Kam es in Coburg zu sexuellem Missbrauch auf einer Massageliege?
Autor: Katja Nauer
Coburg, Mittwoch, 06. Juli 2016
Ein 63-jähriger Masseur soll fünf Frauen, die sich bei ihm in Behandlung befanden, sexuell missbraucht haben. Eine Betroffene wurde am Mittwoch befragt.
Er soll sein Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsverhältnis massiv missbraucht haben: Die Staatsanwaltschaft Coburg wirft einem 63-jährigen Masseur aus dem Landkreis sexuellen Missbrauch in fünf Fällen vor. Der Mann soll fünf Frauen, darunter ein 14-jähriges Mädchen, die bei ihm in Behandlung waren, teils an der Brust massiert, teils mit den Fingern penetriert und bei einer der Frauen auch versucht haben, den Geschlechtsverkehr zu vollziehen.
Der Angeklagte, der sich schwer auf einen Stock stützt und zurzeit in der Justizvollzugsanstalt in Bayreuth einsitzt, bestritt die Vorfälle. Er sei zu krank, um sich an Frauen auf die geschilderte Art und Weise zu vergehen, sagte er aus. Ein Sachverständiger bestätigte, dass der Mann an einer erheblichen Herzschwäche leide, bescheinigte ihm aber Verhandlungsfähigkeit.
Zu schwer für die Liege?
Außerdem sei die Massageliege nicht für ein Gewicht von zwei Personen gemacht, argumentierte der Therapeut. Sie halte lediglich 150 Kilogramm aus, er alleine wiege 129 Kilogramm.Laut seinem Anwalt habe der Mann im Jahr 2008 wegen eines ähnlichen Vergehens bereits eine vierjährige Haftstrafe verbüßt, was laut Angeklagtem seinen Kundinnen auch bekannt gewesen sei.
Die Frau, die dem Masseur bei dem letzten Behandlungstermin im September 2015 auch ihre 14-jährige Tochter vorgestellt hatte, sagte am Mittwoch als Zeugin vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichtes Coburg aus - und widersprach. Sie habe von seiner Verurteilung erst bei der Polizei erfahren, sagte sie. Den Therapeuten habe sie auf Empfehlung einer Nachbarin aufgesucht, weil sie unter extremen Rückenschmerzen leide. Die Patientin, die schon mehrmals bei dem 63-Jährigen in Behandlung war, betonte, er habe ihr mit seiner Therapie sehr geholfen.
Sie weiß noch, was der Masseur anhatte
Während der letzten Massage habe ihr der Mann allerdings die Unterhose heruntergezogen. "Ich wollte das zwar nicht", sagte sie aus, aber sie habe gedacht, dass das "halt dazu gehört". Irgendwann habe sich der 63-Jährige zu ihr auf die Liege gekniet, sie mit der Hand penetriert und schließlich versucht, den Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Die Frau erinnerte sich genau, was der Masseur angehabt hatte. Das leugnet der Angeklagte auch gar nicht. Die Patientin sei an dem Tag mit ihrer Tochter vorstellig geworden, sagte er aus, beide hätten jedoch keinen Termin gehabt. Deshalb habe er die Behandlungen in seiner Privatkleidung, nämlich in Hemd und kurzer Hose, durchgeführt. "Normalerweise trage ich eine lange, weiße Sporthose."
Der Termin sei sehr wohl vereinbart gewesen, erklärte dagegen die Patientin, die nach eigenen Worten erst verzögert auf die Übergriffe des Mannes reagiert habe. Erst als sie ihn fragte, was das solle, habe er von ihr abgelassen, schilderte sie.
Die "Dorn-Breuß"-Methode
Auch ihre Tochter, die unter Rückenschmerzen leide, sei von dem Masseur behandelt worden. Er habe das bis auf die Unterhose entkleidete Mädchen von Kopf bis Fuß abgetastet. "Scannen", nannte das der Angeklagte, der nach eigenen Angaben seine Ausbildung in Tibet erlernt habe und nach der "Dorn-Breuß"-Methode massiere. Zudem habe er ihr die Brust massiert, zuerst allein und dann mit Hilfe der Mutter, um diese anzuleiten."Ist Ihnen das nicht komisch vorgekommen?", wollte der Vorsitzende Richter am Landgericht Christoph Gillot wissen. "Nein", erklärt die Frau, "weil er mir damals so geholfen hat, dachte ich, er hilft ihr auch." Erst im Nachhinein, bei ihrer Aussage bei der Polizei, sei ihr das Geschehen negativ aufgefallen. Die Strafanzeige für die Tochter habe sie deshalb erst gestellt, als sie von dem vernehmenden Polizeibeamten erfahren habe, dass diese Art von Massage nicht üblich sei, gab sie an.
Auf die Frage nach dem damaligen Gesundheitszustand des 63-Jährigen sagte sie aus, dass der Mann ihr zwar erzählt habe, dass er Frührentner sei und eine Herzerkrankung habe. Einen Stock habe er allerdings nicht benutzt und auch nicht gehinkt. Damals sei er ein großgewachsener, körperlich starker Mann gewesen.
Die Frau, die nach der Tat in einer psychiatrischen Klinik stationär in Behandlung war und noch immer regelmäßig eine Psychologin aufsuchen muss, weil sie unter Schlafstörungen und Angstzuständen leidet, entband ihre behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht.
Der Verteidiger will von der Zeugin alles äußerst genau wissen
Der Anwalt des Angeklagten, Alexander Schmidtgall, befragte die Zeugin immer wieder detailliert zu den Tatvorwürfen. Schließlich schritt die Anwältin der Zeugin, die sie und die Tochter als Nebenklägerin vertritt, ein und verbat sich die "unsachlichen Äußerungen", Wiederholungen und das "Anblaffen" ihrer Mandantin. "Auch diese Frage ist bereits beantwortet", schob am Ende gar Richter Christoph Gillot dem beharrlichen Nachhaken des Anwaltes einen Riegel vor. Dieser wollte wissen, wie genau die Zeugin denn den Beischlaf über sich habe ergehen lassen müssen.Der Prozess wird am 18. Juli um 9 Uhr fortgesetzt.