Druckartikel: Schädlich für die Umwelt: Fränkischer Stadtrat will fliegende Luftballons verbieten lassen

Schädlich für die Umwelt: Fränkischer Stadtrat will fliegende Luftballons verbieten lassen


Autor: Christiane Lehmann

Neustadt bei Coburg, Mittwoch, 18. Sept. 2019

Der Neustadter SPD-Stadtrat Wolfram Salzer geht in die Offensive: Er möchte, dass der Stadtrat das Steigenlassen von Luftballons verbietet.
Freude für die Kinder, Leid für die Vögel: Luftballons steigen lassen, möchte der Neustadter Stadtrat Wolfram Salzer verbieten lassen. Symbolfoto: Boris Roessler/dpa


"Jetzt wollen die doch tatsächlich noch das Steigen von Luftballons verbieten und den Kindern diese Freude vermiesen!" Wolfram Salzer ist sich dieser ersten Reaktion auf seinen aktuellen Stadtratsantrag bewusst. Doch er lässt sich nicht irritieren. Ganz im Gegenteil. Ambitioniert widmet er sich einem Thema, das seit einigen Monaten kontrovers diskutiert wird.

So auch in der SPD-Fraktion in Neustadt. Unterstützt von lediglich zwei Mitgliedern, dem Fraktionsvorsitzenden Bernd Gärtner und dessen Vorgängerin Heike Stegner-Kleinknecht, fordert Salzer, die Stadt Stadt Neustadt möge mit gutem Beispiel vorangehen. Bei genehmigungspflichtigen Veranstaltungen, welche ganz oder teilweise im Freien stattfinden, in städtischen Kindertagesstätten, Schulen und sonstigen städtischen Einrichtungen sollen künftig keine mit Gas gefüllten Luftballons in die Luft gelassen werden.

"Wir sind uns bewusst, dass dies durchaus gespaltene Reaktionen hervorrufen kann. Doch den Schutz der Natur gibt es halt nicht zum Nulltarif", sagt Salzer im Gespräch mit den Tageblatt. Bei der Aktion "Rettet die Bienen" hätte eine Unterschrift genügt, doch jetzt heiße es kleine Opfer bringen.

Um Verständnis und Unterstützung für sein Anliegen zu bekommen, hat Salzer am Montag alle Kindertagesstätten und Schulen in Neustadt informiert, um was es ihm und seinen beiden Mitstreitern geht.

Hohes Sterberisiko

Angeregt durch die Initiative der Niederländer, die in immer mehr Kommunen, einschließlich in Amsterdam, das Steigen-lassen von Luftballons untersagen, hat er sich entschlossen, sich für jene Form des Umwelt- und Naturschutzes stark zu machen. "Denn von den Ballonresten und auch den Schnüren geht für Vögel eine sehr große Gefahr aus. Das Sterberisiko eines Vogels, der ein Stück eines Luftballons verschluckt, ist 32 mal so hoch wie bei einem Stück Hartplastik", schreibt Salzer.

Seiner Meinung nach sind gerade Luftballons ein ausgezeichnetes Beispiel oder gar eine Metapher für die Umweltproblematik: Man lasse bunte Luftballons steigen und freue sich gerade als Kind an deren Anblick, ohne dass auch irgendwelche Schäden oder auch nur Gefahren dabei sichtbar werden. Auf der anderen Seite, wenn man sie dann nicht mehr sieht, gingen sie nieder und seien nicht nur potentiell, sondern nachweisbar eine massive, ja sogar tödliche Gefahr für Vögel.

Alles was möglich ist

Salzer hält gerade diese Problematik für sehr geeignet, "Kindergarten- und jüngeren Schulkindern die janusköpfige Schönheit und Problematik bestimmter Aktionen darzulegen und Kinder davon zu überzeugen, dass es sehr wohl Sinn und ganz konkrete positive Folgen haben kann, auf bestimmte Handlungen zu verzichten. Auch Einschränkungen durchaus einmal hinzunehmen, wenn der Sinn solcher nachvollziehbar ist und kommuniziert wird, wäre eine Alternative". Rückendeckung bekommt Salzer aus dem staatlichen Schulamt. Auf Nachfrage nimmt Schulrat Uwe Dörfer konkret Stellung zu dem Anliegen Salzers. Als Vertreter der Schulaufsicht würde er die Initiative unterstützen. "Es ist wichtig, das Thema Tier-, Natur- und Umweltschutz positiv in den Schulen aufzugreifen. Wir sollten alles unternehmen, was möglich ist", macht Dörfer deutlich.

Die Europäische Union hat im Dezember 2018 ein umfangreiches Verbot der Verwendung von Plastikartikeln beschlossen. "In dem ursprünglichen Katalog der EU-Kommission war auch das konkrete Verbot, Luftballons steigen zu lassen, enthalten. Es wurde jedoch gestrichen", ärgert sich Salzer.

Sein erster Vorstoß hinsichtlich des Luftballon-Verbots war bereits im April. Als allerdings durchgedrungen sei, dass er den Antrag im Stadtrat stellen will, sei er eindrücklich gebeten worden, doch bis nach dem Kinderfest damit zu warten, erzählt Salzer ohne Namen zu nennen. Dabei steigen beim Kinderfest gar nicht so viele Ballons in den Himmel. "Vielleicht 30 Stück", sagt Ingrid Fabisch vom Kulturamt der Stadt. Und weil sie von ihrem Fenster aus sehen kann, wer heiratet, führt sie an, dass auch bei Trauungen höchstens drei bis vier Mal im Jahr Luftballons in den Himmel gelassen werden. Einem Verbot steht sie eher kritisch gegenüber. Es sei vielleicht etwas übertrieben - anders als bei den chinesischen Laternen, die wegen der Brandgefahr nicht mehr gezündet werden dürfen.