HUK-Coburg-Umfrage: Hartes Urteil über deutsches Mobilitätskonzept
Autor: Redaktion
Coburg, Dienstag, 10. Mai 2022
Zu den politischen Schlagwörtern der vergangenen Jahre zählt die "Verkehrswende". Eine Umfrage der HUK-Coburg deutet aber darauf hin, dass eine große Mehrheit in Deutschland hier keine Wende zum Guten erkennen - und nur ungern vom Auto in Bahn und Bus umsteigt.
Ungeachtet des politischen Werbens für Bus und Bahn fährt die große Mehrheit der Menschen in Deutschland nach wie vor am liebsten mit dem Auto. 70 Prozent der Befragten nannten in einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage das Auto als das Verkehrsmittel, das ihre Bedürfnisse am besten erfüllt. Dabei sind elektrische Autos inbegriffen. Zug, S-Bahn, Straßenbahn und Bus rangieren dagegen hinter Gehen und Radfahren. Das Umfrageinstitut Yougov befragte insgesamt 4173 Menschen im Januar und Februar, also vor Beginn des Ukraine-Kriegs und dem darauf folgenden Benzinpreissprung. Auftraggeber war die Versicherung HUK Coburg.
Lediglich 16 Prozent nannten die Bahn als ideales Verkehrsmittel. Bei Bus beziehungsweise S-Bahn und Straßenbahn waren es jeweils 12 Prozent. 32 Prozent nannten Fahrrad beziehungsweise E-Bike - dabei sind Doppelnennungen herausgerechnet. 29 Prozent gehen am liebsten zu Fuß. Die Befragten mussten sich nicht für ein Verkehrsmittel entscheiden, Mehrfachantworten waren möglich. Die HUK veröffentlichte ihre Mobilitätsstudie nach 2021 zum zweiten Mal.
"Ausspaziert": Deutsche wollen weniger zu Fuß gehen
Auffällig im Vergleich zu der vom Corona-Lockdown geprägten Vorgängerumfrage ist vor allem, dass das Gehen stark an Beliebtheit verloren hat: Vor einem Jahr hatten noch 38 Prozent gesagt, dass sie am liebsten zu Fuß unterwegs seien. Autos (2021: 73 Prozent) haben zwar leicht an Beliebtheit verloren und öffentliche Verkehrsmittel leicht gewonnen, aber am grundsätzlichen Bild hat sich nichts Wesentliches geändert.
Ebenso spielen die Kosten für viele Bürger eine größere Rolle als der Umweltschutz: Auf die Frage nach den wichtigsten Inhalten eines Verkehrskonzepts antworteten 49 Prozent, dass Mobilität für alle Bevölkerungsgruppen bezahlbar sein solle. 37 Prozent plädierten für generell niedrigere Kosten. Dagegen sagten 26 Prozent, dass der Verkehr keine Treibhausgase erzeugen solle.
"Für die Mehrzahl der Deutschen ist das alleinige Zurückdrängen des Autos keine zielführende Zukunftsstrategie, auch nicht in den Städten", sagte HUK-Vorstandsmitglied Jörg Rheinländer. "Favorisiert wird der Umstieg auf Elektro- oder andere CO2-freie Antriebe, verbunden mit der Forderung nach einer deutlichen Kostensenkung für erneuerbare Energien."
Von wegen Verkehrswende: Kritik am Mobilitätskonzept in Deutschland
Die Deutschen stellen der Mobilitäts-Entwicklung in den letzten fünf Jahren ein eher schlechtes Zeugnis aus. Ob bei Kosten, Schnelligkeit, Flexibilität, Hygiene, Organisierbarkeit und auch CO2-Freiheit: In keinem der zehn von der HUK-Studie abgefragten Bereich wird mehrheitlich eine Entwicklung zum Besseren festgestellt.
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Bei der Entwicklung der Kosten fällt das Fazit der über 40-Jährigen besonders hart aus. Die unter 40-Jährigen sehen so etwa zumindest keine Verschlechterung bei der Organisierbarkeit und Schnelligkeit von Mobilität. Die Älteren sehen dagegen auch in diesen beiden Bereichen klar negative Tendenzen. Dr. Jörg Rheinländer: „Bei der Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger von den Verantwortlichen einen ergebnisoffenen Umgang mit neuen Lösungen und vor allem auch die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse. Das gilt besonders für die Älteren. Die Jüngeren zeigen sich offener.“