Druckartikel: Kräfte bündeln, sich auf Stärken konzentrieren

Kräfte bündeln, sich auf Stärken konzentrieren


Autor: Martin Koch

Coburg, Sonntag, 04. März 2018

Weniger Gemeindeglieder, weniger Geld, weniger Pfarrer: Die evangelischen Kirchengemeinden denken über ihre Zukunft nach.
Bildtext:Pfarrerin Sabine Hirschmann, Studieninspektorin beim Predigerseminar Nürnberg (rechts), erklärte den Mitgliedern der Coburger Dekanatssyynode den Reformprozess "Profil und Konzentration. Von links: Dekan Andreas Kleefeld, die ehemalige Präsidentin der Landessynode, Heidi Schülke und Dekan Stefan Kirchberger. Foto: Martin Koch


Der Arbeitstitel "Profil und Konzentration", unter dem sich die Synode des evangelischen Dekanatsbezirks Coburg am Samstag zu ihrer Frühjahrstagung im ehemaligen Kloster Mönchröden versammelt hatte, klingt erst einmal recht abstrakt. Unter diesen beiden Schlagworten verbirgt sich aber ein tiefgreifender Reformprozess, mit dem sich die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern für die nächsten Jahrzehnte fit machen will. Die bayerische Landeskirche muss sich mit drei weniger erfreulichen Entwicklungstendenzen auseinandersetzen. Die Mitgliederzahlen gehen zurück, in der Konsequenz auch die Finanzausstattung, und der geistliche Nachwuchs wird weniger. "In den nächsten 15 Jahren wird bei uns die Zahl der Pfarrer um bis zu 25 Prozent sinken; ähnlich ist es bei unseren Religionslehrern und Kirchenmusikern", prognostizierte Kirchenrat Thomas Prieto-Peral, Planungsreferent im Landeskirchenamt in München. "Wir können also nicht mehr alles machen und müssen uns auf das konzentrieren, was uns wichtig ist und wozu Kirche heute besonders gebraucht wird."

Trotz der eher mauen Zukunftsaussichten verfielen die Vertreter der rund 50 Kirchengemeinden des Dekanats Coburg am Samstag nicht in Depression. Sie wollen die Herausforderungen der Zukunft kreativ annehmen. Die Kirchengemeinden als identitätsstiftender Ausdruck von Kirche vor Ort sollen auf jeden Fall erhalten bleiben. Aber es müsse ja nicht jede überall alles machen. Da können die Gemeinden schon enger zusammenrücken und Synergien, etwa beim Personaleinsatz erschließen.

In Kleingruppen wurden dafür Ideen entwickelt: Zeitversetzte Gottesdienstzeiten könnten die Arbeitszeiten von Pfarrern und Kirchenmusikern bündeln. Jede Gemeinde könnte sich auf ihre Schwerpunkte konzentrieren. Kirchenrat Priol-Peral nannte das Beispiel einer Kirchengemeinde, die mit viel Energie und wenig Erfolg über Jahre hinweg versucht habe, eine Jugendarbeit aufzubauen. Eine Sozialdatenanalyse habe dann offenbart, dass es in diesem Gemeindegebiet nur wenige Jugendliche gegeben habe. "Jetzt wird das nicht mehr gemacht, und Energie ist frei für die Seelsorge an den zahlreichen Senioren am Ort."

An Orten mit mehreren Kirchengemeinden, zum Beispiel in Coburg selber, könnte ein zentrales Pfarramtsbüro die Verwaltungsaufgaben bündeln. Ein Nebeneffekt wäre die bessere Erreichbarkeit, der Frust durch die Verwendung eines Anrufbeantworters würde vermieden.

"Kirche befindet sich im Reformstress", stellte Dekan Stefan Kirchberger fest. Diesen Reformstress habe es aber eigentlich schon immer gegeben. Die Lebensgeschichten der Menschen seien individueller und unkirchlicher geworden. "Dem Zeugnis von der Liebe des menschgewordenen Gottes sollte sich die Kirche unterordnen", sagte Dekan Andreas Kleefeld. "Unsere Kirchengemeinden sind kein Selbstzweck!"

Eine wichtige Rolle gestand Monika Biederer vom Kirchenvorstand der Johanneskirchengemeinde in den Coburger Stadtteilen Hut und Wüstenahorn den elektronischen Medien zu. Darüber könne man die junge Generation erreichen. Allgemein wurde aber in der Debatte festgestellt, dass die Erreichbarkeit der Kirche über soziale Netzwerke und andere elektronische Medien auf jeden Fall noch ausgebaut werden müsse. Eine andere Erkenntnis ist, dass die Anzahl der Gottesdienstteilnehmer über Funk und Fernsehen mittlerweile fast so hoch sei wie die Zahl der Gottesdienstbesucher/innen direkt im Gotteshaus.