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Kräfte bündeln für Behinderte im Raum Coburg


Autor: Simone Bastian

Coburg, Donnerstag, 21. Sept. 2017

Der Verein Hilfe für das behinderte Kind und das Diakonische Werk Coburg wollen ihre Angebote unter einem gemeinsamen Dach zusammenführen.
Die Schule für Körperbehinderte wird jetzt schon von einer gemeinnützigen GmbH betrieben. Gesellschafter der gGmbH ist der Verein Hilfe für das behinderte Kind. Er will gemeinsam mit dem Diakonischen Werk eine neue Dachgesellschaft für alle Einrichtungen der beiden Organisationen gründen. Foto: Jochen Berger


Die einen betreuen behinderte Kinder und Jugendliche von null bis 18 Jahren, die anderen Erwachsene mit Behinderung bis in Alter. So lautete bislang die Arbeitsteilung zwischen dem Verein Hilfe für das behinderte Kind und dem Diakonischen Werk Coburg. Ab nächstem Jahr wollen die beiden Vereine ihre Einrichtungen unter einer gemeinsamen Muttergesellschaft betreiben: Es soll eine gemeinsame gemeinnützige GmbH (gGmbH) gegründet werden für Verwaltungsaufgaben und Beratungsdienste; die schon bestehenden gGmbHs von Diakonischem Werk und dem Verein werden an diese neue gemeinnützige Holding übertragen.
Für die Mitarbeiter ändere sich dadurch nichts, versichern Ulrich Eberhardt-Schramm, Vorsitzender des Vereins Hilfe für das behinderte Kind, und Franz K. Schön, Geschäftsführer des Diakonischen Werks. Denn schon bisher gehörte der Verein (wie auch die Coburger Diakonie) dem Diakonischen Werk der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern an. Für alle Mitglieder des bayerischen Dachverbands gelten die gleichen Tarif- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen. "Die Mitarbeiter behalten ihren Tarif und ihre Betriebszugehörigkeitszeiten", betonte Eberhardt-Schramm am Donnerstag bei einem Pressegespräch.
Im November sollen die Mitgliederversammlungen vom Verein Hilfe für das behinderte Kind und dem Diakonischen Werk den Plänen für die Zusammenarbeit zustimmen. Mitglieder und Mitarbeiter des Vereins Hilfe für das behinderte Kind wurden am Mittwochabend über das Vorhaben informiert. Für die Mitarbeiter, die jetzt schon bei einer der gGmbHs von Diakonischem Werk Coburg oder dem Verein Hilfe für das behinderte Kind beschäftigt sind, ändere sich durch die geplante Kooperation gar nichts, sagten Eberhardt-Schramm und Schön. Diejenigen, die beim Diakonischen Werk oder dem Verein direkt angestellt sind, sollen zur geplanten Holding wechseln, die aber in alle bestehenden Arbeitsverträge eintritt. Davon sind beim Verein Hilfe für das behinderte Kind rund 90 Mitarbeiter betroffen, beim Diakonischen Werk knapp 200.
Die Immobilien verbleiben im Eigentum der jeweiligen Organisationen, die auch weiterhin bestehen werden. Eberhardt-Schramm: "Wir bleiben als Eltern- und Selbsthilfeverein erhalten". Natürlich versprechen sich das Diakonische Werk Coburg und der Verein Hilfe für das behinderte Kind von ihrer Kooperation Synergie- und Rationalisierungseffekte. Einen Stellenabbau werde es aber nur geben, wenn Mitarbeiter altersbedingt ausscheiden, versicherten Ulrich Eberhardt-Schramm und Franz K. Schön. Entlassen werde infolge der Kooperation niemand. Man werde stattdessen vom beiderseits vorhandenen Know-how profitieren und könne die bestehenden Angebote bei Beratung, Betreuung, Pflege besser miteinander verzahnen.
Karolin Netschiporenko verspricht sich einen weiteren Effekt: Sie managt nicht nur die Bauprojekte des Vereins, sondern kümmert sich auch um den Gebäudeunterhalt und alle dabei anfallenden Probleme. "Ich bin froh, wenn ich das mal von der Backe hab'!" Beim Diakonischen Werk gibt es eine Abteilung Facility-Management.


32 Millionen Euro in 15 Jahren investiert


Finanzielle Überlegungen spielen bei geplanten Kooperation von Diakonie und Verein auch eine Rolle. Der Verein Hilfe für das behinderte Kind müsse zum Beispiel dringend in seine EDV investieren, sagte Geschäftsführerin Karolin Netschiporenko. Wenn der Verein sich da nur an das vorhandene System der Diakonie anschließen müsse, käme das natürlich billiger.
Der Verein Hilfe für das behinderte Kind habe in den vergangenen 15 Jahren rund 32 Millionen Euro investiert, davon 2,9 Millionen Euro aus eigenen Mitteln, erläuterte die Geschäftsführerin. Diese Rücklagen seien nun aufgezehrt, sagte Vereinsvorsitzender Ulrich Eberhardt-Schramm.
Unter anderem baute der Verein seine Schule für Körperbehinderte mit heilpädagogischer Tagesstätte auf der Bertelsdorfer Höhe und einen integrativen Kindergarten. Im letzten Bauabschnitt entsteht ein Internat für schwerst Körperbehinderte mit 32 Plätzen.
Derzeit sind die Internatsschüler noch im ehemaligen DSZ an der Leopoldstraße untergebracht; weil dort aber inzwischen aus- und umgebaut ist, finden sich kaum noch neue Schüler, die dort einziehen, berichtete Eberhardt-Schramm. Auch deshalb brenne der Neubau auf den Nägeln - aber angesichts der Lage auf dem Baumarkt sei es schwer, Anbieter zu finden, sagte er.