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HSC Coburg hat sich zu selten belohnt


Autor: Ralph Bilek

Coburg, Montag, 02. Januar 2017

Der HSC 2000 Coburg verabschiedet sich als Tabellenvorletzter in die WM-Pause. Trainer Jan Gorr zieht nach der ereignisreichen Hinserie eine erste Bilanz.
Florian Billek schließt im Duell mit dem Leipziger Bastian Roscheck ab. Gegen die Sachsen setzte es in der Vorrunde eine knappe 31:33-Heimniederlage.  Foto: Albert Hochstädter


Als Abstiegskandidat in die Saison gegangen - zumindest wurde das von vielen Seiten attestiert - kam der Kracher gleich am Eröffnungsspieltag mit dem Sieg bei der MT Melsungen. So steil der Höhenflug war, so schnell landete der HSC 2000 Coburg wieder auf dem Boden der Tatsachen. Das Schicksal eines personell limitierten Aufsteigers, dessen Kader ganze zehn Minuten in der Hinrunde komplett besetzt war. Oder eigentlich nie - denn mit einer blauen Karte gegen Florian Billek in der ersten Runde des DHB-Pokal begann die Erstligazeit des HSC. Nach zehn Minuten Spielzeit in Melsungen verletzte sich Tom Wetzel und ist noch nicht zurückgekehrt. Ihm folgten immer wieder andere Spieler. Als Langzeitverletzte stehen noch Markus Hagelin und Stefan Lex auf der Ausfallliste. "Die Konkurrenz hat nachträglich Verstärkungen geholt, unsere Rahmenbedingungen gaben und geben das nicht her. Von daher habe ich großen Respekt vor meiner Mannschaft, wie sie auch mit personell extrem schwierigen Situationen umgegangen ist", analysiert Coburgs Trainer Jan Gorr. Trotz allem Einsatz und Kampfbereitschaft hat sich eben doch gezeigt, dass die Coburger limitiert sind. Das haben gerade zuletzt die Gegner zu nutzen gewusst.


Am Anfang Punkte liegengelassen

Aber das Team von Jan Gorr hat das Beste herausgeholt, zumindest nach den Leistungen - auch wenn der ein oder andere Punkt liegen gelassen wurde. Das beste Beispiel ist das Spiel in Hannover, wo die Coburger noch zwei Minuten vor dem Ende geführt hatten. Lediglich gegen Magdeburg, Flensburg und in Lemgo war der HSC wirklich chancenlos, gegen die anderen hielten sie die Partien oft lange offen. "Wir haben es allerdings am Anfang gegen Stuttgart und Leipzig verpasst, in eigener Halle wichtige Punkte zu holen. Aber da waren wir als Mannschaft noch nicht so weit in der Zusammenarbeit", bedauert Jan Gorr die Zähler, die am Ende fehlen könnten. Wobei der Abstieg kein Beinbruch wäre und die Verantwortlichen auch mit dieser Option offen umgehen.
Allerdings glichen sich die Spiele des Tabellenvorletzten im Zwei-Wochen-Rhythmus. Der Tenor gerade nach den Auswärtsspielen war oft der gleiche. Mehrmals sprach Gorr von der tollen Moral und einer wahnsinnig couragierten Leistung. Eine bessere Ausgangsposition für die Rückrunde wäre möglich gewesen. Aber er, der auf Kollektiv gesetzt hatte, musste durch die Ausfälle nahezu Woche für Woche improvisieren. Da war es schon bemerkenswert, mit welcher Energie und Engagement die Coburger die Konzepte des Trainers auf die Platte brachten.
Die ersten Spiele im neuen Jahr werden richtungsweisend sein. Gorr ist froh, dass er mit seinem Team nach der WM-Pause erst am 18. Februar 2017 wieder einsteigen muss und eine richtige Vorbereitung für die zweite Saisonhälfte durchziehen kann. Dann aber zählt es gleich: daheim gegen Lemgo, dann beim Bergischen HC. Es folgt das Heimderby gegen den HC Erlangen, danach geht es zum SC DHfK Leipzig und zu HBW Balingen-Weilstetten. Dabei ist klar, dass es wie bisher nicht weitergehen kann. Denn nun braucht es aus solchen Spielen dringend Punkte, um dem drohenden Abstieg zu entgehen. Zuversichtlich bei der Umsetzung des Vorhabens stimmt, dass die Coburger oft über weite Strecken der Partien auf Augenhöhe waren und nur Kleinigkeiten fehlten, um mehr als die bisherigen sechs Punkte mitzunehmen. Auch sollten die Verletzen und somit die Alternativen zurückkehren. Es besteht außerdem die Hoffnung, dass die Rückrunde mit weniger Ausfällen behaftet ist. Denn die HSCler hatten bisher genug Ausfälle für die gesamte Saison - und will man die Chance auf den Ligaerhalt nutzen, wird das komplette Kollektiv gebraucht. Sollte es dennoch nicht funktionieren, muss eben ein neuer Anlauf gestartet werden. Dann aber wird es wohl schwieriger. Denn es ist geplant, künftig nur noch zwei Teams aus der zweiten Liga aufsteigen zu lassen. Auch soll es nur noch zwei Absteiger in die dritten Ligen geben. "Die Idee ist nachvollziehbar. Gerade in Liga Zwei war es ein Kommen und Gehen mit drei Aufsteigern und vier Absteigern", so Gorr, der durch die beabsichtigte Lösung den Stellenwert der zweiten Liga angehoben sieht. Er hat aber auch Bedenken: "Die erste Liga könnte zur geschlossenen Gesellschaft werden. Es ist jetzt schon schwer, sich dort zu behaupten und das wird so noch schwerer." In der zweiten Liga traut Gorr seinem langjährigem Verein TV Hüttenberg in dieser Saison den Durchmarsch in die Bundesliga zu. Die Hüttenberger stehen zur WM-Pause punkt- und tordifferenzgleich mit TuS Nettelstedt-Lübbecke überraschend an der Tabellenspitze. Der Abstand zu einem Nichtaufstiegsplatz beträgt fünf Punkte: "Der Abstieg in die dritte Liga war nur ein Betriebsunfall. Hüttenberg verfügt über eine ehrgeizige, junge Mannschaft mit einer klasse Deckung." Gleich am ersten Spieltag im neuen Jahr kommt es in Lübbecke zum "Gipfeltreffen".


Neue Regeln akzeptiert

Abgefunden hat sich der HSC-Coach mit den Regeländerungen zu Saisonbeginn, insbesondere dem zusätzlichen Feldspieler - aber: "Ich bin auch weiterhin wenig begeistert davon, das ist heute nicht anders wie vor einem halben Jahr. Mir gefallen die "Empty Net Goals" nicht. Der Spielgedanke kommt mir dabei zu kurz."
Der Taktiker Gorr will und wird sich mit der Taktik des zusätzlichen Feldspielers nicht anfreunden, mit Ausnahme der eigenen Unterzahl bei einer Zeitstrafe. "Natürlich kann der siebte Feldspieler in besonderen Situationen auch für uns einmal ein Mittel sein. Fester Bestandteil unseres Spiels wird er aber sicher nicht." Nun wird er sein Team akribisch auf die restlichen 16 Partien vorbereiten, um das scheinbar Unmögliche zu schaffen: den Klassenerhalt. Und das war ebenfalls vor einem halben Jahr nicht anders.