Druckartikel: Hunde, Krähen, Schattenbilder

Hunde, Krähen, Schattenbilder


Autor: Dr. Carolin Herrmann

Coburg, Dienstag, 28. Juli 2015

Hanspeter Heußel und Robert Reiter näherten sich mit Gedicht und Zeichnung den einfachen und besonderen Lebensmomenten. Am Samstag stellen sie das reizvolle Heft bei der Coburger Buchhandlung Riemann vor.
Hanspeter Heußel und Robert Reiter: Hoch aufgerichtet den schwarzen Leib und die / ragenden Ohren, / die Pfoten am Boden gestemmt; / so sitzt der Hund gedankenverloren. / Groß steht sein Schattenbild auf bräunlich schimmernder Wand.  Fotos: Carolin Herrmann


Zwei alte Herren. Sitzen da, einander zugeneigt. Schmunzeln, kichern gar. Irgendwann haben sie sich gefunden als Lehrerkollegen, gemeinsam auf Wanderschaft, als Freunde? Dichtend, zeichnend aufeinander zugehend, der Humor bindet sie: Hanspeter Heußel und Robert Reiter, 78 und 83 Jahre alt, früher Lehrer am Coburger Gymnasium Ernestinum, der eine für Latein, Geschichte und Deutsch, der andere Kunsterzieher.

Und jetzt kam es zum Buche. Gedichte und Zeichnungen, in denen die beiden auf die Welt zugreifen, denn wozu macht man den sonst Gedichte; Momente nur oder auf das Ungeheuerliche dahinter blickend. Ein schön gedrucktes Heft eher, auf kräftigem Papier, dem Zwang zum Praktischen im Leben durchaus entsprechend. Die beiden stellen es am Samstag um 10.30 Uhr bei Riemann im Caféchen vor. Heußel will lesen, Reiter wird jedem, der eines der nur in einer Auflage von 200 gedruckten Exemplare (15 Euro) erwirbt, eine Originalzeichnung zum Buchthema dazu schenken.

Robert Reiter, der in Untersiemau lebende Grafiker, ist ein unermüdlicher Zeichner, sehr präsent in unserer Region und darüber hinaus. Wie der nun auf den Dichter blickt und das Gedichtete, das ergibt in diesem Heft eine schmunzelnde Begegnung der dritten oder wievielten Art auch immer.

Trost-Nägel

Hanspeter Heußel, reimend oder auch freier formulierend Situationen, Lebensmomente, Bilder von Welt und Leben ver-dichtend, hält ein bisschen die Zeit an, Weisheit weniger suchend, als dass sie sich eben so ergibt; eher nach Trost-Nägeln greifend aus dem Fluss des Lebens heraus. Die Verzweiflung über manches Leid schon hinter sich gelassen, ein Stücklein wenigstens:

"Ein Gedicht wie ein Nagel. Schlag ihn in die Wand, / häng den Augenblick dran mit starkem Band. / Doch täusche dich nicht! / Schau hin bei Licht:/ angefressen ist der Nagel vom Rost, / und das Unheil naht, schnell wie die Post."

An Epikur hält sich Heußel in diesem Gedicht, der uns sagte, wir sollten doch lieber das Glück in der unmittelbaren Gegenwart suchen statt heftig herumzustreben. Seelenheil finden, sei wichtiger. Heußel pflegt den kleinen, feinen, heute ein bisschen altmodisch wirkenden Zug, Wörter umgesetzt wie früher, aber berührend erst Recht.
Und Robert Reiter? Der sitzt mit schneller Hand daneben, setzt und stellt das beschriebene Bild in treffenden Linien dem formulierten Bild gegenüber, nicht nur die Umrisse treffend; Reiter findet hinter die Oberfläche. Manchmal mit verblüffend wenigen Strichen, manchmal heftig ziehend und schraffierend, ein Muster webend.
- Wie der den schreibenden Heußel mit seinem Oberlippenbärtchen so von der Seite anpiekst, seine spitzen Fingen sieht, ganz bei sich, das Schelmische in der Kontur. Der Wanderer, auch mit Hunden, ganz generell durch die Berge ziehend, anderen Ortes eher ratlos und verloren stehend. Oder auch die Tiere: der gräßliche Rabe aus Heußels schlafloser Nacht, der weiße Gockel-Pascha aus dem "Hofleben". Deren Possierlichkeit hält sich in Grenzen, da ist und bleibt ein spitzer Zug. Wie in den Gedichten Heußels auch. Und bei allem Witz in der Zeichnung - der grimmige Blick zu "Bergsteigers Bescheidung" birgt des Lebens Bitterkeit.

Robert Reiter 1932 in Bratislava geboren, studierte an der Akademie der bildenden Künste in München. Als Kunstpädagoge war er bis zu seiner Pensionierung 1995 an den Coburger Gymnasien Alexandrinum und Ernestinum tätig. Reiter ist mit zahlreichen Ausstellungen im Raum Coburg, in der Region sowie im europäischen Ausland hervorgetreten. Er suchte schon häufiger die Zusammenarbeit mit Schriftstellern. Reiter lebt in Untersiemau.

Hanspeter Heußel 1937 geboren, aufgewachsen in Traunstein, war Lehrer für Latein, Geschichte und Deutsch am Gymnasium Ernestinum. Er lebt in Ahorn.