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Kinder-Bedürfnisse haben Vorrang in der Weitramsdorfer Kita


Autor: Christian Göller

Weitramsdorf, Freitag, 17. Juli 2020

Kindergartenleiterin Karin Döll spricht über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus vier Jahrzehnten Kinderbetreuung.
Das Verständnis für die Bedürfnisse  kleiner Kinder hat sich gewandelt. Erzieherin Karin Döll erlebt  seit vier Jahrzehnten  diese Veränderungen an ihrem Arbeitsplatz in der  Kita in Weitramsdorf.dpa


Karin Döll, (62), Leiterin der Kita Villa Kunterbunt in Weitramsdorf, ist seit 40 Jahren Erzieherin. Aus diesem Anlass sprach sie mit unserer Zeitung.

Sie erleben in diesen Tagen Ihr 40. Arbeitsjubiläum, welche Gefühle weckt das bei Ihnen?

Karin Döll: Das sind ganz unterschiedliche Gefühle. Gefühlsmäßig bin ich sehr dankbar für diese gute und wunderbare Zeit. Auf der einen Seite denke ich, das war ja gar nicht so lange, wenn ich aber alles so Revue passieren lasse, dann taucht der eine oder andere Gedanke dazu auf.

Ich bin sehr dankbar, dass ich so lange in diesem Beruf arbeiten kann, der mir so viel Freude macht. Den ich auch damals zu Beginn sehr bewusst gewählt habe. Ich würde das jederzeit wieder tun, weil es ein toller Beruf ist, mit vielen Herausforderungen und Anforderungen, die er mit sich bringt!

Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag in Weitramsdorf?

Ich weiß es noch ganz genau, ich war ja noch sehr jung und bin von meinen damaligen Kolleginnen sehr herzlich aufgenommen worden. Ich habe mich auf die neue Kita (damals in der Bergstraße) gefreut und habe mich von Anfang an in Weitramdorf wohl gefühlt.

Ihr berufliches Wirken ist ja in Weitramsdorf gleich mit drei Gebäuden verknüpft.

Meine erste Kita war in der Bergstraße und war eine zweigruppige Einrichtung. Damals gingen die Kinder erst mit drei oder vier Jahren in den Kindergarten oder gar erst im letzten Jahr vor der Schule, das waren einfach andere Zeiten. Aber dort ist der Kindergarten schon bald aus allen Nähten geplatzt und dann kam die Überlegung zu erweitern. 1992 wurde dann der Kindergarten am Weinberg eröffnet, mit damals drei Gruppen.

Wobei war das Kindergartenleben in Weitramsdorf in den 80er und 90er Jahren anders als heute?

Es war damals alles ganz anders. Der pädagogische Zeitgeist war, dass wir als Erwachsene den Kindern noch vieles vorgaben. Es gab noch die großen Möbelfirmen am Ort, und die Öffnungszeiten der Kitas richteten sich nach den Arbeitszeiten der dortigen Arbeiter und Angestellten. Damals waren auch nicht so viele Frauen berufstätig wie heute.

Ich erinnere mich auch daran, dass die Feste ganz anders gefeiert wurden. Es gab große Kinderfeste auf dem Greinberg oder im Albrechtsaal, da war das ganze Dorf auf den Beinen und hat mitgeholfen.

Es gab auch noch viel Landwirtschaft in Weitramsdorf, da sind wir mit den Kindern auf dem Traktoranhänger auf den Greinberg gefahren. Das wäre heute aus sicherheitstechnischen Gründen undenkbar.

Welche Erinnerungen verknüpfen Sie mit dem ersten Kindergarten am Weinberg?

Das war erst einmal spannend. Erst einmal hat der Träger gewechselt. Die kommunale Trägerschaft wurde in die der evangelischen Kirchengemeinde übergeführt. Gut war auch, dass wir diese Kita mitgestalten konnten und immer sehr eng mit dem Kirchenvorstand, dem Architekten Karl-Heinz Glodschei und der Kommune zusammengearbeitet haben. Es ist eine Kita entstanden, die zum damaligen Zeitpunkt sehr bedürfnisgerecht war und für die Kinder und eine gute Kitaarbeit gebaut wurde.

Wichtig war und ist natürlich, dass ich immer ein gutes Team um mich hatte und vor allem immer noch habe, so dass gute Arbeit gemacht werden kann. Das neue Gebäude war auch nach kürzester Zeit seines Bestehens schon wieder zu klein, so dass eine Notgruppe im Bewegungsraum und kurz danach ein Krippenanbau hinzugefügt werden mussten.

Kommen wir zum dritten Kindergartengebäude ...

Der Start der Planungen und der Zusammenarbeit war wunderbar, wir hatte einen runden Tisch sowohl mit dem Architekturbüro ArchiViva, mit dem damaligen Bürgermeister Christian Gunsenheimer, dem Kirchenvorstand und dem Pfarrer. Und es ist ein wunderbares, sehr helles und einladendes Gebäude entstanden, in dem die Umsetzung eines modernen pädagogischen Konzeptes für die Kinder erlebbar ist.

Das hat aus der zunehmenden Kinderzahl in Weitramsdorf resultiert. Dies zeigt, wie attraktiv die Gemeinde Weitramsdorf als Wohngemeinde immer schon war und ist. Es gab immer wieder Stimmen, dass die Kinderzahlen doch auch wieder zurückgehen könnten, aber ich habe in meiner Zeit in Weitramsdorf noch keine rückläufigen Kinderzahlen erlebt.

Das setzt sich bis heute fort. Und deshalb steht auch eine erneute Erweiterung der Kita in Aussicht.

Wie hat sich Ihr Beruf im Laufe der Jahre verändert?

Die ganze Pädagogik hat sich natürlich weiterentwickelt, orientiert an den Bedürfnissen der Kinder und der Eltern. Mein Team und ich, wir haben uns immer an zeitgemäßer Pädagogik ausgerichtet, deshalb hat sich auch unser Konzept im Lauf der Zeit immer wieder dem Zeitgeist angepasst; angefangen mit der ersten Kita, wo wir noch Wochenpläne geschrieben haben. Später hat sich im zweiten Kindergartengebäude herauskristallisiert, wie gut es den Kindern tut, situationsorientiert und Gruppen übergreifend zu arbeiten. Wir begannen mit Projektarbeit.

In den Neubau floss dies alles mit ein, so dass dort im Offenen Konzept die Kinder ihren Interessen nachgehen können. Wir leben hier ein vielfältiges Kindergartenleben, im Sinne von Inklusion, Partizipation und einem wertschätzenden Miteinander in unserer Villa Kunterbunt.

Was würden Sie jungen Erzieherinnen und Erziehern, die sich jetzt für diesen Beruf entscheiden, mit auf den Weg geben?

Für mich ist dieser Beruf eine gute Kombination aus fachlicher Kompetenz und großem emotionalen Engagement. Dabei haben die Bedürfnisse der Kinder absoluten Vorrang. In ihm ist eine gesunde Balance aus Erfahrung und Empathie wichtig.

Weiter bedeutet es, wie auch in anderen Berufen, dass man in ihm nicht stehenbleiben darf. Man muss bereit sein, sich ständig weiterzubilden und im Team im Austausch zu sein.

Und ich würde ihnen empfehlen, achtsam mit sich und anderen zu sein, der persönlichen Intuition zu folgen und auch einfach einmal Nein zu sagen.

Die Fragen stellte

Christian Göller