In Seßlach wird ein Ärztehaus gebaut
Autor: Bettina Knauth
Seßlach, Freitag, 03. Mai 2019
Der Bau eines Ärztehauses mit Apotheke und Wohnungen am Stadtrand soll Seßlach noch attraktiver machen. Aber nicht alle finden das gut.
Ein großflächiges Plakat und der bereits verlegte Radweg weisen auf das Großprojekt neben dem Seßlacher Edeka-Markt hin: Nun beginnen die Bauarbeiten für ein Ärztehaus, dessen Praxen bereits am 1. Oktober ihre Türen öffnen sollen. Neben dem Regiomed MVZ Seßlach werden auch die St. Johannes Apotheke und die Physiotherapie Andy Beland aus der Altstadt in den Neubau umsiedeln. Für Bürgermeister Maximilian Neeb (FW) ist das Projekt ein "absoluter Gewinn": "Wir sind sehr glücklich, dass dieses Ärztehaus in Seßlach entsteht, und sichern allen Beteiligten vonseiten der Stadt jegliche Unterstützung zu", sagt Neeb.
Eine deutliche Attraktivitätssteigerung Seßlachs sehen auch Manfred Geiss und Klaus Geiss-Hammelmann in der Maßnahme. Die Partner investieren mit ihrer Geissmann Immobilien GmbH & Co KG rund 3,5 Millionen Euro in den Bau des 42 Meter langen und 14 Meter breiten Gebäudekomplexes. Über den ebenerdigen Praxis- und Geschäftsräumen entstehen sechs Luxus-Wohnungen diverser Größen. Auch diese sind barrierefrei über den Aufzug im Treppenhaus erreichbar, das beide Gebäudeteile miteinander verbindet. "Nur ein Vier-Zimmer-Penthouse ist noch zu haben", informiert Robert Müller, der sich um die Vermietungen kümmert.
Synergie-Effekte erhofft
Müller und Geiss-Hammelmann betreiben als Geschäftsführer der Fapio Food GmbH (Haßfurt) seit vier Jahren den angrenzenden Edeka-Markt mit 1600 Quadratmetern Verkaufsfläche und Café mit Snackbar. Auch zwei Ladengeschäfte und vier Wohnungen gehören zum Komplex. Branchenprofi Hammelmann und Müller, der Seiteneinsteiger mit einem Faible für Design, wagten damals das Investment in der Provinz, vor dem Edeka selbst zurückschreckte. Nun versprechen sich beide Synergie-Effekte: "Die Kombination von Einkaufszentrum und Ärztehaus wird ja deutschlandweit erfolgreich praktiziert", sagt Müller. Zwischen 900 und 1400 Kunden zählt seinen Angaben zufolge der Markt schon jetzt jeden Tag. Ein Ladengeschäft beherbergt bereits eine Logopädie-Praxis. Die weiteren Ansiedlungen sollen auch für Zuwachs bei den Edeka-Kunden sorgen. Die zahlreichen Parkplätze dürften für alle Kunden und Patienten ausreichen.
"Ein Projekt mit Zukunft", zeigt sich Andy Beland überzeugt. Der Physiotherapeut musste nicht lange überlegen, ob er seine jetzt in der Altstadt befindliche Praxis in den Neubau verlegen soll. "Gut doppelt so viel Platz, endlich Barrierefreiheit und ausreichend Parkplätze vor der Tür", zählt Beland als Vorteile auf. Die mehr als 230 Quadratmeter ermöglichen es ihm zukünftig obendrein, Gerätetraining anzubieten.
Auch Godfried Bobale, Inhaber der St. Johannes-Apotheke in der Luitpoldstraße, zögerte nicht lang, als ihm der Umzug angeboten wurde. Zwar bieten ihm die neuen Räumlichkeiten nicht mehr Platz, dafür aber helle Räume auf einer Ebene. Die bessere Erreichbarkeit und ein Ende der Parkprobleme gaben den Ausschlag: "Es wird schön, wenn die Kunden nicht schon gestresst sind, wenn sie in die Apotheke kommen", sagt Bobale.
220 Quadratmeter werden von Regiomed angemietet. Das bisher am Marktplatz in der ehemaligen Praxis von Dr. Peter Falkenberg betriebene Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) zieht komplett um, bestätigt Simone Müller, Bereichsleiterin für Ambulante Versorgung bei Regiomed. Die Allgemeinmediziner Reinhard Faßhauer und Dr. Ingrid Löffler-Soriano werden dann ihre Patienten nicht nur barrierefrei in einer hellen Praxis empfangen können. "Insgesamt wurde nach unseren Wünschen gebaut, um einen effektiven Praxisablauf zu ermöglichen", freut sich Müller. Der großzügige Zuschnitt der Praxis ermöglicht es dem Klinikverbund zusätzlich, sich um den Nachwuchs in der Region zu kümmern: "Frau Dr. Löffler-Soriano wird dort Hausärzte ambulant weiterbilden", informiert die MVZ-Verantwortliche.
Mieter aus der Region erwünscht
Die Investoren haben sich bewusst um Mieter aus der Region bemüht. "Wir haben alle Aspekte durchleuchtet und Vorteile für alle gesehen", schildert Manfred Geiss. Anbieter wie Kunden profitierten von modernen, hellen und barrierefreien Räumlichkeiten, die Bekanntheit der Mieter sorge für ausreichenden Zulauf, der wiederum auch dem benachbarten Einkaufsmarkt samt Café zugute komme. Für den gebürtigen Seßlacher Geiss bietet das neue Ärztehaus zudem die Chance, in seine Heimatstadt zurückkehren. Der angehende Mediziner, der für nächstes Jahr seinen Abschluss anstrebt, möchte seine Facharztausbildung vor Ort absolvieren. Dazu laufen derzeit Gespräche mit mehreren Anwärtern für die eine noch verfügbare Praxis im neuen Ärztehaus. "Wir prüfen noch verschiedene Modelle und Schwerpunkte", äußert sich Geiss noch vage. Mit seiner Freude über die Rückkehr in die ländliche Region ("Es wird Zeit!"), bildet der 33-Jährige in seinem Semester an der JMU Würzburg die Ausnahme. Geiss bestätigt: "Es ist eher selten, dass jemand auf dem Land praktizieren möchte."