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Junge Stimmen auf großer Bühne im Coburger Rosengarten


Autor: Jochen Berger

Coburg, Sonntag, 29. Juni 2014

Beim Klassik-Open-Air im Rosengarten genießt das Publikum südländischen Melodienzauber und feiert die Mezzosopranistin Kora Pavelic und den Tenor David Zimmer sowie das Orchester des Landestheaters mit reichlich Applaus.
David Zimmer beeindruckte beim Klassik-Open-Air mit Tenor-Hits. Links: Coburgs Generalmusikdirektor Roland Kluttig am Dirigentenpult.Foto: Albert Höchstädter


Mit einem Erdbeben beginnen und dann langsam steigern. So lautet ein verführerisch simpler Ratschlag für erfolgreiche Hollywood-Filme. Nach einem ähnlichen Rezept lassen sich freilich auch Programme für Open-Air-Konzerte stricken.

Das akustische Erdbeben zum Auftakt des Klassik-Open-Air-Konzerts im Coburger Rosengarten liefert in diesem Jahr der amerikanische Komponist Aaron Copland mit seiner "Fanfare for the Common Man". Feierliche, wuchtige Blechbläserklänge als Einstimmung auf einen Abend mit überwiegend südländischen Akzenten.
"Fiesta!" - unter diesem Motto servieren Coburgs Generalmusikdirektor Roland Kluttig und das Philharmonische Orchester des Landestheaters vornehmlich Werke spanischer und italienischer, argentinischer und mexikanischer Komponisten.

Manuel de Falla dominiert den ersten Teil des Programms.

Bei Ausschnitten aus seinem Ballett "Der Dreispitz" demonstriert das Philharmonische Orchester des Landestheaters sein Gespür für südländische Klänge und Rhythmen. Die junge Mezzosopranistin Kora Pavelic, die ab Herbst dem Ensemble des Landestheaters angehört, stellt sich auf der Bühne im Rosengarten erstmals solistisch vor. Bei de Fallas "Canciones populares" bringt sie das warme Timbre ihrer Stimme gut zur Entfaltung.

Mitreißende Rhythmen

Vor zwei Jahren hatte ein aufziehendes Unwetter die Aufführung von Ravels "Bolero" an gleicher Stelle verhindert. In diesem Jahr aber gelingt dem Philharmonischen Orchester ganz ungestört eine effektvolle Wiedergabe mit einer bis zum Schluss intensiv gesteigerten Spannungskurve.

Im zweiten Teil, eröffnet mit dem Marsch aus Prokofjews "Liebe zu den drei Orangen", steigert sich der Applaus-Pegel dann nochmals. Dazu trägt auch der junge Tenor David Zimmer bei. Mit Hits wie Augustin Laras "Granada" und zwei unverwüstlichen neapolitanischen Canzonen ("Non ti scordar di me", "Core ‚ngrato") zieht er das Publikum in Bann und demonstriert nicht nur stimmlichen Glanz bei Spitzentönen, sondern überzeugt auch durch fein differenzierte Phrasierungskunst.

Der mexikanische Komponist Arturo Márquez verdankt seine Popularität in Europa nicht zuletzt dem Dirigenten Gustavo Dudamel, der dessen "Danzón Nr. 2" oft als Zugabe wählte. Unter Kluttigs Leitung beweist das Philharmonische Orchester, dass auch ein Klangkörper aus Mitteleuropa diese Rhythmen mitreißend musizieren kann.
Wer sich allzu sehr auf Wetterprognosen verlässt, ist längst nicht immer gut beraten. Und wer am Samstag aus Angst vor möglichen Niederschlägen darauf verzichtet haben sollte, das Klassik-Open-Air im Rosengarten zu besuchen (der Andrang in diesem Jahr war unübersehbar nicht ganz so groß wie im Vorjahr), hat in jedem Fall einen klangvollen Abend mit leidenschaftlichen Melodien und mitreißenden Rhythmen verpasst.

"Unter Donner und Blitz"

Die Begeisterung am Ende eines von Niederschlägen verschonten Konzertabends kennt jedenfalls kaum Grenzen und wird schließlich mit drei Zugaben belohnt. Dazu zählt auch eine raffinierte Bearbeitung des Evergreens "La Cucaracha", die der ehemalige langjährige Erste Kapellmeister des Landestheaters Hans Stähli geschaffen hatte. Die rasant musizierte Strauß-Polka "Unter Donner und Blitz" bleibt in diesem Jahr ohne unmittelbares meteorologisches Echo, gefolgt vom endgültigen Rausschmeißer, dem "Radetzky-Marsch" von Strauß Vater.
Als das Publikum selbst danach immer noch "Zugabe, Zugabe" fordert, klemmt sich Roland Kluttig mit unmissverständlicher Geste seinen Stapel Partituren unter den Arm und marschiert von der Bühne.