Im Coburger Kindergarten Marienschule geht eine Ära zu Ende
Autor: Oliver Schmidt
Coburg, Dienstag, 22. Juli 2014
Elke Scheler, die heutige Leiterin, hat fast 50 Jahre lang in dem traditionsreichen Kindergarten gewirkt - und ihn auch geprägt. Sie erinnert sich an die Erziehung im Wandel und spricht über Kinder in Watte.
Als Elke Scheler ihre Laufbahn im Kindergarten Marienschule begann, war Ludwig Erhard Bundeskanzler, Andreas Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha war noch nicht verheiratet und in Autos galt weder für Erwachsene noch für Kinder eine Gurtpflicht. 50 Jahre später hat sich viel geändert: Passend zu einem modernen Frauenbild steht an der Spitze der Republik eine Frau - Coburgs Prinz An dreas ist längst Opa - und nicht nur im Auto gelten strenge Sicherheitsvorschriften. Was diese Dinge miteinander zu tun haben? Abwarten. Lassen wir Elke Scheler zunächst eine Anekdote erzählen, wie alles begann.
"Ich war 15, als ich eines Morgens im Tageblatt eine Anzeige las", erinnert sie sich: Der Kindergarten Marienschule suchte damals eine Kindergartenhelferin.
Nicht einfach nur ein Job
Dieser Vorsitzende war begeistert von der forschen Bewerberin und gab ihr prompt einen Vertrag. Alle Beteiligten sollten diese Entscheidung nie bereuen.
"Im Kindergarten zu arbeiten, ist nicht einfach nur ein Job", sagt Elke Scheler, "es ist schon wichtig, eine gewisse Haltung zu haben. Es braucht Professionalität, aber auch Kreativität." Und gute Nerven, oder? Elke Scheler lächelt und lässt den Blick schweifen auf ihre aktuelle "Rasselbande" in der "gelben Gruppe": "Mir hat es immer Spaß gemacht!" Im Laufe der Jahre, der Jahrzehnte, war es oft ihre Erfahrung, die ihr immer wieder dabei geholfen hat, schwierige Situationen zu meistern - beziehungsweise: um vermeintlich schwierige Situation viel gelassener zu nehmen.
Der Spagat der Mütter
Selbstverständlich hat sich in den vergangenen fast 50 Jahren viel verändert in der Erziehung, bedingt auch durch die Veränderungen in der Gesellschaft. So übt Elke Scheler zwar leise Kritik daran, dass viele Kinder heutzutage von ihren Eltern "in Watte gepackt" würden. Gleichzeitig hat sie Verständnis, dass Mütter oft besorgter sind als früher - und zwar nicht nur, weil im Auto längst die Gurtpflicht gilt und auf dem Fahrrad die Helmpflicht: "Viele Mütter müssen den Spagat schaffen zwischen Arbeit und Kindererziehung." Da bleibe es gar nicht aus, dass der Kindergarten das eine oder andere aufzufangen hat. Beispiel: Waldtage. "Für viele Kinder ist das immer ein Erlebnis, weil sie mit ihren Eltern kaum noch im Wald spazieren gehen."
Oder, andersherum: Im Kindergarten Marienschule gab es vor einiger Zeit ein Projekt, bei dem für ein paar Wochen auf sämtliche Spielzeuge verzichtet wurde. Der Erfolg war riesig, wie Elke Scheler erzählt. "Es hat auch vielen Eltern die Augen geöffnet". Denn: "Manche Eltern meinen ja, ihren Kindern mit möglichst vielen Spielsachen etwas Gutes zu tun. Dabei brauchen Kinder vor allem gute Freunde, das ist das A und O!"
Elke Scheler blickt "glücklich und dankbar" zurück, wie sie sagt. "Ich hatte in der Marienschule immer die richtigen Menschen an meiner Seite, wir waren und sind eine große Familie!"
Und was waren die Höhepunkte in den knapp 50 Jahren, in denen Elke Scheler der Marienschule nur mal ein Dreivierteljahr "untreu" war und im Erholungsheim einer Krankenkasse arbeitete? "Unser großer Umbau vor drei Jahren", zählt sie auf, "und die Eröffnung unserer Krippengruppe." Außerdem: "Dass unsere Kinder bei der kirchlichen Hochzeit von Prinz Hubertus und Prinzessin Kelly gesungen haben!" Hubertus übrigens, Sohn von Coburgs Prinz Andreas, hat ebenso wie seine Geschwister selbst einst den Kindergarten Marienschule besucht. Doch dann betont Elke Scheler auch noch: "Eigentlich war und ist für mich auch jedes Kindergartenfest, jeder Martinsumzug ein Höhepunkt!"
Die Sache mit "unserem Chef"
Ja, sie könne sich jedes Jahr aufs Neue daran erfreuen. An glücklichen Kindern, an stolzen Eltern - da lebt sie immer, die "Marienschulfamilie".
An der Spitze der Familie steht mit dem heutigen Stiftungsvorsitzenden Ludwig Frenking ein Mann, den die vor mehr als zehn Jahren zur Leiterin aufgestiegene Elke Scheler im Gespräch immer liebevoll "unseren Chef" nennt. Dass Ludwig Frenking und Elke Scheler auch privat ein Paar sind, ist nach Ansicht der Leiterin zwar "nicht so wichtig", aber natürlich eine weitere schöne Besonderheit. Zumal sie auf diese Weise der Marienschule auch noch weiter eng verbunden bleibt. Denn Ludwig Frenking (der zwar auch einst im Rathaus arbeitete, jedoch nicht derjenige ist, bei dem sich die 15-jährige Elke einst beworben hat!) wird weiterhin als Vorsitzender der Marienschulstiftung fungieren.
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