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Jubiläum in Coburg: Freunde, Förderer und ein Nackter


Autor: Oliver Schmidt

Coburg, Freitag, 19. Juni 2015

Seit 40 Jahren gibt es den Verein "Freunde und Förderer des Gymnasiums Ernestinum". Bei der Geburtstagsfeier gab es außer einem historischen Rückblick auf den Namensgeber und einstigen "Motor" der Schule auch so manche Anekdote zum Schmunzeln.
Der nackte Jüngling des Ernestinums hat schon eine bewegte Geschichte hinter sich. Foto: Oliver Schmidt


Ein "E"? Ja, der Altbau des Ernestinums sieht aus der Luft aus wie ein "E". Auf dem historischen Foto, das Walter Hofmann bei der Jubiläumsfeier des Fördervereins präsentierte, allerdings nicht ganz: Da war noch ein kleiner Anbau in der Mitte zu sehen. "Toiletten!", erklärte der Vorsitzende, "und das war damals ein Fortschritt. Denn in der ersten Zeit gab es nur eine Bedürfnisbaracke, die mitten auf dem Schulhof stand."

Die "erste Zeit", damit meinte Walter Hofmann in diesem Fall die Zeit ab dem 19. Juni 1875. An diesem Tag bezog das Ernestinum sein Gebäude in der Unteren Realschulstraße, das auch heute noch Heimat der Schule ist. Exakt 27 Jahre früher - am 19. Juni 1848 - war das Ernestinum gegründet worden. Wiederum exakt 127 Jahre nach dieser von Herzog Ernst II. mit vorangetriebenen Gründung wurde - am 19. Juni 1975 - der "Verein der Freunde und Förderer des Gymnasiums Ernestinums" gegründet.

Somit gab es jetzt - am 19. Juni 2015 - gleich mehrere Jubiläen zu feiern.

Verbundenheit mit Schule

"Der Förderverein hilft zwar immer dann, wenn uns der Schuh drückt", sagte der heutige Direktor Bernd Jakob und verwies auf die finanzielle Hilfe bei diversen Anschaffungen. Aber: "Vor allem ist dieser Förderverein eine wunderbare Anerkennung, denn er zeigt die Verbundenheit vieler zu ihrer ehemaligen Schule." Das war auch bei der Jubiläumsfeier zu spüren: Ehemalige Ernestiner wie der einstige Sparkassendirektor Kurt Neun, der CSU-Politiker Hans-Herbert Hartan oder der Unternehmer Klaus Beyersdorf waren gekommen.

Apropos Klaus Beyersdorf: Der spielte in einer weiteren Anekdote, die Walter Hofmann zum Besten gab, eine Rolle. Denn als im Jahre 1999 die alte Turnhalle einem weiteren Neubau weichen musste, sprachen sich viele für eine Rettung der Steinfigur (Typ: "nackter Jüngling") aus, die über dem Eingang wachte. "Mit einem Presslufthammer wurde sie freigelegt", erinnerte sich Walter Hofmann. - und dann? Dann wurde sie erst einmal auf den Schulhof gelegt. Bereits in der ersten Nacht erlaubten sich aber - vermutlich! - Schüler einen Streich. "Sie veränderten mit Gips das Geschlechtsteil des Jünglings", beschrieb Hofmann den Schabernack. Die Steinfigur wurde da raufhin in Sicherheit gebracht und fand Asyl auf dem Gelände von Klaus Beyersdorfs Baufirma Hauch. In den Jahren der regen Umbautätigkeiten vermisste niemand den Jüngling. "Aber irgendwann wurde der Ruf laut: Der muss wieder her!" Schließlich fand der Nackte seinen neuen Platz an der Außenfassade des Altbaus. Walter Hofmann merkte dazu noch an: "Von dort schaut er jetzt sinnigerweise Richtung Alexandrinum, der ehemaligen Mädchenschule."

Das Ernestinum wiederum war bis 1982 reine Jungenschule. Die erste Klasse mit Mädchen hatte im Schuljahr 1983/84 als Klassenlehrer Walter Hofmann. Inzwischen beträgt der Mädchen-Anteil am Ernestinum gut 30 Prozent, und dass davon auch viele sehr gut singen können, war während der Jubiläumsfeier bei den Einlagen des (gemischten) Chors unter Leitung von Wolfgang Lischke gut zu hören.

"Mutter der Hochschule"

Im Festvortrag würdigte Heimatpfleger Hubertus Habel den Coburger Herzog Ernst II. als "wesentlichen Motor der Entstehung dieser Schule". Er sei ohnehin ein "revolutionärer Herzog" mit vielen guten Ideen und vor allem sehr viel Bürgernähe gewesen. "Er wollte eine naturwissenschaftliche Alternative zum humanistischen Casimirianum" , erklärte Habel. Als Realschule gegründet war der Sitz des Ernestinums zunächst in der Steingasse (heutiges Ämtergebäude). Ebenfalls interessant: Das Ernestinum ist quasi die "Mutter der Hochschule". Denn als 1852 die Baugewerkschule als Vorläufer der heutigen Hochschule gegründet wurde, geschah dies unter dem organisatorischen Dach des Ernestinums. Bis 1894 hatte diese Baugewerksschule keine eigenen Lehrer, sondern griff komplett auf das Kollegium des Ernestinums zurück.

Aber noch einmal zurück zum Förderverein. In einem Grußwort hatte Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) betont: "Über die Zukunft einer Stadt entscheidet die Bildung." Deshalb sei es gut und wichtig, "Bildung in jeder Form zu unterstützen". Das sah Walter Hofmann ganz genauso und warb gleich für eine Mitgliedschaft im Förderverein. Im Gegensatz zur Schülerverbindung Ernestinum nehme der "Verein der Freunde und Förderer" auch Frauen auf.