Druckartikel: Hinz und Kunz auf Irrfahrt in Weidhausen

Hinz und Kunz auf Irrfahrt in Weidhausen


Autor: Berthold Köhler

Weidhausen bei Coburg, Samstag, 14. November 2015

Die derzeit laufende Sanierung der Hauptstraße beschäftigt die Gemeindeverwaltung von Weidhausen (Landkreis Coburg) mehr als ihr lieb sein kann. Weil sich kaum jemand an die Sperrung der Straße hält, stehen die Telefone im Rathaus nicht still.
Die Bauststelle auf der Weidhäuser Hauptstraße. Foto: Berthold Köhler


Jetzt, wo der Ausbau der Hauptstraße unmittelbar vor seiner Halbzeit- und Winterpause steht, muss Bürgermeister Markus Mönch (parteilos) noch einmal Nerven beweisen. Die Tatsache, dass die Hauptstraße zwischen Mitte vergangener und Mitte nächster Woche teilweise komplett für den Verkehr gesperrt ist, scheint nicht überall gut angekommen zu sein. "Mehr Ärger, als wir gedacht haben", hat sich die Gemeinde laut Mönch bei der Baustelle eingefangen.

Eigentlich wäre ja alles in Butter. "Finanziell und letztlich auch zeitlich" liegt die Straßen- samt Kanalsanierung im ersten Bauabschnitt nach Angaben des Bürgermeisters voll im Plan. Zwischen der Einmündung der Salzgasse und der Biberbachbrücke geht es in inzwischen in den Endspurt: Die alte Straßen-Deckschicht wurde bereits abgefräst, spätestens ab Montag wird eine neue Asphaltschicht aufgezogen.


Kraftfahrzeuge in der Baustelle

Dass bis dahin eigentlich keine Autos fahren sollen, hat seine Gründe - an zahlreichen Stellen ist die Straße noch aufgerissen, teilweise stehen sogar Anschlüsse für Versorgungsleitungen frei. Wenn da ein Auto drüber fährt, sind der Schaden und der Ärger groß. Und dennoch, der Bürgermeister kann es nicht anders sagen: "Hinz und Kunz fährt hier mit dem Auto durch." Immer wieder müssen die Straßenbauer ihre Arbeit unterbrechen, weil Auto- und insbesondere Lastwagenfahrer in der Baustelle "stranden" und rückwärts nicht mehr ausfahren können.

Markus Mönch macht klar, dass er aus den Problemen in der Hauptstraße gelernt hat. Eine improvisierte Lösung, bei der Anwohner mit einem Ausweis in eine eigentlich gesperrte Straße einfahren dürfen, wird er so schnell nicht mehr forcieren. Warum nicht? "Weil sich niemand an die Beschilderung hält, wenn man in die Straße hineinfahren kann." Oder: "Weil die Autofahrer die Straßenverkehrsordnung nur mal so als losen Vorschlag verstehen", ruft einer der Bauarbeiter, während der Bürgermeister einem schwarzen VW-Polo hinterher spurtet, der sich gerade erfolglos in der Slalom-Fahrt zwischen Fräsmaschine, Baugrube und Gartenzaun übt.


"40 Jahre Flickschusterei"

Dass er sich auch von Anwohnern der Hauptstraße böse Worte anhören musste, ärgert Mönch sogar noch ein bisschen mehr als die erstaunlich vielen verirrten Ortsfremden. "40 Jahre ist hier nur Flickschusterei betrieben worden", sagt Mönch bei der Baustellenbesichtigung. Da sei es doch von der Gemeinde nicht zu viel verlangt, wenn die Anlieger gebeten werden, mal eine Woche nicht mit dem Auto bis direkt vor die Haustüre zu fahren. "Ich hätte mir mehr Verständnis erhofft", sagt Mönch schulterzuckend und verweist auf die Anlieger am Reußenberg. Als dort von der Gemeinde Kanal und Wasser verlegt wurden, ging da monatelang nichts. Im Vergleich dazu sei die Fahrbahnsanierung auf der Hauptstraße nur einer kleiner Fisch.

Nichtsdestotrotz: Vermutlich am Dienstagabend beginnt auf der Baustelle die Winterpause. Der Bauabschnitt I ist, weil das Wetter mitgespielt hat, dann nahezu abgeschlossen. Auf Anraten der Baufirma werden die linksseitigen Gehsteige zwischen der örtlichen Apotheke und dem Biberbach erst im kommenden Jahr erneuert. Auf der rechten Seite sind die Rinn- und Randsteine hingegen schon ausgetauscht. Der Gehweg-Belag hier bleibt erhalten, weil der Zustand noch recht gut ist.

Bauabschnitt II steht dann im kommenden Jahr an. Los geht es zwischen der Biberbachbrücke und dem Bolzplatz Richtung Neuensorg mit der Sanierung einiger schadhafter Stellen am Kanal im Frühjahr. Dort erwartet der Planer der Gemeinde, Horst-Dieter Göhring, nicht gar so viel Arbeit wie im ersten Bauabschnitt. Der größte Teil der beschädigten Kanalschächte kann ohnehin per "Inliner"-Verfahren mit einem Spezialgerät von innen versiegelt werden.


Kostenlose Lehrstunden

Verläuft der zweite Bauabschnitt so glatt wie der erste, dürften nach Einschätzung des Bürgermeisters auch die Kosten in dem Rahmen bleiben, der dem Weidhäuser Gemeinderat kommuniziert wurde: "Knapp über 300 000 Euro." Die unerfreulichen, aber zumindest lehrreichen, Erfahrungen für die Verwaltung und den Bürgermeister gab es sogar kostenlos.