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Integration mit Coburger Kloß und Soß'


Autor: Gabi Bertram

Coburg, Sonntag, 07. Dezember 2014

Auf Englisch heißt ein Kloß "Dumpling" - und nun wissen auch Studenten des Masterstudiengangs "Financial Management", wie "Coburg Dumplings" gemacht werden, dank eines speziellen VHS-Kurses.
Was bedeutet was? Mit Hilfe von Übersetzungslisten begeben sich die Studenten aus Asien, Europa und Südamerika auf das Abenteuer "Coburger Klöße kochen".


"Dünsten, seihen, würfeln, schmoren, reiben - das ist nicht meine Vokabelwelt", sagt Professor Roland Hertrich mit einem Lachen. Er ist Experte für Financial Management und in der Wirtschaft , nicht aber in der "Küchenwirtschaft". Gemeinsam mit Hobbykoch Stefan Boor, der in der Volkshochschule Kochkurse leitet, aber gewöhnlicherweise nicht auf Englisch, übersetzt der Professor das, was die Studenten in den nächsten Stundeten in der Lehrküche tun müssen, um am Ende die ganz speziellen leckeren Coburger Rutscher, Semmelklöße und Gulasch auf dem Teller zu haben.

Das mit den Rutschern, sagt der Koch, sei so eine Sache. Jeder habe sein eigenes Rezept, das von Mama oder Oma stammt, aber eines, das so richtig akribisch mit allen Zutaten aufgeschrieben ist, das hat Stefan Boor nicht gefunden. Ein paar Mal hat er gemeinsam mit Freundin Doro Coburger Rutscher gekocht, ein paar Mal ist's allerdings auch schiefgegangen.

Auf die Mischung aus rohen und gekochten Kartoffeln kommt es an, wohl auch auf die Stärke und auf die Muskelkraft beim Schlagen der Masse und am Ende auf die Konsistenz, die aus Klößen Coburger Rutscher macht. Muskelkraft wird natürlich auch fürs Kartoffelreiben gebraucht. Hier läuft nix mit fertiger Kloßmasse.

Viele Vegetarier

Stefan Boor hat die Zutaten vorbereitet und in der Tasche eine Liste mit wichtigen Vokabeln: Pork, Beef, Dumpling, Pot. Englisch verstehen alle, ob aus Singapur, Ghana, Indien oder Mexiko. Vera kommt aus Weißrussland. Sie liebt Currywurst und Kartoffelsalat. "Für mich", erzählt sie, "war es überraschend, dass so viele in Deutschland Vegetarier sind." Zu Hause kocht die Mama, in der Studenten-WG, die sich Vera mit einem Mädel aus China und einem aus Usbekistan teilt, wird auch ab und an gekocht - Spaghetti, Kartoffeln, einfache Salate. Vera ruft oft bei ihrer Mama an und fragt, wie dies oder jenes zubereitet wird. Über die Festtage ist sie zu Hause und will dort für alle Klöße kochen. "Na ja, ich will's versuchen", schränkt sie ihre Kochkünste etwas ein.

Was sie mit dem "Master of Business Administration" nach dem Studium anfängt, weiß Vera noch nicht genau. Aber sie will zurück nach Weißrussland, vielleicht in der Filiale des Coburger Unternehmens Lasco in Minsk arbeiten. Ein Praktikum bei Lasco, meint sie, wäre super.

Oscar aus Mexiko liebt Enchiladas, gefüllte weiche Tortillas aus Maismehl mit einer Sauce - eben typisch mexikanisch. Hier in Deutschland hat er Schweineschulter und Kartoffeln schätzen gelernt und das gute deutsche Bier, erzählt er und lacht. Wie man Klöße macht, will er unbedingt lernen und damit die Familie überraschen.

"Gut gelungen"

Oscar hat sich sein Auslandsstudium selbst organisiert und will sich auf die Forschungsarbeit in der Glasbläserbranche konzentrieren. Ja, die Forschung, das ist seins, und dass ihn die Hochschule Coburg so gut dabei unterstützt, das will er unbedingt betont wissen lassen.

Indes plagt sich Professor Hertrich mit den Übersetzungen: "Mein Gott, ist das kompliziert." Für Gulasch oder Paprika, stellen dann alle fest, gibt es keine Übersetzung, das scheint überall gleich zu sein.

Sharif kommt aus Syrien. Das Essen in Deutschland, sagt er, sei total anders als in seiner Kultur, auch wenn viele Zutaten gleich sind. Als er in Coburg das erste Mal auf dem Markt war, erzählt Sharif, wollte er unbedingt die Spezialität Coburger Bratwurst probieren. Aber die ist halt mit Schweinefleisch, und das isst Sharif nicht. Schade, sagt er, und fügt aber hinzu, dass es in Frankfurt auch Bratwürste aus Rindfleisch gibt. Die Coburger Klöße sind für Sharif eine Premiere, wie Gulasch, und das ist aus Rindfleisch zubereitet.

So kochen sie gemeinsam: Vera, Emmanuel, Julia, Mabel, Claudia, Anne, der Professor, haben Spaß, probieren zwischendurch, reiben sich die Augen, weil die gewürfelten Zwiebeln beißen und warten, weil ds Gulasch dann doch länger köcheln muss als gedacht.

Bis endlich die Klöße - zweierlei: die Rutscher und die Semmelklöße - mit dem Gulasch auf die Teller kommen. "Gut gelungen!", sind sich alle einig, auch wenn der Koch meint, die Rutscher hätten schon mal besser ausgesehen.