Hindemith-Oper "Neues vom Tage" in Coburg: In Liebe und Hass verbunden
Autor: Jochen Berger
Coburg, Sonntag, 31. März 2019
Wie Paul Hindemiths heitere Oper "Neues vom Tage" ihre freundlich aufgenommene Coburger Erstaufführung am Landestheater erlebte.
Am Anfang steht die Skepsis. Kann ein Stoff, der nach platter Kolportage klingt, als Vorlage für einen witzigen Opernabend am Landestheater Coburg dienen?
1. Das Vorurteil
Diese Oper ist eine einzige Banalität. Wenn sich der Premierenvorhang für die Coburger Erstaufführung von Paul Hindemiths lustiger Oper "Neues vom Tage" hebt, erlebt das Publikum das frisch verheiratete Ehepaar Laura und Eduard, dass sich nach Herzenslust streitet und nur noch ein gemeinsames Ziel kennt: sich scheiden zu lassen.
Auf dem Weg zur Scheidung soll ein "Büro für Familienangelegenheiten" helfen, das bei Bedarf juristisch hieb- und stichfeste Scheidungsgründe liefert in Gestalt des schönen Herrn Hermann. Zum Pauschalpreis lassen sich bei diesem Herrn kompromittierende Begegnungen buchen. Doch bis zur erstrebten Scheidung gibt es allerlei Verwicklungen, allerdings kaum vernünftige dramaturgische Substanz.
Aus Geldnot verkaufen Laura und Eduard schließlich ihre Geschichte an die Medien, um ganz zum Schluss zu erkennen, dass sie sich eigentlich lieber doch nicht scheiden lassen wollen. Mehr aber passiert nicht in knapp zwei Opernstunden, die es an Trivialität mit jeder schlechten Reality-Soap im Privatfernsehen aufnehmen.
An dramaturgischer Substanz hat Hindemiths Dreiakter kaum mehr zu bieten als Ermanno Wolf-Ferraris Nichtigkeit namens "Susannas Geheimnis" über die Eifersüchteleien, unter denen die heimlich rauchende Titelheldin zu leiden hat. Doch während Wolf-Ferrraris Intermezzo aus dem Jahr 1909 in schlanken 50 Minuten vorbei ist, zieht sich Hindemiths Opus zwei Stunden dahin. Eigentlich.
2. Das korrigierte Urteil
Warum die keineswegs ausverkaufte Premiere am Landestheater Coburg dennoch zum ungetrübt freundlich beklatschten Erfolg wurde? Ganz einfach: Weil Gast-Regisseur Tibor Torell dem Werk mit seiner ebenso einfühlsamen wie einfallsreichen Inszenierung tatsächlich Bühnenleben einhaucht.
3. Die Regie
Torells entscheidender Kniff: Die Geschichte des streitenden, letztlich aber doch noch sich liebenden Ehepaars lässt er im Rückblick und damit gleichsam nostalgisch verklärt erzählen. Vor allem aber bietet seine einfallsreiche Personenführung der Sopranistin Rannveig Kárádottir als Laura und dem Bariton Marvin Zobel als Eduard beste Gelegenheit, ihr ausgeprägtes Spieltalent zu entfalten und zudem stimmlich zu brillieren. Neben ihnen verblassen zwangsläufig die meisten Nebenfiguren, die Hindemith und sein Librettist Marcellus Schiffer nur skizzenhaft angelegt haben. Lediglich Milen Bozhkov als der schöne Hermann kann sich stimmlich und darstellerisch nachhaltig profilieren.