung ist Goslar gegenwärtig noch allein, aber guten Mutes. Die Ausschreibung soll nächste Woche hinausgehen an die große Zahl von Künstlern im eigenen Verein, generell an Satire-interessierte Grafiker in der Bundesrepublik, aber auch an öffentliche Medien, die Satirezeichnung pflegen.
Neben anderem ist auch dieses Projekt ein Beitrag zum Lutherjahr 2017, bedienten sich doch der Reformator und seine Unterstützer wie nie zuvor geschehen der satirischen Druckgrafik. Auch für die eigentliche Konzeption der Ausstellung ist Goslar noch auf der Suche nach einem fachkundigen Kurator. Es soll einen Katalog mit grundsätzlicheren Erläuterungen zum Thema geben.
Das Jahresprogramm 2017 generell wird zunächst noch von Friedrich Rückert bestimmt, dessen 150. Todestag im letzten Jahr vor allem auch in Coburg, wo Rückert von 1821 bis zu seinem Tod 1866 lebte, mit zahlreichen Aktivitäten gedacht wurde. Ab morgen wird die von Schweinfurt übernommene große Ausstellung zu Leben und Wirken Rückerts im gesamten Pavillon am Hofgarten zu sehen sein, nachdem sie zuvor lange auch in Erlangen Station gemacht hatte. Sie dauert, plus Rahmenprogramm, bis Mitte April und setzt im Kunstverein einen ungewohnten literaturhistorischen Akzent.
Aber schließlich bietet man hier ja auch dem Literaturkreis und den Freunden der humanistischen Bildung Coburg Heimat als regelmäßiger Veranstaltungsort.
Was die jährliche Programmgestaltung anbelangt, weist der Vorsitzende ausdrücklich darauf hin: "Wir sind ein Mitgliederverein. Am Ende zählen deren Wünsche; die große Zahl der Mitglieder bestimmt im Grundsätzlichen, was wir machen."
Dabei wird die ebenfalls große Zahl von Künstlern unter den Mitgliedern einbezogen mit den Ausstellungen selbst. Darüber hinaus gibt es mit zahlreichen Konzerten, Vorträgen, Workshops, Kinderatelier, Reisen... ein weites Angebot, welches das Leben des Coburger Kunstvereines bestimmt. Mindestens drei weitere Konzerte, die bisher noch nicht angekündigt sind, hat Goslar bereits im Visier für dieses Jahr.
Die Ausstellungen 2017 im Kunstverein Coburg
Der Weltpoet - Friedrich Rückert (1788 - 1866). Dichter - Orientalist - Zeitkritiker. 14. Januar bis 17. April
Coburger Sommerakademie - Dozenten und Kursteilnehmer stellen aus. 6. Mai bis 5. Juni
Dietmar Pfister, Nürnberg: Solar Scriptura. Skripturale Malerei, Buchobjekte. 6. Mai bis 5. Juni
Seit Cranach bis Charlie Hebdo. Visionen der Freiheit und Toleranz - Die Macht der Druckgrafik. 17. Juni bis 20. August
Klaus Hack, Werneuchen: Babel - Figur und Turm. Skulptur, Holzschnitt & Zeichnung. 17. Juni bis 20. August
Hartmut Pfeuffer, Höchstädt: Wüste - Raum der Stille. Malerei und Grafik. 2. September bis 1. Oktober
Debüt Junge Kunst mit Verleihung des Sparkassen-Debütantenpreises: Stefan Schindler, Nürnberg. 2. September bis 1. Oktober
Jahresausstellung mit Verleihung des von der VR-Bank gestifteten "blauorange"-Preises,. 18. November bis 17. Dezember
Informationen im Detail Das umfangreiche weitere Veranstaltungsprogramm des Kunstvereines ist im Internet zu finden unter www.kunstverein-coburg.de