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HUK-Coburg-Chef: Gemeinsame Angebote schaffen


Autor: Simone Bastian

Coburg, Montag, 04. April 2016

Wolfgang Weiler, Sprecher der HUK-Vorstände, über Standortqualität, Steuerlast und was nicht passieren sollte.
Wolfgang Weiler  Foto: Matthias Litzlfelder


Vom Steueraufkommen her ist Coburg eine der reichen Städte in Bayern. Das ist vor allem der HUK Coburg zu verdanken: Der Versicherungskonzern mit knapp 5600 Mitarbeitern am Standort ist der mit Abstand größte Gewerbesteuerzahler in der Stadt. Trotzdem steht die Stadt vor der Aufgabe, ihren Haushalt zu konsolidieren und hat gerade den Gewerbesteuerhebesatz von 300 auf 310 Prozent angehoben. Dieser Wert entspricht dem sogenannten Nivellierungshebesatz: Alle Umlagen, die bayerische Städte zahlen müssen, werden auf Basis dieses Hebesatzes berechnet.

Tageblatt:Herr Dr. Weiler, sind 310 Prozent angemessen für einen Standort wie Coburg?
Wolfgang Weiler: (lacht) Ich hielte 200 Prozent auch für angemessen. Aber ich verstehe natürlich, dass es sich bei dem Nivellierungshebesatz um ein Problem handelt, das die Stadt nicht selbst verursacht hat.

Ich bin nicht begeistert über die Anhebung, aber es ist ja auch nicht mehr geworden. Nichtsdestotrotz hat die Stadt Coburg nach wie vor ein enormes Gewerbesteueraufkommen. Sie hat im Schnitt der letzten fünf Jahre pro Kopf 1400 Euro Gewerbesteuer gehabt. Das ist die Liga München, Regensburg. Bamberg hatte 511 Euro, viel weniger als die Hälfte, bei einem höheren Hebesatz mit 390 Prozent. Hof ist das schöne Beispiel dafür, dass man den Hebesatz dauernd erhöhen kann und trotzdem immer weniger Geld hat.

Trotzdem ist die Rede von Haushaltskonsolidierung. Die Kämmerin, Regina Eberwein, ist entschlossen, den Haushalt bis 2020 auszugleichen.
Frau Eberwein drängt wie ihr Vorgänger auf Konsolidierung und aktiviert alle Dinge, die sie aktivieren kann, im Rahmen dessen, was ein Kämmerer gestalten kann. Letztendlich entscheidet der Stadtrat.

Es gab schon Aussagen wie: "Wenn wir die 6,5 Millionen Euro fürs Landestheater nicht hätten, wären wir unsere Sorgen los." Die verschiedenen Gruppen bringen sich also schon in Stellung.
Das ist ein relativ normaler Vorgang, in Unternehmen übrigens auch. Das ist eine Frage der Entscheidungsfindung, wo setze ich meine Prioritäten, was meine ich, dauerhaft in einer Stadt zu brauchen, was sind Dinge, die ich so nicht oder nicht heute machen kann oder die ich mir überhaupt nicht leisten kann. Auch ein Unternehmen kann nicht in alles investieren, was es möchte.

Coburg ist ein starker Standort, von den Unternehmen her betrachtet. Aber es heißt auch immer wieder, er sei nicht sehr attraktiv für Fach- und Führungskräfte. Wie wichtig sind da Dinge wie Landestheater und Sambafestival?
Neue Mitarbeiter kommen nicht zu uns, weil sie unbedingt in Coburg arbeiten wollen, von Rückkehrern mal abgesehen. Sie kommen, weil sie bei der HUK Coburg arbeiten wollen. Wir haben einen ausgesprochen guten Namen als Arbeitgeber. Aber Coburg konkurriert hier mit großen Versicherungsstandorten, mit Hamburg, Dortmund, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Hannover, Stuttgart, Nürnberg, München. Deshalb muss Coburg mit Dingen punkten wie der Familienfreundlichkeit, das ist hier ein echtes Plus. Aber es muss auch etwas drumherum geboten sein: Das mag für den einen Kulturleben sein, Sport für den anderen, oder gesellschaftliches Leben. Gemessen an der Größe der Stadt bietet sich hier einiges. Und Coburg könnte sich vernetzen, mit den anderen in der Nachbarschaft die Kräfte bündeln. Wenn einer klassische Konzerte mag, hat er zum Beispiel in Bamberg gute Möglichkeiten. Aber es gibt andere Dinge, die kann eine Stadt nicht überwinden. Gibt es Jobs für die Partner unserer neuen Mitarbeiter? Erfreulicherweise gibt es in Coburg und im Umfeld gute Unternehmen, die Jobs bieten. Aber es ist nicht die Breite an Branchen wie in einem Ballungsraum. Wer in München von einer Versicherung zur anderen wechselt, hat abgesehen davon kaum Veränderungen. Das familiäre Umfeld ist nicht tangiert. Bei einem Umzug der Familie nach Coburg oder einer Fernbeziehung ändert sich alles. Diese Hürde muss man überwinden. Wenn eine Familie hierherzieht, fühlen sich aber alle meist sehr schnell sehr wohl. Und unsere Mitarbeiter sind auch sehr lange bei uns im Unternehmen.

Wo sehen Sie die Coburger Stärken?
Kindergarten, Kitas, Schullandschaft. Das ist eindeutig ein Pfund, mit dem man wuchern kann. Das sind Investitionen, die sind richtig und wichtig. Kultur gehört dazu. Es gibt hier nicht das Angebot wie in einer Großstadt, aber man muss versuchen, ein Kulturleben zu gestalten im Rahmen seiner Möglichkeiten. Nehmen wir die Diskussion um das Landestheater. Den Staatsvertrag sollte die Stadt nicht antasten. Aber sie kann immer schauen, ob sie etwas verbessern kann im Rahmen ihrer vertraglichen Möglichkeiten. Das ist ganz normales Arbeiten im Lauf langjähriger Vertragsbeziehungen. Die Hochschule ist ein weiteres Pfund, mit dem die Stadt wuchern kann. Die Hochschule hat eine sehr gute Entwicklung genommen, mit wachsenden Studentenzahlen, breiterem Fächerangebot, stärkerer Vernetzung mit der Wirtschaft. Wir haben damals mit den nordbayerischen Versicherungen den ersten berufsbegleitenden Studiengang in ganz Bayern initiiert, den dualen Studiengang Versicherungswirtschaft. Das sind Dinge, die helfen, die Standortattraktivität zu steigern. Hinzu kommen die starken Unternehmen. Auch sie schaffen eine gewisse Magnetwirkung. Welche Stadt vergleichbarer Größe kann von sich behaupten, dass sie mehrere Unternehmen hat mit einem so guten Ruf als Arbeitgeber?

Das Gespräch führte
Simone Bastian
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