Koch-Insolvenz: Alte Pflichten wirken nach
Autor: Simone Bastian
Coburg, Mittwoch, 05. November 2014
Angeblich haben Gläubiger der alten Hermann Koch GmbH ein Konto der neuen Hermann Koch Europe GmbH sperren lassen - das führte zur Zahlungsunfähigkeit.
Eins scheint klar zu sein: An der Produktion bei der Hermann Koch Europe GmbH liegt es nicht, dass das Unternehmen nun Insolvenz angemeldet hat. Darüber informierte Insolvenzverwalter Klaus-Christof Ehrlicher am späten Dienstagnachmittag per Pressemitteilung. Seit Dienstag versucht er, sich einen Überblick zu verschaffen und wolle deshalb noch keine näheren Auskünfte geben, sagte er am Mittwoch.
Gestern, am Mittwoch, wurden die Beschäftigten in Creidlitz und Straufhain in zwei Betriebsversammlungen über den Stand der Dinge informiert. Vor allem sollte aufgezeigt werden, dass an eine Fortführung des Betriebs gedacht sei, betont Insolvenzverwalter Klaus-Christof Ehrlicher.
Die Mitarbeiter erhalten nun Insolvenzgeld in der Höhe ihres bisherigen Nettoentgelts.
Was aber ist der Grund, dass die Hermann Koch Europe plötzlich Insolvenz anmelden musste? Ehrlicher selbst spricht von "nicht vorhersehbaren, gravierenden Entwicklungen außerhalb des operativen Geschäfts" als Ursache für den Insolvenzantrag.
"Das Herz ist gesund"
Das heißt: Am laufenden Geschäft liegt es nicht. "Das Herz des Unternehmens ist gesund", sagt auch Seppel Kraus, der für die Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie (IG BCE) das Creidlitzer Unternehmen betreut. "Die Hermann Koch Europe hat vernünftige Produkte, Kunden, Qualität, Beschäftigte, Aufträge - das passt alles."
An den Gesellschaftern, so ist aus dem Umfeld des Unternehmens zu hören, liege es auch nicht. Thiemo Hagedorn hat das Unternehmen im August 2013 übernommen; als übernehmende Gesellschaft trat damals die der Velox GmbH & Co KG aus München auf. Im März 2014 gründete Hagedorn die Hermann Koch Europe GmbH, die zunächst nur den Vertrieb übernahm.
Im Juli verschmolz Hagedorn die bis dahin bestehenden GmbHs Hermann Koch und Kunststofftechnik Straufhain mit der Hermann Koch Europe. Außerdem wurde ein neuer Minderheitsgesellschafter bei der Hermann Koch Europe aufgenommen: Der Unternehmer Roland Lacher, der über ein Management-Buy-Out 1995 die Firma Singulus Technologies mitbegründet und später an die Börse gebracht hatte. Liquiditätsprobleme bei einem der Gesellschafter oder ein Gesellschafter-Ausstieg könnten sich auf das Unternehmen auswirken. Doch auch das ist, so ist zu hören, nicht die Ursache.
Bleiben als mögliche Ursache Altlasten. Schließlich stand das Unternehmen Hermann Koch seit 2008 immer wieder am Rand des Abgrunds - zuletzt im Sommer 2013, als Hagedorn übernahm. Inzwischen ist das Unternehmen neu strukturiert: Der gesamte Betrieb der beiden bisherigen GmbHs in Creidlitz und Straufhain ging auf die Hermann Koch Europe GmbH über. Der alten Hermann Koch GmbH gehört, so heißt es, ein Teil der Immobilien, in denen sich die Firma befindet, doch am operativen Geschäft ist sie nicht mehr beteiligt. Aber es bestehen, so sagen Insider, Ansprüche gegen die alte Gesellschaft.
Die Rede ist von Pensionsansprüchen früherer Geschäftsführer. Die alte GmbH habe diese Ansprüche nicht bedienen können und sei deshalb vor einigen Wochen in Insolvenz gegangen, heißt es weiter.
Kein Geld für laufende Geschäfte
Aber offenbar ist es den Gläubigern der alten Hermann Koch GmbH gelungen, zur Sicherung ihrer Ansprüche ein Konto der Hermann Koch Europe GmbH gerichtlich sperren zu lassen. So war es gestern nach den Betriebsversammlungen zu hören. Ob die Ansprüche berechtigt sind, sei damit noch nicht entschieden, sagen Kenner der Materie. Das sei alles rechtlich höchst kompliziert. Und bis die Dinge geklärt sind, fehle der Hermann Koch Europe das Geld für ihre laufenden Geschäfte.