Druckartikel: IHK macht sich stark für die 380-kV-Trasse durchs Coburger Land

IHK macht sich stark für die 380-kV-Trasse durchs Coburger Land


Autor: Oliver Schmidt

Coburg, Mittwoch, 24. Juli 2013

Tennet-Chef Martin Fuchs war zu Gast bei der IHK-Vollversammlung. Er erklärte "Multiplikatoren" aus Politik und Wirtschaft, warum er eine neue Strom-Trasse von Altenfeld nach Redwitz für unverzichtbar hält. Er erntete dafür viel Zustimmung - stieß aber auch auf eine Gegnerin.
Baurecht Mitte 2014 und Fertigstellung bis Ende 2015? Netzbetreiber "Tennet" drückt aufs Tempo beim Bau einer neuen 380-kV-Leitung.


Martin Fuchs ist ehrgeizig. Er glaubt, dass bis Mitte 2014 das Baurecht für die quer durchs Coburger Land verlaufende 380-kV-Trasse vorliegen könnte; angesichts von eineinhalb Jahren, die wohl Rodung und Bau dauern würden, wäre somit eine Fertigstellung bis Ende 2015 möglich - pünktlich zur Abschaltung des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld.

Der Vorsitzende der Geschäftsführung des bundesweiten Netzbetreibers "Tennet" ist aber auch realistisch: "Ich weiß, dass wir dort, wo wir mit der Trasse hinkommen, keine Freude auslösen." Doch Martin Fuchs sieht sich eben auch als Experte auf dem durchaus komplizierten Energiemarkt - und als solcher steht für ihn fest: "Wer für die Energiewende ist, der muss auch für den Netzausbau sein." Und: "Die Gegner können mit vielen Argumenten kommen - aber nicht damit, dass die neue Leitung von Altenfeld nach Redwitz nicht nötig sei."
Bei all diesen Ausführungen bei einem Empfang der Industrie- und Handelskammer zu Coburg (IHK) lauschten am Dienstagabend die Gäste sehr gespannt, und die meisten nickten sogar zustimmend.

"Hirnrissiges Gutachten"

In einem Gast jedoch brodelte es gewaltig - und das musste dann auch raus: "Die Frage der Notwendigkeit dieser Trasse ist für mich noch nicht vom Tisch", sagte die SPD-Landtagsabgeordnete Susann Biedefeld und verwies in diesem Zusammenhang auf das entsprechende Gutachten von Professor Jarass. Während Martin Fuchs sehr sachlich versuchte, das bereits fünf Jahre alte Jarass-Gutachten zu widerlegen, brachte IHK-Präsident Friedrich Herdan seine Meinung etwas deutlicher auf den Punkt: "Dieses Gutachten ist hirnrissig!"
In seiner Begrüßung hatte Herdan davon gesprochen, dass eine neue Stromtrasse von "schicksalhafter Bedeutung" für den Wirtschaftsraum Coburg sei. Denn hier gebe es nun einmal sehr viel produzierendes und somit energieintensives Gewerbe. Aber was passiert, wenn die Energiewende nicht gelingt und sich die "Strompreis-Spirale" weiter nach oben dreht?

Herdan sagte klipp und klar: "Diese Trasse muss gebaut werden." Wo noch Zweifel seien, müsse "Überzeugung gesät" werden. Und genau das versuchte Martin Fuchs, indem er zunächst mit ein paar gängigen Vorurteilen aufräumte. Erstens: Die neue Trasse werde nicht nur dafür benötigt, um an der Nordsee erzeugte Windenergie nach Bayern zu bringen. Zum einen gehe es auch darum, die verbliebenen Kraftwerke gut anbinden zu können. Zum anderen müsse die bereits vorhandene Trasse Remptendorf-Redwitz dringend entlastet werden. Er verglich das mit einer Autobahn, auf der ständig Stau herrsche: "Da ist es auch keine Lösung, einfach nur eine weitere Fahrspur zu bauen - besser ist es, neue Verkehrswege zu schaffen und die bestehenden nicht zu überfordern." Ebenso müsse das gesamte Stromnetz in Deutschland leistungsfähiger werden.

Keinen Stromausfall riskieren

Immer wieder kam Martin Fuchs in diesem Zusammenhang auf die "Stromsicherheit" zu sprechen und machte deutlich, warum das Risiko eines Stromausfalls in Deutschland so gering wie nur möglich gehalten werden müsse. "Die Auswirkungen eines Stromausfalls wären dramatisch", sagte er, und zwar sowohl für die Wirtschaft als auch für alle Privathaushalte. Und als er das zum etwa fünften Mal gesagt hatte, schob er augenzwinkernd eine Erklärung hinterher: "Meine Aufgabe ist es nun mal, den Teufel an die Wand zu malen - sonst nagelt man mich an die Wand."

Dafür, dass speziell viele Anwohner in der Trasse selbst so etwas wie den Teufel sehen, hat der Tennet-Chef sogar Verständnis. Er machte gestern Abend aber auch deutlich, dass es durch die politisch gewollte Energiewende seiner Meinung nach keine Alternative dazu gibt. "Bei den erneuerbaren Energien sind wir gut voraus, aber beim Netzausbau und den Reservekraftwerken sind wir massiv hintendran."

"Kosten werden überschätzt"

Die Sorge, dass der Bau der neuen Trasse sehr viel Geld kostet und deshalb die Strompreise ebenfalls weiter steigen lässt, versuchte Martin Fuchs zu nehmen: "Der Netzausbau wird kostenmäßig überschätzt." Als Beispiel kam er wieder auf die so überlastete Trasse Remptendorf-Redwitz zu sprechen. Dort müsse derzeit so oft und so stark regulierend eingegriffen werden, dass dadurch unnötige Kosten von gut 150 Millionen Euro entstehen. Genau dies wären in etwa auch die Entstehungskosten für die neue und entlastende Trasse von Altenfeld durchs Coburger Land bis nach Redwitz.
Fuchs Fazit lautete schließlich: "Diese Trasse ist dringend erforderlich." Man habe ja auch verschiedene Varianten angeboten, nun müsse man eben abwägen: "Näher ran an die Bürger - oder an die Graureiher?"