Herz zu Herzen und alle singen in Coburg
Autor: Dr. Carolin Herrmann
Coburg, Montag, 27. Februar 2017
Der deutsche Liedermacher Axel Diehl spendete bei Leise am Markt viel Trost. Auch seine Vorband Batomae erzählte und erzählte.
Er ist auf jeden Fall ein Mann mit einem großen Herzen, mit einem sehr großen. Und er bekennt sich dazu, verdammt noch mal. Ohne Umschweife und durchaus lautstark. Er hat keine Lust mehr, all diesem Grässlichen in der Welt nur zuzusehen. Und so tut er, was er tun kann, Lieder dichten und singen. Und den Leuten aus dem Herzen sprechen.
Mein Gott, was dieser Axel Diehl alles zu sprechen, zu erzählen hat, ganz persönlich aus seinem Leben, und das Publikum im ausverkauften Leise am Markt hängt an seinen Lippen, liebt ihn dafür, feiert ihn. Singt und singt mit ihm am frühen Sonntagabend, während draußen noch der Fasching keckert.
Und fühlt sich getröstet. Denn der massige Mann mit der Mordsstimme, rau, weich, volles Rohr, volle Wut, voller Schmerz, aber erst Recht auch Liebe, nimmt sie Ernst, auch all die kleinen Gefühle, all die alltäglichen Kümmernisse inmitten der beängstigenden Weltbekümmernisse.
Übers Internet nach oben
Und weil so ein katholisch erzogener Landbub aus der Nähe von Salzburg, der damals insgeheim eher Superman anbetete, er möge ihm Flügel verleihen, weiß, dass man trotzdem nicht alles so ernst nehmen darf, kriegt er immer wieder die Kurve hin zum Lachen. Was Hoffnung macht. Und das will Axel Diehl unbedingt, Hoffnung machen. Wobei ihn "Stefan" am Piano insistierend begleitet.Ok, also. Wir hatten schon lange Westernhagen und Grönemeyer und Naidoo und so. Aber mensch, wie diese jungen deutschen Liedermacher jetzt übers Land fegen, Max Giesinger und Gregor Meyle und diverse andere den kleinen (jungen) Leuten Stimme verleihen - schon ziemlich erstaunlich. Und wie sich die Leute diese Sänger, diese weichharten Idole selbst holen, übers Internet, vorbei an den bisherigen Marktmechanismen, die aber selbstverständlich sofort wieder greifen. Erstaunlich. "Nur ein Lied" nach den Pariser Anschlägen 2015 ins Internet gestellt, katapultierte Axel Diehl nach oben.
Merkwürdig aber auch, dass die alle, kaum dreißig, schon so voller Wehmut sind: Axel Diehl singt: Weißt du noch, wie es früher war... Du bist mir fremd. Was ist mir noch geblieben? Singt melancholisch von gescheiterter Beziehung, vom toten Freund, von der Krebserkrankung der Schwester. Im gleichen Stil klang am Sonntag schon Diehls Vorband Batomae, auch zwei musikalisch tolle Jungs (die allerdings ihre Texte nochmal überarbeiten müssen).
Gegen die Hilflosigkeit
Die Welt läuft schneller, die Leben laufen schneller, mit 30 schon am Rande der Resignation? Nein, nein und nochmal nein. Da ist viel Wut. Oder erst Recht. "Es ist nur ein Lied, doch ich sing's nicht allein", tönt Axel Diehl gegen die Hilflosigkeit, das gewaltvolle Chaos um uns herum. Wir wollen, wir müssen daran glauben, dass alles besser wird. Und am Sonntag, in Coburg, fing es an... Behauptete zumindest Axel Diehl.Alex Diehl, geboren 1987 und aufgewachsen in der Nähe von Salzburg, lernte früh, verschiedene Instrumente zu spielen. Mit 12 Jahren gründete er seine erste Band. 2011 lernte der Künstler seinen heutigen Produzenten und sein aktuelles Management kennen. 2014 ging er nach Beendigung der Aufnahmen am Debüt-Album auf Promotionstour durch Deutschland. Es folgten Fernsehauftritte und Tourneen als Vorgruppe unter anderem mit Xavier Naidoo und Revolverheld. 2014 erschien das Album "Ein Leben lang". Mit seinem Song "Nur ein Lied", den er aufgrund der Terroranschläge am 13. November 2015 in Paris schrieb, mit einer Handykamera filmte und auf Facebook veröffentlichte, erreichte er in kurzer Zeit Millionen Menschen. Im Februar 2016 nahm Alex Diehl mit "Nur ein Lied" am Vorentscheid für den Eurovision Song Contest teil und belegte den zweiten Platz. 2016 wurde er mit dem Sonderpreis für junge Liedermacher der Hanns-Seidel-Stiftung ausgezeichnet und trat an drei Tagen bei "Songs an einem Sommerabend" auf der Wiese vor Kloster Banz auf. wp