Insolvenz der Schwesternschaft Coburg: Keine Schwestern, kein Geld
Autor: Simone Bastian
Coburg, Mittwoch, 01. Februar 2017
Was zur Insolvenz der Schwesternschaft Coburg im Bayerischen Roten Kreuz führte, bleibt unklar. Es gibt nur Schuldzuweisungen.
Die guten Nachrichten: Die Betreuung und Pflege der rund 100 Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenwohnzentrums Am Schießstand sei gesichert. Dies teilte gestern die von der Schwesternschaft (SW Coburg) beauftragte Presseagentur aus Köln mit. Auch in den Ausbildungseinrichtungen der SW Coburg soll der Unterricht uneingeschränkt weitergehen. Die Schwesternschaft betreibt in Coburg eine Berufsfachschule für Altenpflege und ist gleichzeitig der Betriebsträger für die Krankenpflegeschule des Coburger Klinikums.
Krankenpfleger konnten wechseln
Und: Die meisten der Beschäftigten, die als Pfleger und Pflegerinnen im Coburger Klinikum Dienst tun, haben weiterhin einen sicheren Arbeitsplatz. Das Klinikum hat ihnen schon im November 2016 angeboten, sie ab 1. Januar direkt im Klinikum anzustellen. Bislang waren die Mitglieder der Schwesternschaft über einen Gestellungsvertrag ans Klinikum quasi ausgeliehen. "Das Geschäftsmodell der Schwesternschaft basierte darauf, dass sie an ihre Schwestern weniger bezahlten, als sie vom Klinikum durch den Gestellungsvertrag bekamen." So beschreibt es Joachim Bovelet, Hauptgeschäftsführer des kommunalen Klinikkonzerns Regiomed, zu dem das Klinikum Coburg gehört.
Noch kein Januar-Gehalt
Nun wird dem Klinikum vorgeworfen, die Liquiditätsprobleme der Schwesternschaft mit verursacht zu haben - eben weil von einem Monat zum nächsten rund 500 der insgesamt 840 Schwesternschafts-Mitglieder direkt im Klinikum anheuerten. Denn für diese 500 Kräfte bekam die Schwesternschaft nun kein Geld mehr. Lediglich etwa 40 Pflegekräfte, die im Klinikum beschäftigt sind, sind noch über die Schwesternschaft dorthin abgeordnet. Auch für diese Pflegekräfte gelte das Angebot, zum Klinikum zu wechseln, sagen sowohl Geschäftsführer Bovelet als auch der Betriebsratsvorsitzende im Klinikum, Martin Lücke. Es werde sogar nach Möglichkeiten gesucht, die Gehälter der Noch-Mitglieder der Schwesternschaft und der rund 200 Krankenpflegeschüler zu zahlen, bekräftigt Bovelet. Denn die hätten ihr Januar-Gehalt noch nicht bekommen, obwohl Regiomed das Geld vertragsgemäß zu Monatsbeginn überwiesen habe.
Nicht nur deshalb wehrt sich Bovelet vehement gegen die Behauptung, das Klinikum habe die Mitarbeiter abgeworben und damit die Schwesternschaft in Schwierigkeiten gebracht. Das Gegenteil sei richtig, betont er: Monatelang seien Gespräche geführt worden mit dem Ziel, der Schwesternschaft zu helfen. Eine "vernünftige Lösung" sei aber nicht zustande gekommen, weil "eine Liquiditätsberechnung vorgelegt wurde, die nicht mehr nachvollziehbar war", sagt Bovelet, ohne ins Detail zu gehen. Regiomed als kommunaler Krankenhausträger dürfe sein Geld "nur dann abgeben, wenn wir auch Sicherheiten haben".
Kein Kredit
In der Mitteilung der Schwesternschaft heißt es, sie habe "mit verschiedenen Beteiligten" über einen Überbrückungskredit verhandelt. Dass es die Hoffnung gegeben habe, das Klinikum werde aushelfen, wird aus Rotkreuzkreisen bestätigt.Regiomed hatte zum 1. September 2016 das nahe am Klinikum gelegene Mila-Gottfriedsen-Haus übernommen und betreibt das Seniorenheim mit rund 45 Bewohnern und Tagespflegeeinrichtung weiter. Ehemalige Angestellte der Schwesternschaft wollen wissen, dass die Schwesternschaft auch gern das Seniorenwohnheim am Schießstand abgegeben hätte. Doch dazu sei es nicht gekommen. Für Aufsehen sorgte vor drei Wochen, dass das Stammhaus in Coburg, das Marienhaus, auf dem Immobilienmarkt angeboten wurde. Dabei habe es sich um eine "Marktsondierung" gehandelt, hieß es damals. Immerhin hieß es in der Anzeige, dass das Haus zum Preis von 197 000 Euro im Jahr zu vermieten sei.