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Klänge des Abschieds in der Coburger Reithalle


Autor: Jochen Berger

Coburg, Montag, 15. Mai 2017

Wie Gabriela Künzler und Antonio Grimaldi die Zeit des Fin de Siècle mit einem Liederabend in Coburg lebendig werden lassen.
"Herzlich lieben, mutig hassen" lautete das Motto eines Liederabends mit Gabriela Künzler und Antonio Grimaldi in der Coburger Reithalle. Foto: Jochen Berger


Draußen vor der Reithalle zwitschern Vögel in schwerelosen Girlanden ihr Abendlied. Sie singen ohne Text und ohne Noten ihre Lieder, ahnen nichts von Glück und Leid der Kunst. Rau krächzen Raben dazwischen, während langsam das Abendrot auf den Coburger Schlossplatz zwischen Ehrenburg und Landestheater herab sinkt.


Abendrot auch drinnen im Theater in der Reithalle, musikalisches Abendrot einer versinkenden Epoche, die mit dem Grauen des Ersten Weltkriegs blutig und unwiderruflich zu Ende ging.


Von Zemlinsky bis Mahler

"Herzlich lieben, mutig hassen" hat die Mezzosopranistin Gabriela Künzler, ein Gedicht Joseph von Eichendorffs zitierend, als Motto ihres Liederabends gewählt, den sie gemeinsam mit dem Pianisten Antonio Grimaldi gestaltet. Klänge aus der Zeit des Fin de Siècle" bietet die bedachtsam zusammengestellte Vortragsfolge.


Alexander von Zemlinsky, Erich Wolfgang Korngold, Richard Strauss, Othmar Schoeck und Gustav Mahler - der Bogen ist weit gespannt. Als Opernsängerin ist Gabriela Künzler eine Künstlerin mit ausgeprägtem Gespür für effektvoll platzierte Akzente, für große Gesten und plastisch gezeichnete Charaktere. Auch als Liedinterpretin beweist sie ihr Faible für szenische Wirkung, für anschaulich charakterisierte Stimmungen und Situationen.


"Das verlassene Mädchen"

Bei ihren detailreichen Lieddeutungen, die stets einfühlsam textbezogen wirken, kann sie sich jederzeit auf die Fähigkeit ihres Klavierpartners Antonio Grimaldi verlassen, den instrumentalen Part dynamisch sensibel an die Singstimme anzupassen und zugleich farbenreich differenziert zu musizieren. Besonders gut liegen Gabriela Künzler jene Lieder, die kleine Szenen erzählen wie beispielsweise Zemlinskys Vertonung "Das verlassene Mädchen".


"Das irdische Leben"

Aber auch lyrische Töne stehen ihr zur Verfügung wie in Korngolds melodisch süß lockenden "Schneeglöckchen" oder in Gustav Mahlers "Das irdische Leben".



Als Dank für den ausdauernden Beifall des Publikums gibt es als Zugabe schließlich noch Gustav Mahlers "Wer hat denn dies Liedlein erdacht".



Aus dem Leben zweier Künstler

Gabriela Künzler studierte Geige in Winterthur und Gesang an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Als Sängerin war sie schon an den Theatern in Bielefeld, Krefeld, Münster, Wiesbaden, Düsseldorf, Halle und Frankfurt zu hören. Am Landestheater Coburg ist sie seit fünf Spielzeiten fest im Musiktheaterensemble engagiert ist. Die Bandbreite ihres Könnens reicht von der Herodias in Richard Strauss" "Salome" bis hin zur Norma Desmond in Andrew Lloyd Webbers "Sunset Boulevard"; mit eigenen Produktionen im Chanson- und Musicalbereich eroberte sie auch die Kleinkunstbühnen.

Antonio Grimaldi gastierte mit Solo- und Liederabenden in Luzern ebenso wie in Wiesbaden, Dortmund, Leipzig und Basel. Im Jahr 2010 gründete er mit dem Klarinettisten Edgar Eichstädter und dem Bratschisten Andreas Hilf das "Coburger Kammertrio", das bereits zahlreiche Konzerte gestaltet hat. Als Solist, Kammermusikpartner und Liedbegleiter hat sich Antonio Grimaldi im Laufe seiner Konzerttätigkeit in der Schweiz, Frankreich und Deutschland ein breites Repertoire erarbeitet.