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Kaeser: Das Ringen um den Tarif beginnt


Autor: Helke Renner

Coburg, Montag, 20. Oktober 2014

Unter dem Motto "Wir wollen früher aussteigen und besser aufsteigen" geht die IG Metall in die Verhandlungen. Kaeser-Vertrauensleute und Betriebsräte gaben gestern vor dem Werkstor den Startschuss für Aktionen.
Eitel Sonnenschein zwischen Jürgen Apfel, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Coburg (vorne rechts), und dem Unternehmer Thomas Kaeser? Ganz so harmonisch wird es wohl bei den Tarifverhandlungen nicht zugehen. Zumindest aber versicherten beide beim Auftakt der IG-Metall-Aktionswoche vor den Vertrauensleuten und Betriebsräten der Firma Kaeser, dass sie sich aufeinander zubewegen wollen. Foto: Helke Renner


Dass sie für ihre Techniker-Fortbildung keine Unterstützung von ihrem Betrieb bekommt, ist für Ursula Eckert unverständlich. Sie ist Industriemechanikerin bei der Firma Kaser - dort hat sie auch ihre Ausbildung absolviert - und möchte einfach auch etwas für ihr persönliches Fortkommen tun. "Ich will nicht auf dem jetzigen Stand stehenbleiben", sagt die junge Frau. Und weil ihr das wichtig ist, nimmt sie in Kauf, dass sie am Abend und nach einer 35-Stunden-Woche in der Firma noch lernen muss. Denn bei Kaeser würden momentan keine Techniker gesucht, also gebe es auch keine Freistellung oder finanziellen Ausgleich.

Thomas Kaeser, Geschäftsführer der Firma Kaeser Kompressoren, bestätigt das. "Wir sind natürlich daran interessiert, dass sich unsere Mitarbeiter ständig weiterbilden, solange das Ganze betriebsorientiert ist.

Anspruch auf betriebsferne oder persönliche Weiterbildung gibt es bei uns nicht", stellt er fest.


Qualifizierung ermöglichen

Doch genau darum geht es den Gewerkschaftern der IG Metall. Für Ralf Orth, Betriebsratsvorsitzender der Logistik GmbH bei Kaeser, gehören zu einer "guten und gerechten Arbeit" entsprechende Fortbildungsmöglichkeiten, selbst wenn sie über das unmittelbar Berufliche hinausgehen. Ein anderes Thema sei die Altersteilzeit. Auch hier möchte die IG Metall Verbesserungen erreichen. Vor allem Beschäftigte der unteren Entgeltgruppen, die sich bislang einen vorgezogenen Ruhestand nicht leisten könnten, sollten in die Lage versetzt werden, Altersteilzeitregelungen nutzen zu können, ohne Gefahr zu laufen, die Lebenshaltungskosten nicht mehr bestreiten zu können. Und deshalb fangen die Metaller jetzt schon an, auf die bevorstehenden Tarifverhandlungen vorzubereiten.

"Am Ende des Jahres läuft der Tarifvertrag, im März 2015 die Friedenspflicht aus", erläutert Jürgen Apfel, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Coburg. Bis zum 24. Oktober gibt es nun eine Aktionswoche, deren Auftakt gestern 25 Vertrauensleute und Betriebsräte der Firma Kaeser auf den Weg brachten. Vor dem Werkstor hatten sie sich mit den drei großen Buchstaben "WIR" als optisches Signal für die Tarifrunden postiert. Als Vorsitzender der Bezirksgruppe Oberfranken der Vereinigung Bayerischer Wirtschaft (vbw) und Vorsitzender der Region West der Arbeitgeberverbände VBM und BayME hatte sich Thomas Kaeser bereiterklärt, das Flugblatt mit den Forderungen der IG Metall entgegenzunehmen. "Das ist kein Warnstreik", begrüßt ihn Jürgen Apfel lachend.


Unterschiedlich Sichtweise

Er wünsche sich eine konstruktive Zusammenarbeit, entgegnet der Kaeser-Geschäftsführer und reicht dem 1. Bevollmächtigten der Gewerkschaft demonstrativ die Hand. Nicht ohne darauf hinzuweisen, dass es mit ihm keine Regelungen geben werde, die zu Lasten des Unternehmens und seiner Konkurrenzfähigkeit gehen. "Der Wind wird etwas rauer, wir brauchen ein hohe Flexibilität, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Entgelterhöhungen sollten deshalb im Rahmen bleiben." Im Übrigen kündige die IG Metall einen Tarifvertrag, der aus seiner Sicht gut funktioniert habe - gerade auch, was die Altersteilzeit betrifft.

Jürgen Apfel ist da etwas anderer Ansicht. "Wir konnten unsere Vorstellungen im Tarifvertrag noch nicht voll durchsetzen." Außerdem müssten neue gesetzliche Bestimmungen, wie zum Beispiel die Rente nach 45 Versicherungsjahren, eingearbeitet werden. "Und bei Kaeser fordern wir Tarifbindung auch für die vier ausgegliederten GmbHs."