"Ich versuche einfach nur, die Geschichten gut zu erzählen"
Autor: Jochen Berger
Coburg, Sonntag, 14. Dezember 2014
Andreas Hofmeir ist ein außergewöhnlich vielseitiger Künstler. Der gebürtige Münchner ist nicht nur Tuba-Professor am Mozarteum, sondern als Solist auf Klassik-Podien ebenso erfolgreich wie mit der Kultband "La Brass Banda". Am Montag (15. Dezember, 20 Uhr) ist er Solist im Sinfoniekonzert im Landestheater Coburg.
Klassischer Tubist, La Brass-Banda-Tubist, Kabarettist, Autor, Hochschule-Professor - in welcher Rolle fühlen Sie sich am wohlsten?
Andreas Hofmeir: Ich fühle mich bei der Lesung schon sauwohl - das ist meine Autobiografie, das ist mein Humor, so bin ich halt. Mein Humor ist vielleicht etwas sehr Spezielles, sehr trocken. In dieser Lesung ist alles von mir drin. Da ist meine kabarettistische Seite, mein Faible auch für Unterhaltungsmusik, für diesen brasilianischen Jazz. Dann mache ich auch Klassik in dem Programm - diese Lesung spiegelt mein Spektrum am besten wider. Aber ich fühle mich auch sauwohl, wenn ich mit Orchester als Solist auftrete. Das habe ich schließlich studiert, ich habe jahrelang im Orchester gespielt, habe in insgesamt 35 Profiorchestern zumindest aushilfsweise musiziert. Ich bin auch zuhause in der Welt der klassischen Musik, auch wenn ich zeitweise komplett andere Wege gegangen bin.
Ihr Programm im "Schwarzen Bären" erzählt von manchen skurrilen, auch von sehr unwahrscheinlichen Situationen. Was davon ist wirklich passiert?
Was ich im "Schwarzen Bären" erzählt habe, stimmt von vorne bis hinten alles - wirklich alles. Die Lesung hat einen 100-prozentigen Wahrheitsgehalt. Aber das glaubt mir ja keiner. Es ist nicht einmal zugespitzt - ich versuche einfach nur, die Geschichten gut zu erzählen. Ich finde es manchmal ein bisschen schade, dass die Leute das nicht glauben. Denn die Geschichten werden noch lustiger, wenn man weiß, dass es wahr ist. Als Grenzgänger fordert man die blöden Situationen heraus. Und ich bin halt auch ein Chaot und suche manchmal die doofen und schwierigen Situationen.
Welche Bedeutung hat das Kapitel als Tubist bei La Brass Banda für Sie?
Das war ein lustiges Kapitel, weil ich mit dieser Art von Popmusik vorher überhaupt keine Berührung hatte. Ich war auch vorher nicht als Gast in Clubs oder auf Festivals unterwegs. Ich bin nur durch die Band dazu gekommen. Da bin ich regelrecht reingerutscht, habe mich komplett darin vertieft, war auch neugierig. Das ist eine tolle Erfahrung, eine solche Welt kennen zu lernen, die mir vorher komplett verschlossen war.
Wie geht es für Sie weiter mit dem Kapitel La Brass Banda?
Das ist schwierig zu sagen. Ich habe dieses Jahr pausiert, weil ich selber rund 120 Auftritte hatte mit Solo, mit Kabarett und Tuba-Harfe. Da hat der Echo Klassik-Preis viel losgetreten und ich hatte Lust, mich auf so etwas zu stürzen, weil ich das Kabarett, das ich seit 17 Jahre mache, eine Weile habe schleifen lassen. Das war schade. Das Kabarett ist für mich ein ganz wichtiges Ventil. Andererseits konnte ich jetzt auch nicht warten, bis sich die Band entscheidet, was sie im nächsten Jahr macht. Ich habe schon jetzt für nächstes Jahr 85 Auftritte ausgemacht. Irgendwann müssen wir entscheiden, wie es weitergeht. Ich wollte einfach mal sehen, wie es mir ohne Band geht, wie die eigene Karriere läuft.
Gibt es Momente, in denen der Klassik-Solist in Ihnen den La Brass Banda-Tubisten um seinen Erfolg beneidet?
Natürlich gehen zu La Brass Banda Konzerten mehr Leute als zu meinen Lesungen. Und die Leute schreien und tanzen und hüpfen. Aber man muss einfach wissen, was man möchte. Ich persönlich bin ja kein Hüpfer und Tänzer. Ich freue mich, wenn ich in einem Konzerte sitze und von der Musik verzaubert werde. Danach bin ich mindestens genauso glücklich wie nach einem La Brass Banda-Konzert. Die Publikumsreaktionen bei La Brass Banda können einen wirklich ein bisschen vergiften. Ein so laut schreiendes Publikum hat man natürlich immer im Ohr. Aber eine knisternde Stille nach dem letzten Ton, in der man das Stauen hören kann, ist eigentlich noch toller. Natürlich ist meine Rolle als Solist oder in meinem Kabarettprogramm noch eine andere als ein Rädchen in der Band.
Warum muss die Tuba immer noch um die öffentliche Anerkennung kämpfen? Weil das Repertoire für dieses Instrument nicht so üppig ist wie beispielsweise für die Geige?
Der Traum ist natürlich schon, die Tuba als solistisches Instrument wirklich zu etablieren - als absolut gleichberechtigtes Instrument. Dass es wirklich selbstverständlich ist für eine Sinfonieorchester weltweit zu sagen, wir machen mindestens alle zwei Jahr ein Tuba-Konzert. Ich habe in meiner Liste 20 Tuba-Konzerte - und ich stehe hinter jedem einzelnen dieser Konzerte. Das sind wirklich tolle Konzerte - und wirklich weitaus besser als manche Geigenkonzerte, die rauf und runter gespielt werden.
Sehen Sie echte Chancen, die Tuba wirklich als Soloinstrument zu etablieren?
Absolut. Sehen Sie doch nur, was Martin Grubinger mit dem Schlagzeug gemacht hat. Kein großes Orchester der Welt hätte früher gesagt, wir nehmen jedes Jahr ein Schlagzeugkonzert ins Programm. Die Leute freuen sich doch, wenn mal etwas anderes kommt, als immer nur die gleichen Stücke. Natürlich kann man beklagen, dass sich Intendanten viel zu oft dem Fluch des Repertoires unterwerfen, weil die Experimentierfreude viel zu gering ist. Das ist wirklich traurig. Denn in subventionierten Betrieben sollte eigentlich der Mut größer sein als in der freien Marktwirtschaft.
Welche Chancen sehen Sie für das Instrument Tuba generell?
Die Tuba ist von ihrer Tauglichkeit als Soloinstrument unter den besten zehn Prozent. Die Tuba hat einen Tonumfang wie wenige andere Instrumente. Von der Dynamik her bietet sie viel mehr als ein Streichinstrument. Sie kann viel lauter spielen als eine Geige, kann genauso leise spielen wie eine Geige. Dieses Instrument verlangt nach Pionierarbeit - und die leiste ich gerne. Die Tuba hat einen so weichen und runden Klang - und tiefe Frequenzen sind eigentlich eine Grundsehnsucht der Menschheit. Die Leute geben Hunderte von Euro aus für Klangschalentherapien, um zur Ruhe zu kommen, dabei müssen sie bloß ein Tuba-Konzert anhören. Eine Tuba-Quartett-CD zu kaufen, würde eine ganze Klangschalentherapie ersetzen.