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Kochduell: Raffiniert gegen bodenständig


Autor: Simone Bastian

Coburg, Freitag, 19. Juni 2015

Ein Intendant muss ansprechendes Theater machen. Kein Wunder, dass Bodo Busse auch beim Essen auf die richtige Inszenierung samt Garniture auf dem Teller achtet. Christel Fehn-Maisel aus Kleintettau gibt sich da schlichter, doch auch aus ihren Rezepten spricht Raffinesse.
Entspanntes Miteinander beim gegeneinander kochen (von links): Landestheater-Intendant Bodo Busse und Kapellmeister Roland Fister waren die eine Partei, Christel Fehn-Maisel aus Kleintettau die andere. Ihre Aufgabe: Aus Gurken, Zucchini, Kartoffeln, Schweinelendchen und anderen Zutaten ein Drei-Gänge-Menü zubereiten. Fotos: Barbara Herbst


"Kochduell" war der Abschluss der kulinarischen Wochen im Tageblatt überschrieben. Doch von Duell- oder gar Kampfatmosphäre war am Mittwoch in der Schulze-Küchenarena in Rödental wenig zu spüren. Workshop, Happening, Impro-Theater - das alles würde besser passen. Nicht nur, weil der Intendant des Landestheaters, Bodo Busse, mit Kapellmeister Roland Fister an dem einen Herd stand. Als Gegenspielerin (und -Gewicht) war Christel Fehn-Maisel aus Kleintettau angetreten.

Dass beide Parteien einen unterschiedlichen Stil beim Kochen pflegen, war schon nach den ersten Minuten klar. Während die Herren noch mit Unterstützung von Timofei Tcherntchenko, dem Leiter der Lehrküche in der Küchenarena, nach dem richtigen Werkzeug fahndeten, schälte Christel Fehn-Maisel bereits Kartoffeln. Routiniert, schnell und mit dem eigenen Gemüseschäler. Den hatte sie mitgebracht, genauso wie ihre Messer und einen Wetzstahl. Sicher ist sicher. Die gelernte Hotelfachfrau stand schon in der Wirtshausküche, "auch, wenn ich es nicht gelernt habe". Aber wer bei der Tante lernt, für eine Gaststätte im Frankenwald zu kochen, den werfen weder fehlende Stärke (für die Klöße) noch zu wenig Quark für die Nachspeise aus der Bahn.

Zweimal Gurkensüppchen
Die Duellanten hatten vorher eine Liste erhalten, welche Lebensmittel ihnen zur Verfügung stehen würden. Da fehlte fast nichts - "nur der Dill", wie Christel Fehn-Maisel beim Anrichten ihres kalten Gurkensüppchens seufzte. Ein solches kreierten auch die Herren, allerdings mit Aromen wie Zitrone und Basilikum, während Fehn-Maisel Schnittlauch und Schalotten verwendete. Und weil Inszenierung auch beim Kochen dazu gehört, dekorierten die Herren ihre Suppen mit Olivenöl und Basilikumblättchen. Dafür musste die dreiköpfige Jurydann Schulnoten vergeben.

Die Tätigkeit der drei Juroren Renate Reißenweber, Klaus Eichler und Maximilian Mahlo beschränkte sich nicht aufs Verkosten. Christel Fehn-Maisel, die ohne Partner zum Duell gekommen war, spannte jeden ein, der sich nicht wehrte: Tageblatt-Redaktionsleiter Oliver Schmidt rührte die "Bröckela" für die Klöße, Renate Reißenweber putzte für beide Parteien die Erdbeeren für den Nachtisch, und Maximilian Mahlo unterstützte die Herren bei der Suche nach Fleur de Sel. Bei Christel Fehn-Maisel stand es nicht. "Brauch mer net - was issn des?" fragte sie unverblümt und strich Senf auf die aufgeklappten Schweinelendchen.
 


Die Siegerrezepte finden Sie hier!

Klöße, gefüllte Lendchen mit Soße und Salat brachte die Kleintettauerin als Hauptgang auf den Tisch. Bodo Busse und Roland Fister kredenzten rosa gebratene Schweinelende mit Zucchini-Kartoffelpuffern und Stangenspargel auf Zwiebel-Vanillebett. "Super!", lobte Christel Fehn-Maisel und naschte die Pufferreste vom Schneidbrett, "tolle Soße!", entfuhr es Bodo Busse, und er fasste noch mal nach, nachdem er aus dem Topf stibitzt hatte.

Der gesamte Nachmittag verlief so harmonisch. Nur zwischendurch wurde die Atmosphäre kurz mal etwas hitziger, als auf allen Platten Töpfe und Pfannen dampften und nichts anbrennen durfte. "Das ist dieser Spargel, der macht aggressiv", stöhnte Fister, der die Stangen schälte. "Dritte-Wahl-Spargel", kommentierte Fehn-Maisel knapp. Minuspunkt für die Organisatoren!

Warum nicht auch Theater?
Wolfgang Schulze, der Inhaber und Chef der Küchenarena, gesellte sich spontan dazu und trug mit fruchtigem Prosecco und Weißwein vom Gardasee zum Geschmackserlebnis der Jury bei. Die durfte sich durch zwei Hauptgänge und anschließend zwei Nachspeisen mühen. Bei Christel Fehn-Maisel klang es wieder einfach: Sie reichte Erdbeeren mit Quarkschaum. Das Raffinierte daran: Der Quark wurde dank Mineralwasser so cremig, Sahne war da nicht im Spiel. Anders bei Busse und Fister, die ihre Erdbeeren mitsüßer Pesto und geeistem Topfenschaum servierten, und das ganz ohne Eismaschine!

Am Ende hatten die Herren tatsächlich um 0,3 Punkte die Nase vorn. Ihr Preis: Wahlweise ein Kurs mit Fernsehkoch Steffen Henssler oder 500 Euro spenden im Namen von "Franken helfen Franken", der Benefizaktion der Mediengruppe Oberfranken. Busse und Fister entschieden sich spontan für Letzeres - "was wollen wir mit Steffen Henssler?"

Stattdessen wurde in gesellig-gesättigter Runde sinniert, was aus diesem Kochduell-Nachmittag bei Schulze noch erwachsen könnte. Vielleicht Vorstellungen des Landestheaters dorthin verlegen? Wolfgang Schulze zeigte sich offen, und wenn das Landestheater saniert wird, braucht es ohnehin Ausweichspielstätten. Warum nicht auch ein Möbelhaus? Bodo Busse dachte schon mal laut über eine Lesung nach - "und die Christel kocht!"