In Seßlach treiben es die Narren bunt
Autor: Bettina Knauth
Seßlach, Sonntag, 21. Januar 2018
Mit einem gelungenen Mix aus Tanz und Witz begeistern die Akteure beim 71. Bunten Abend in der Rodachaue.
"Lasst uns toben, tanzen und singen, bis uns die Ohren klingen!" So hatte sich es der Kinderprinz Leonard Wüst aus Krumbach zu Beginn des 71. Bunten Abends des Faschingsvereins Seßlach gewünscht. Und die Akteure auf der Bühne im Seßlacher Sportheim gaben am Freitagabend ihr Bestes, damit sich sein Wunsch erfüllte. Nach den schmissigen Tanzdarbietungen, amüsanten Wortbeiträgen und originellen Persiflagen auf bekannte Musikstücke erschallte immer wieder ein kräftiges "Seßlach, helau!" durch den voll besetzten Saal; zahlreiche Raketen stiegen auf.
Der Jüngsten in der Bütt kam die schwierige Aufgabe zu, das Publikum anzuheizen. Ohne Scheu meisterte dies "Pubertier" Nele Müller. Keck lästerte die 14-jährige Hattersdorferin über die "Peinlichkeiten" ihrer Erzeuger. Ihr Fazit: "Solche Oldies müsste man verstecken!"
Ein "Halleluja" auf die Bratwurst
Wenn er mit seiner "erotischen Schwungmasse" die Bühne betritt, geht es um die Wurst. Mindestens, denn der "singende Metzgermeister" Markus Brehm nimmt es auch mit einem ganzen Schwein auf. "Mir schlachta heut' a Säula", ließ er verlauten, gefolgt vom Lied über das Mettbrödla ("Wenn's Mett vom Weck fällt, ist das Mettweck weg") und der Aufforderung "Willst Du mein Kühlschrank sein?" Spätestens bei seinem "Halleluja" auf die Bratwurst stieg die Stimmung im Saal hörbar an.Als "Bote vom Rathaus" hatte sich der Zweite Bürgermeister Wolfgang Pfister vorgenommen, "Personen mit weißer Weste durch den Kakao zu ziehen". Wer jetzt Angst verspürte, zitterte umsonst. Dafür erfuhren die Bürger, warum die Angestellten es im Rathaus nicht aushalten, die Sanierung aber trotzdem nicht vorangeht, was auch für das geplante Naturschwimmbad in Autenhausen gilt ("Man muss es auch bezahlen können!"). Anschaulich zeigte Pfister, dass die Strabs nichts mit Dessous zu tun hat. Weil die Politiker hier ihr "Geschwätz von gestern" vergaßen, riet der Chronist "vor dem Verwalten das Hirn einzuschalten". Und lesen müsse können, wer in Seßlach parken will, so ein weiterer Ratschlag Pfisters.
Gesund oder tot
Der "Don Camillo von Heilgersdorf" alias Pfarrer Tobias Knötig hatte einen zweiten Auftritt in der Seßlacher Bütt. Arg "verschnupft" schilderte er höchst unterhaltsam die Leiden eines kranken Mannes. Ein Wunder, dass der "Risikopatient" noch lebt, gibt es doch nach seiner Definition nur zwei Möglichkeiten: "Der fränkische Mann ist entweder gesund oder tot." Überhaupt ist laut Knötig das Körpergefühl dem Franken fremd. Was aber, wenn es noch schlimmer kommt? Bei der feschen Schwester Adele (Gromhaus) und ihren Kolleginnen im "Haus Sonnenuntergang" haben Pflegebedürftige wenigstens etwas zu lachen und gucken. Und auch die Seniorengymnastik der "Schickendales" konnte sich sehen lassen. Wie überhaupt alle perfekt einstudierten Tanzdarbietungen, von der Krümel- über die Kinder-, Jugend- und Prinzengarde bis hin zum entzückenden Tanzmariechen Mia Thein, den Showtanzgruppen "Kustibas" und "Flying Feet" (Dietersdorf) sowie der Showtanzgarde Heubach.
Frauenversteher
Für Stimmung sorgte auch die "Infantrie", Seßlachs Antwort auf die "Altneihauser Feierwehrkapelln" (Helmut Neudecker, Bert Geyer, Florian Ruppert, Alexander Leffer, Michael Beetz und Markus Brehm). Ihr ewig junges Thema: Männer versus Frauen. Schon Adam sei von Eva gegängelt worden, wusste Neudecker. Der Frauenversteher verriet auch, worauf echte Männer stehen ("Hungerhaken sind es nicht!") und mit welchen drei Worten das schwache Geschlecht alt wird ("Hunger, Pipi, Kalt"), während Männer ihre Prioritäten bei "Fußball, Schweinsbraten und a Seidla Bier" setzen. Während die Infanteristen mutmaßten, dass "Sex auf Deutsch bestimmt pünktlich anfange", plauderte Lisa Geuther (Meeder) als "Yvonne aus Plauen" offen über ihre Erlebnisse mit Italienern, Franzosen, Ossis und Wessis. Ihr Eindruck: "Die deutschen Frauen geben sich ja mit sehr wenig zufrieden, die im Westen mit noch weniger." Zum Brüller geriet der Sketch der vier "Schwangeren" (Carina Schäfer, Kerstin Thein, Christian Finzel und Maximilian Neeb). Und beim Nürnberger Rocker "Pattex" (Helmut Neudecker) bekamen "inhaltslose Dampfplauderer" ebenso ihr Fett weg wie der Landkreis Haßberge ("Entwicklungszone Frankens"). "Statt Politik mit Herz" wünschte sich der Rüpel lieber "Politik mit Hirn".
Der halbe Stadtrat wirbelt über die Bühne
Beim Schluss- und Höhepunkt des Abends hielt es dann niemanden mehr auf den Sitzen: Das Publikum raste, als Bürgermeister Martin Mittag, die Stadträte Markus Brehm und Maximilian Neeb mit ihren Mit-Tänzern über die Bühne wirbelten. Während des schwungvollen Ausflugs in die Musikgeschichte entledigten sich die "Seßlacher Mauerschwälbchen" immer weiterer Hüllen, um schließlich in Netzstrümpfen, Body und Tutu mit einem Can Can ihren Auftritt zu beschließen. Obwohl sich Präsident Jens-Peter Scholz, der erneut launig durch das Programm führte, Zugaben mit Blick auf den engen Zeitplan zu Beginn verbeten hatte, kam das Männerballett nicht ohne Nachschlag von der Bühne. Nach fünf unterhaltsamen Stunden war dann Schluss. Der kleine Leonard war da längst im Bett.Wer jetzt noch Lust auf die Seßlacher Narretei bekommen hat, muss sich bis 2019 gedulden: Zwar veranstaltet der Faschingsverein heuer erstmals vier Bunte Abende, doch sind alle bereits ausverkauft. Kleiner Trost: Ein Wiedersehen mit den "Mauerschwälbchen" gibt es bei der Neuauflage des Männerballett-Contests am 24. Februar an gleicher Stelle.