In Gleußen erklingt bald schöner Bronze-Klang
Autor: Berthold Köhler
Gleußen, Sonntag, 01. Oktober 2017
Nach fast 100 Jahren sind die Stahlglocken der Gleußener Kirche am Ende ihrer Lebensdauer angelangt. Jetzt ist genug Geld für neue Glocken beisammen.
           
"So ein Projekt", sagt Michael Bergner, "hast du nur einmal im Pfarrer-Leben". Nach sechseinhalb Jahren Vorbereitungszeit, bei der das Spendensammeln im Mittelpunkt stand, steht ein wichtiger Termin seit Anfang der Woche fest: Am Freitag, 17. November, werden die neuen Glocken für die Kirche gegossen.
Es wird aber auch Zeit. "Die Menschen fragen immer wieder mal, aber sie haben noch Geduld", berichtet der Pfarrer. Bereits seit zwei Jahren vermissen die Gleußener die Akustik des vollen Glockenklangs, weil die große Glocke der Kirche in einem derart schlechten Zustand ist, dass sie nicht mehr in Betrieb genommen werden soll. Die drei anderen Stahlglocken, alle in den Jahren 1921/1922 gegossen, tun noch tapfer ihren Dienst, aber auch an ihnen hat der Rost der Zeit genagt.
Wenn denn mal die neuen Glocken hängen, darf sich die evangelische Kirchengemeinde als ein ganz besonderes Stück der Coburger Glockenlandschaft fühlen. Auf Empfehlung des in Coburg ansässigen landeskirchlichen Glockensachverständigen Sigurd Knopp wird das neue Geläut bei der Firma Rincker in Sinn am Fuße des Westerwaldes gegossen. "In unserer Region gibt es noch keine Rincker-Glocken", ist dem Gleußener Pfarrer berichtet worden.
 Arg groß ist die Auswahl bei den Gießereien heutzutage eh nicht mehr, seitdem das Passauer Familienunternehmen Perner vor vier Jahren seinen Gussbetrieb eingestellt hat. Verhandlungen mit einem Hersteller in der Schweiz hat Michael Bergner zwar auch geführt - aber das finanzielle Risiko durch den Kurs des Franken und die schwankenden Metallpreise ließ das Gleußener Projekt in Deutschland bleiben. Erfahrung, das versichert der Pfarrer nach seinen Gesprächen, haben auch die Rinckers mehr als genug: "Sie sind seit dem Spätmittelalter als Glockengießer bekannt."
  
  Neue Glocken: über 100 000 Euro
 
In einer Ecke der Gleußener Kirche steht eine mit buntem Sand gefüllte Glasröhre, die den aktuellen Stand der Finanzierung der Glockenerneuerung anzeigt. Sie steht bei irgendwas knapp über 80 000 Euro. Auf die Frage, ob das Geld reicht, wiegt der Gleußener Pfarrer ein bisschen unsicher den Kopf hin und her. Schau mer mal. Bei 105 000 Euro steht derzeit die Kalkulation. Das Problem ist halt auch, dass die 500 Mitglieder starke Gleußener Kirchengemeinde kaum mit Zuschüssen für die neuen Glocken rechnen kann. Deshalb der lange Vorlauf, deshalb die Spendenaktion, bei der sich die Menschen aus dem Itzgrund auch mit Patenscheinen in der Finanzierung beteiligen konnten. "Höchsten Respekt" zollt Michael Bergner allen, die Euro für Euro dazu beigetragen haben, dass schon so viel Geld zusammengekommen ist. Für eine kleine Gemeinde, in der es noch dazu keine großen Firmen gebe, sei das bis jetzt gesammelte Geld ein tolles Ergebnis.Aber "nur" mit den Glocken ist es in der Gleußener Kirche nicht getan. "Mindestens die doppelte Summe", also weitere 200 000 Euro, setzt der Pfarrer für weitere Arbeiten an der Kirche an: eine neue Drainage für den Turm, Renovierung von Teilen der Fassade, neue Fenster. Gut, dass es dafür wenigstens Zuschüsse gibt. Gut auch, dass das Gebälk im Glockenturm zwar ein bisschen ramponiert ausschaut, aber von der Statik her keinerlei Bedenken beim Einbau neuer Glocken aufkommen lässt.
Wenn die vier neuen Glocken während des Winters an der Kirche ankommen, dürfen sich die Gleußener auf ein großes Spektakel freuen. "Wir werden sie mit einem Kran durch die Fenster einheben", erzählt Michael Bergner. Das Gewicht der neuen Glocken hat der Pfarrer jetzt auf Anhieb nicht im Kopf - "aber mehrere Tonnen sind das schon".
Eine Veränderung im Turm wird es dennoch geben: Anders als jetzt, wird das neue Geläut freischwingend eingehängt. Der Ausbau des alten, gekröpften Glockenjoches verursacht zwar zusätzliche Kosten - doch nach intensiven Beratungen (und Ton-Proben) im Kirchenvorstand fiel die Entscheidung für freien Glockenschwung. "Es lohnt sich", da ist der Pfarrer schon jetzt davon überzeugt. Dazu kommt noch die veränderte Akustik: "Bronze", versichert Michael Berger, "klingt voller und schöner als Stahl".
  
  Damit sie schön weit klingen
 
Und hoffentlich auch weit genug. Denn im Rahmen seiner Gespräche zur Finanzierung hat der Gleußener Pfarrer seinen Kollegen in der Michelauer Dekanats-Zentrale im Scherz versprochen, dass sie das neue Geläut bis hinter Lichtenfels hören werden. Sozusagen als Zeichen, dass die Gleußener mit der Finanzierung ihrer neuen Glocken ein wirklich einmaliges Projekt auf die Beine gestellt haben.Geschichte Die ältesten Teile der Kirche stammen aus dem 12. Jahrhundert. Als die Kalte nbrunner Evangelischen im Jahr 1850 der Gleußener Kirchengemeinde zugewiesen wurden, entstand die Kirche in ihrer jetzigen Form. In den 80er Jahren fand die letzte Innenrenovierung statt. Kurios: Die Kirche hat keinen Namen. Vielleicht, sagt Pfarrer Michael Bergner, könnte sich das im Zuge der Glockenweihe im kommenden Jahr ändern.
Finanzierung Wer sich noch mit einer Spende beteiligen möchte, kann diese auf das Konto der evangelischen Kirchengemeinde Gleußen überweisen: Sparkasse Coburg-Lichtenfels, IBAN: DE31 7835 0000 0092 5425 54.