Druckartikel: "Kramies" wehren drei Matchbälle ab

"Kramies" wehren drei Matchbälle ab


Autor: Christoph Böger

Coburg, Samstag, 03. Oktober 2020

Kevin Krawietz und Andreas Mies halten in der 3. Runde der French-Open dem Druck stand und setzen sich nach einem wahren Krimi mit 6:4, 1:6 und 7:6 durch.
Sie dürfen weiter hoffen: Kevin Krawietz (links) und Andreas Mies erreichten in Paris die 4. Runde.Archiv


Was für ein Tennis-Krimi. In den Hauptrollen: Kevin Krawietz und Andreas Mies. Das Schönste aus Sicht des Witzmansberger Profis: Es gab ein Happyend. Der Traum von der Titelverteidigung in Paris lebt weiter. Auch weil das fränkisch/rheinische Duo drei Matchbälle in der 3. Runde abwehrte.

Ein hartes Stück Arbeit liegt hinter Kevin Krawietz und Andreas Mies. Bei den French Open mussten sich die Titelverteidiger im wahrsten Sinne des Wortes mächtig strecken, um die beiden Lokalmatadoren Antoine Hoang und Benjamin Bonzi aus Frankreich zu besiegen. Nach drei hart umkämpften Sätzen triumphierten "Kramies" am Samstagnachmittag mit 6:4, 1:6 und 7:6.

Die Favoriten begann auf Platz 11 gut, schafften zwei Breaks im ersten Satz und wehrten selbst jede Menge Breakbälle mit auffallender Nervenstärke ab. Die beiden 24-jährigen Außenseiter nutzten nur einen ihrer insgesamt elf Chancen bei Aufschlag der Deutschen. Deutlich zu wenig, denn nach gut 40 Minuten bogen der Witzmannsberger und sein Kölner Partner mit 6:4 auf die Zielgerade ein - dachten zumindest die meisten der relativ wenigen Zuschauer auf diesem Nebenplatz. Darunter auch Kevins Vater Rudi Krawietz.

Denn sein Schützling verlor anschließend den Faden. Entscheidend war das zweite Aufschlagspiel des zweiten Satzes. Trotz einer 40:15 Führung brachten die Champions aus dem Vorjahr ihr Service nicht durch. Beide haderten anschließend mit sich selbst. Die Sicherheit und Leichtigkeit des ersten Satzes war verflogen. Jetzt gelang nichts mehr und das französische Doppel spielte sich förmlich in einen Rausch.

Kein einziges Spiel gewannen die Deutschen mehr in Durchgang zwei (1:6). Zu diesem Zeitpunkt waren exakt 122 Ballwechsel gespielt, 64 Mal mit dem besseren Ende für die Außenseiter. 70 Prozent erste Aufschlägen waren zu wenig. Eine Steigerung musste her.

Es galt die Schwächephase schnellstens abzuschütteln und mit eigenem Aufschlag erfolgreich in der entscheidenden Satz zu starten. Das gelang. "Kramies" kämpften sich zurück und erzwangen wieder ein Duell auf Augenhöhe, das mit zunehmender Spieldauer nicht nur an Qualität gewann, sondern von Minute zu Minute auch spannender wurde. Ein Krimi bahnte sich an und es ging jetzt nur noch um Nuancen. Wer sollte die Nerven behalten?

Im zweiten Spiel waren das zweifelsohne Krawietz/Mies: Ihren fünften Breakball nutzten sie nämlich bei Aufschlag des zunehmend nervöser wirkenden Benjamin Bonzi zum 2:0. Kein großer, aber Sicherheit zurückbringender Vorteil. Es folgte ein souveränes Aufschlagspiel von Mies zum 3:0. Die 4. Runde war zum Greifen nah und vieles sprach jetzt für das fränkisch-rheinische Duo, dass sich nicht ein zweites Mal aus der Bahn werfen lassen wollte. Doch genau das geschah kurze Zeit später!

Das Break aus dem hart umkämpften zweiten Spiel transportierten sie nur noch bis zur 4:1-Führung ehe genau das passierte, was niemand mehr für möglich hielt: Die "Achterbahnfahrt" nahm zum Entsetzen der Deutschen wieder mächtig Fahrt auf. Wie schon in Durchgang zwei schlugen die Franzosen eindrucksvoll zurück und gewannen jetzt fünf Spiele in Folge. Sie nahmen dabei jeweils Krawietz und Mies einmal den Aufschlag ab.

Bei einer 5:4-Führung servierten die Lokalmatadoren zum Matchgewinn. Die Titelverteidiger standen also vor dem Aus. Die an Position 8 gesetzten Favoriten mobilisierten jedoch noch einmal alle Kräfte, kamen nach dem Seitenwechsel hochmotiviert zurück auf den Sandplatz, um tatsächlich erfolgreich "zurückzuschlagen": Hoang und Bonzi erspielten sich zwar über 30:30 gleich drei Matchbälle, doch KK und AM blieben cool. In Champions-Manier wehrten sie alle drei K.o.-Bälle ab und nutzten selbst ihren ersten Breakball zum 5:5-Ausgleich. Plötzlich war wieder alles offen in diesem Dritt-Runden-Krimi. Nach zwei gewonnen Aufschlagspielen ging es in den Tiebreak. Und da hatten die Favoriten endgültig das bessere Händchen, denn bei einer knappen 6:5-Führung nutzten sie gleich ihren ersten Matchball und fielen sich erleichtert um die Arme. Sie rissen ein bereits verloren geglaubtes Spiel noch aus dem Feuer. Der 6:4, 1:6 und 7:6-Sieg war glücklich (104 zu 110 Ballwechsel), doch das war den beiden Deutschen in diesem Glücksmoment völlig egal. Hauptsache ihr großer Traum vom zweiten "Paris-Wunder" lebt weiter.