In Untersiemau soll ein Medizinerzentrum entstehen
Autor: Berthold Köhler
Untersiemau, Dienstag, 28. August 2012
Michael Boßecker und die Gemeinde Untersiemau sind auf dem besten Weg, aus dem ehemaligen "Centrum" für Nahversorgung ein Zentrum für Mediziner der verschiedensten Gattungen zu machen.
Die medizinische Versorgung der Menschen im ländlichen Raum wird eine der großen Herausforderungen der Zukunft. Auch die Gemeinde Untersiemau stand vor diesem Problem, als der letzte Allgemeinarzt aus privaten Gründen kurzfristig seine Praxis schloss. Deshalb war Bürgermeister Michael Boßecker (SPD) und sein Gemeinderat gezwungen, in Sachen hausärztlicher Versorgung in die Offensive zu gehen und beschlossen den Bau eines Praxisgebäudes direkt vor dem Rathaus.
Rund 600.000 Euro kostet das Gebäude mit rund 260 Quadratmeter Nutzfläche, das im März 2013 seiner Bestimmung übergeben werden soll.
infranken.de: Wann hat es sich in Untersiemau abgezeichnet, dass es mit der hausärztlichen Versorgung schwierig werden könnte?
Michael Boßecker: Das war schon Ende der 90-er Jahre der Fall, als unser damaliger Hausarzt mit Annoncen in Fachzeitungen einen Nachfolger suchte. Je früher man eine Praxis ausschreibt, desto besser sind normal die Chancen einen Nachfolger zu finden. Als dann die bestehende Praxis aus den genannten Gründen geschlossen wurde, standen wir vor einem großen Problem.
Was kann eine Gemeinde tun, um einem neuen Hausarzt eine Praxis schmackhaft zu machen?
Heutzutage muss eine Kommune tätig werden und einem Arzt, in Form von Zuschüssen zur Praxiseinrichtung oder ähnlichem etwas anbieten können. Im Rathaus wurde auch die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit einem sogenannten "Headhunter" angedacht. Somit hätten wir uns zwar die Mühe für die Suche nach einem geeigneten Arzt gespart, die Kosten hierfür hätten jedoch den finanziellen Rahmen einer Gemeinde wie Untersiemau deutlich gesprengt.
Deshalb baut die Gemeinde jetzt ein Gebäude für eine Hausarzt-Praxis?
Das ist unser Weg. Die Gemeinde Untersiemau erstellt ein ebenerdiges, behindertengerechtes Gebäude mit drei Behandlungszimmern und Nebenräumen und vermietet es an den Allgemeinarzt. Für einen Arzt hätte sich eine Investition dieser Größenordnung vermutlich auf sein ganzes Berufsleben ausgewirkt. Unser Arzt spart sich die finanzielle Beteiligung am Bauwerk und kann dafür mehr in medizinische Geräte und sein Fachpersonal einbringen.
Leben Ärzte wirklich so schlecht, wenn sie auf das flache Land gehen?
Während der Suche nach einem Allgemeinarzt für Untersiemau war ich mit vielen Medizinern im Gespräch. Wer das schnelle Geld verdienen will, muss nach München oder Nürnberg gehen. Wer aber genügsam leben kann - und wir sprechen hier immer noch von einem mittleren Führungskräftegehalt -, der wird auch hier als niedergelassener Landarzt glücklich.
Und so entwickelt sich das "Centrum" immer mehr zu einem medizinischen Zentrum?
Das "C" werden wir bald durch ein "Z" ersetzen (lacht). Ich finde schon, dass unsere Strukturen hier passen. Die Menschen gehen zum Arzt, in die Apotheke und ins Sanitätshaus und haben nebenbei die Möglichkeit noch schnell ihre Einkäufe zu erledigen.
Wie kam es zur Ansiedlung der neuen Tierarzt-Praxis, die das medizinische Angebot im "Centrum" noch komplettiert?
Für Untersiemau hat da sicherlich die verkehrsgünstige Lage gesprochen. Die vierbeinigen Patienten kommen aus der gesamten Region, sogar aus Thüringen. Und wenn ich so aus dem Fenster schaue, scheint es hier ganz offensichtlich großen Bedarf zu geben, der nun hier in Untersiemau abgedeckt werden kann.
Gibt es keine staatlichen Förderprogramme, um die Ansiedlung von Allgemeinärzten zu unterstützen?
Doch, die gibt es. Aber um Zuschüsse erhalten zu können, müssen Regularien geklärt und Anforderungen erfüllt werden. Dies kann unter bestimmten Voraussetzungen mit einem hohen Zeitaufwand verbunden sein, den die Gemeinde Untersiemau jedoch nicht mehr hatte. Wir konnten nicht mehr länger warten!
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